Bosch-Chef Denner bei einer Präsentation zum Renninger Forschungszentrum Foto: factum/Weise

Sicher, sparsam, sauber – das waren früher die 3 S von Bosch. Heute kommen Sensoren, Software und Services hinzu. Ein Traditionskonzern wird zum Treiber der Digitalisierung.

Stuttgart - In diesem Jahr wird Bosch 130 Jahre alt. In dieser Zeit hat der Konzern gerade mal sechsmal den Chef gewechselt. Das zeigt, wie sehr Beständigkeit – oder könnte man auch sagen: Unbeweglichkeit? – in seinen Genen liegt. Auf den ersten Blick hat das Unternehmen daher nicht die besten Voraussetzungen, um in einer Welt des rasanten technologischen Wandels zu bestehen. Doch tatsächlich beweist das Unternehmen gerade jetzt, dass es diesem Tempo nicht nur gewachsen ist, sondern es auch mitbestimmt.

Zündkerzen und Scheibenwischer – das verband der Normalverbraucher für lange Zeit mit dem Namen Bosch. Wer etwas tiefer in der Materie steckt, weiß, dass auch Einspritzanlagen, Heizungen, Backöfen und Verpackungsmaschinen zum Programm des Konzerns gehören. Nun ist klar, dass Bosch jetzt auch bei der Vernetzung der Welt eine global führende Rolle für sich beansprucht. Als erstes Unternehmen wird es auf allen drei Ebenen des sogenannten Internets der Dinge selbst präsent sein: bei den Sensoren, die aus einer Glühbirne einen Bewegungsmelder, aus einem Handy eine Wetterstation und aus dem Auto einen Gefahrenmelder machen können; bei der Software, die die Datenströme standardisiert und ganz unterschiedliche Geräte miteinander verbindet; und nun auch bei der Cloud, die dafür sorgt, dass die Daten im großen Stil miteinander vernetzt werden können – von der Parkplatz-Übersicht bis zur kleinteiligen, auf Millionen von Handydaten basierenden Wetterkarte.

Manch ein Management-Trend ist an dem Stuttgarter Konzern vorübergezogen. Zum Beispiel die vielgepriesene Fokussierung auf Kernkompetenzen, die viele Unternehmen so verstanden haben, dass sie sich auf einige wenige Geschäftsbereiche konzentriert haben. Bosch dagegen hat bis heute ganz unterschiedliche Sparten. Nun profitiert man von dieser vermeintlichen Behäbigkeit, indem man Geschäftsfelder hat, die gemeinsam auf hauseigene Schlüsseltechnologien zurückgreifen können, was die Anwendungsmöglichkeiten und damit auch die Ertragsbasis für die Entwicklungsaufwendungen vervielfacht.

Der Konzern vernetzt die Welt und sich selbst gleich mit

Mikrosensoren werden künftig in immer mehr Geräten gebraucht; und die hauseigene Software ist in der Lage, diese Geräte zu verbinden und ihnen ganz neue Möglichkeiten zu entlocken, wenn etwa Sensoren künftig entlang der S-Bahn in der Region Stuttgart auf Parkplätzen verlegt werden und dem Auto in Echtzeit melden, wie viele Parkplätze gerade frei sind. Der Konzern vernetzt nicht nur die Welt, sondern auch sich selbst.

Gewiss ist eine Strategie nie frei von Risiken. So bezahlte Bosch den Ausflug ins Solargeschäft einst mit Kosten in Milliardenhöhe. Auch das Internet der Dinge ist kein Selbstläufer; noch ist nicht klar, ob etwa der Backofen, der das Abendessen warm macht, wenn der Besitzer nach Hause fährt, die Menschen begeistert. Andererseits sind die Möglichkeiten der Vernetzung, etwa bei Sicherheitssystemen für die Wohnung, aber auch in der Industrie, so immens, dass die Chancen groß sind. Was allerdings auch für die Zahl der Wettbewerber gelten wird.

Vor kurzem nahm Bosch in Renningen sein Forschungszentrum in Betrieb. Die Halbleiterfabrik mit einer täglichen Produktion von vier Millionen Sensoren steht in Reutlingen, und die Daten-Sammelzentrale für die vernetzten Dinge steht nicht etwa bei Google oder Amazon, sondern in der Region Stuttgart – auch wegen des deutschen Datenschutzes, den Bosch als Wettbewerbsvorteil herausstreicht. Die Chancen, dass der Wandel von Bosch zur wirtschaftlichen Stabilität in der Region Stuttgart beiträgt, stehen somit gut.