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Die Bürger erwärmen sich nicht für E-Mobilität – aus gutem Grund

Als sich die Chefs der deutschen Automobilkonzerne und die Bundesregierung im April nach langem Feilschen auf eine bis zu 4000 Euro schwere Kaufprämie für E-Autos einigten, war der Jubel groß. Von einem neuen Aufbruch ins Elektro-Zeitalter war die Rede. Und davon, dass der Grundstein des emissionsfreien Fahrens nun gelegt sei.

Heute zeigt sich: Die Euphorie war verfrüht. Gerade einmal 1791 Anträge auf Neuzulassungen von E-Fahrzeugen sind im ersten Monat nach Freigabe der Gelder bei den Behörden eingetrudelt. Geht es in diesem Tempo weiter, ist der 1,2 Milliarden Euro schwere Fördertopf, aus dem die Zuschüsse für die Autokäufer finanziert werden, erst im Jahr 2040 leer. Ihr Ziel, bis 2020 eine Million E-Autos auf die Straßen zu bringen, hätte die Bundesregierung dann um schlappe 20 Jahre verfehlt.

Verwundern würde das nicht. Denn die zentralen Probleme, die eine Einführung von Elektro-Fahrzeugen auf breiter Front verhindern, sind weiter ungelöst. Bürokratische Regeln erschweren es Mietern beispielsweise, sich die nötigen Anschlüsse fürs E-Auto einzurichten. Vor allem aber gleicht das Netz an öffentlichen Stromtankstellen einem Flickenteppich, der lediglich in einigen Ballungsräumen eng geknüpft ist. Im Land der 42 Millionen Automobile, die irgendwann alle mit Strom surren sollen, gibt es gerade einmal gut 5900 Auto-Steckdosen. Auf dem flachen Land laufen mutige Besitzer von Elektrofahrzeugen fast überall Gefahr, mit leerem Akku auf irgendeinem Dorfplatz zu stranden.

Strom zu tanken, muss überall möglich sein

Speziell für die Landbevölkerung ist E-Mobilität auf dieser Grundlage keine Option. Aktuell haben mehrere kommunale E-Auto- oder Car-Sharing-Initiativen in Baden-Württemberg mangels Nachfrage das Handtuch geworfen. Ohne jene rund 25 Prozent der Deutschen, die lieber in Dörfern wohnen, als im urbanen Umfeld, wird sich elektrisches Fahren in Deutschland aber nicht durchsetzen können. Wer an der grundlegenden Infrastruktur für das Zukunftsprojekt E-Mobilität spart, wird Schiffbruch erleiden. Die 300 Millionen Euro, die der Bund als Teil des Deals mit den Automobilkonzernen im April für den Neubau von Ladesäulen zur Verfügung gestellt hat, reichen jedenfalls bei weitem nicht aus.

Eine andere Entwicklung macht indes Hoffnung. Die Kleinstaaterei bei den Tanksystemen könnte bald der Vergangenheit angehören. Wer bislang an einer Ladesäule volltanken will, braucht meist einen festen Vertrag mit dem regionalen Energieanbieter. Bald soll es nun möglich sein mit einer Tankkarte von Flensburg nach Konstanz zu fahren. Ohne umständliche Registrierung beim jeweiligen Stromversorger. Eine Maßnahme, die außer dem Willen der Beteiligten nichts kostet, aber Wirkung haben wird.

E-Mobilität macht nur mit ausreichend Ökostrom Sinn

Jenseits aller organisatorischen und den Alltag betreffenden Fragen, bleibt ein kapitaler Widerspruch beim Thema E-Mobilität bestehen. Bei der Zahl der E-Autos auf die Tube zu drücken, und im gleichen Zug bei der Produktion von Ökostrom mehrere Gänge herunterzuschalten, ist paradox. Genau das passiert aber gerade. Durch mehrere Gesetzesreformen hat sich die Ausbaudynamik von Windrädern, vor allem aber von Fotovoltaik-Anlagen, massiv abgeschwächt. Ohne einen radikalen Umstieg auf Ökoenergien aber wird die zusätzliche Energienachfrage von perspektivisch Millionen von E-Autos, dazu führen, dass der nötige Strom auch aus dreckigen Kohlekraftwerken kommt. Das wäre dann die schlechteste aller denkbaren Alternativen. Weiterhin Dieselautos zu fahren, wäre dann weitaus umweltschonender. - Stuttgart http://pvspeicher.htw-berlin.de/wp-content/uploads/2016/05/HTW-2016-Sektorkopplungsstudie.pdf -

walther.rosenberger@stzn.de