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Selbstanzeigen können ein schlechtes Geschäft für den Staat sein, sagt Klaus Köster.  

Werden die Steuerflüchtlinge plötzlich ehrlich? Rund 2000 Steuerzahler und solche, die es werden wollen, haben sich bereits selbst angezeigt, um einer möglichen Entdeckung zuvorzukommen und einer Bestrafung zu entgehen. Schon die Möglichkeit, dass der Staat weiter Daten auf CDs kauft, macht aus Steuerflüchtlingen reihenweise reuige Sünder. Selbst wenn sie nicht reuig sind, zahlen sie ihre Steuern nach und Verzugszinsen dazu. Und darauf kommt es dem klammen Staat schließlich an, der seinen Steuersündern gewissermaßen einen Ablasshandel anbietet. Sie beichten ihm, er verzeiht ihnen und hält dafür die Hand auf. Schließlich, so die Argumentation, ist das Steuerrecht vor allem dazu da, Geld in die öffentlichen Kassen zu schaufeln. Er will ja nicht die Knäste füllen, sondern die öffentlichen Kassen.

Die massenhaften Selbstanzeigen nach dem Auftauchen von Daten-CDs scheinen das Konzept der Selbstanzeige zu bestätigen. Tatsächlich aber zeigt das Verhalten, dass die Bürger sich nicht deshalb anzeigen, weil sie etwas bereuen, sondern weil ihnen das Pflaster zu heiß geworden ist. Schon der Versuch des ehemaligen Finanzministers Hans Eichel, im Jahr 2004 durch eine befristete Amnestie reuige Steuerflüchtlinge zur Umkehr zu bewegen, endete im Desaster. Obwohl er einen Dumping-Tarif und neben dem Verzicht auf Strafe auch den auf Verzugszinsen anbot, machte kaum ein Steuersünder von der Amnestie Gebrauch. Das Entdeckungsrisiko war schlicht nicht hoch genug. Und das Gewissen riet ihnen allenfalls, auch weiter ihr Vermögen vor dem Zugriff des deutschen Fiskus zu bewahren.

Dass Straftäter sich selbst anzeigen und daraus einen Vorteil ziehen, ist dem Rechtssystem nicht fremd. Wer als Kronzeuge zur Aufklärung einer schweren Straftat beiträgt, kann mit einem deutlichen Strafrabatt rechnen. Das Gleiche gilt, wenn Täter die Folgen ihres Tuns wiedergutmachen. In beiden Fällen hat der Richter dieses Wohlverhalten bei der Strafzumessung gebührend zu berücksichtigen. Die Garantie, einer Strafe zu entgehen, ist aber ein Privileg für Steuerhinterzieher. Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch ein schlechtes Geschäft für den Staat. Denn er züchtet auf diese Weise die nächste Generation der Steuerhinterzieher heran. Schließlich hält er ihnen ja für unbefristete Zeit eine Hintertür offen, durch die sich verdrücken können, wenn eine Strafe droht. Das verstehen manche geradezu als Aufforderung, es mal mit dem Kapitalexport in Steueroasen auszuprobieren. Wird der Boden zu heiß, kann man sich immer noch selbst anzeigen.

Will der Staat seine Steuerbasis sichern, muss er die Vorschriften daher verschärfen. Es darf nicht sein, dass Steuersünder straffrei ausgehen, wenn sie sich nur deshalb anzeigen, weil sich ihr Risiko erhöht hat - weil etwa Daten-CDs im Umlauf sind. Das ist schon deshalb ein Unding, weil manche schon vor dem Staat wissen, dass sie im Grunde bereits entdeckt sind. Denn manche Banken warnen ihre Kunden, wenn sie den Verdacht haben, dass deren Taten auf einer CD stehen. Dieser Informationsvorsprung verschafft ihnen Straffreiheit - ein Unding.

Sehr viel besser wäre es, wenn der Staat die gegenwärtige Verunsicherung nutzen würde, um das Schlupfloch der Selbstanzeige mit Ansage zu schließen. Wer wirklich sein Gewissen erleichtern will, sollte dies jetzt tun können - dann wird die Hintertür verriegelt. Angesichts immer neuer CDs und des immer löchrigeren Bankgeheimnisses in einigen Steueroasen würde die Hinterziehung dann künftig zum unkalkulierbaren Risiko. Das ist nicht nur gut für die Staatskassen, sondern auch für die Bürger, die mit ihren Steuerzahlungen nicht mehr für jene aufkommen müssten, die meinen, sich ihr eigenes Steuerrecht basteln zu können.