Verkehrspolitik: Alles ist mit allem verwoben. Foto: 94496076

Die Verkehrsserie unserer Zeitung hat viele Bürger mobilisiert. Ihre Vorschläge zur Bewältigung der Verkehrsproblemen in Stuttgart und der Region verdienen es, geprüft zu werden.

Stuttgart - Stau? Parkplatzmangel? Überfüllte Stadtbahnen? Nichts davon. Im Gegenteil. Stuttgart im März 2016: Alles fließt, Plätze im Überfluss für Auto- und Stadtbahnfahrer. Paradiesische Zustände – verkehrstechnisch gesehen. Zugegeben, das gilt nur für den Cannstatter Wasen. Genauer für die Ecke, die die Stadt während des Feinstaubalarms bis Freitag für Pendler reserviert hatte. Am Donnerstagmorgen waren dort ganze sieben (!) Fahrzeuge anzutreffen. Ihre Insassen wurden in der U 11 mit Handschlag begrüßt. So viel Aufwand für so wenig Feinstaubreduktion. Was läuft verkehrt in Stuttgart?

Diese Frage stellt sich beim Thema Verkehr insgesamt. Sie stand auch am Ausgangspunkt unserer in dieser Woche zu Ende gegangenen, 15-teiligen Serie „Stuttgart im Verkehrsstress“. Den Serientitel sahen viele Leserinnen und Leser als treffende Zustandsbeschreibung an – nicht nur jene mit Stuttgarter Wohnsitz. Auch viele Menschen in der Region haben das Gefühl, im Verkehrsstress zu leben. Volle Straßen, überfüllte Bahnen, kaum noch irgendwo ein Durchkommen. Ein Zustand, der kein Dauerzustand sein darf, jedoch dabei ist, einer zu werden.

Wie könnte es besser laufen?

Das erklärt auch die große Resonanz auf unsere Serie. Dutzende Leser haben uns ihre Beobachtungen kenntnisreich und detailliert geschildert. So massiv die Klagen über Belastungen und Einschränkungen sind, so erfreulich ist die Herangehensweise vieler Betroffener. Sie thematisieren nicht nur, was verkehrt läuft, sondern beschäftigen sich mit der Frage, wie es besser laufen könnte. Die Vorschläge reichen vom Thema Ampelschaltungen über die Entwicklung einer App für Mitfahrgelegenheiten und der Forderung, „Busse, Taxis, Pizzalieferdienste und andere Lieferfahrzeuge nur als E-Fahrzeuge zu genehmigen“. Nicht alles ist praktikabel, wie der immer wiederkehrende Wunsch nach einem Nordostring zur Entlastung der City. Vieles ist jedoch bedenkenswert. Dazu gehört der Vorschlag, Gebühren für Park+Ride-Parkplätze zu senken oder am besten ganz abzuschaffen. Und manches ist schlicht überfällig, wie der Uralt-Plan, die B14 unter die Erde zu bringen, mindestens zwischen Charlottenplatz und Oper.

„Die Öffentlichen sind zu teuer“

Ein Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Leserzuschriften: die Kritik an den hohen Ticketpreisen für Busse und Bahnen. „Der öffentliche Nahverkehr ist einfach zu teuer“, schreibt ein Pendler aus Wendlingen und findet breite Unterstützung. „Es kann nicht sein, dass die S-Bahn zum Flughafen genauso viel kostet wie der ganze Flug nach Berlin“, notiert ein anderer plakativ. Ein Dritter rechnet vor: „Wenn ich in die Stadt fahre, kostet mich das von Musberg zum Hauptbahnhof stolze vier Euro. Das sind acht Euro hin und zurück. Bei zwei Personen (16 Euro) lohnt sich das gar nicht.“ Das ist leider sehr wahr – auch wenn die Kosten für eine Autofahrt gegengerechnet werden müssten. Wahr ist auch der Verweis auf Städte wie Barcelona, die – für den Preis höherer Zuschüsse – mit günstigen Tickets zum Bus- und Bahnfahren einladen. Die jüngste Feinstaubaktion des VVS, verbilligte Jahreskarten anzubieten, geht in diese Richtung und wurde mit 1600 verkauften Abos prompt belohnt.

Die Schlussfolgerungen aus dieser Diskussion liegen nahe: mehr Fantasie, mehr Ausprobieren, mehr öffentliche Mittel (auch des Landes) und – wie bei unserer Verkehrsserie der Fall – mehr Bereitschaft, auf die Menschen zu hören.

j.sellner@stn.zgs.de