Foto: dpa

Wenn eine Friedenstruppe im Krieg ist, braucht sie andere Ausrüstung, sagt Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Der Streit der politischen Ersatz-Feldherren über Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr in Afghanistan lenkt vom Thema ab. Die Frage ist doch nicht: Wie viel Kampf- und Transporthubschrauber, wie viel Aufklärungsdrohnen und Artillerieunterstützung brauchen die Soldaten? Die entscheidende Frage heißt: Wozu brauchen sie mehr und besseres Material, wozu ein intensiveres Training für Gefechtssituationen?

Und so zeigt diese Debatte einmal mehr, dass sich die deutsche Politik - gleich ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder nun Schwarz-Gelb dominiert - nicht dazu durchringen kann, die Wirklichkeit am Hindukusch beim Namen zu nennen: Krieg. Es herrscht Krieg in Afghanistan, und das nicht nur im umgangssprachlichen Sinn, wie Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg aus Angst vor der eigenen Courage glaubt, einschränkend anmerken zu müssen. Die von den Taliban getöteten deutschen Soldaten sind keine brunnenbohrenden Unfallopfer in einem zugegeben gefährlichen Spiel. Sie sind im blutigen Kampf Gefallene. Kriegsgefallene. Ganz konkret.

Dabei weiß die Truppe offenbar immer noch nicht, mit welchem Einsatz sie kämpfen soll - mit welchem klaren Auftrag, welchem notwendigen Gerät. "Wir wissen, dass Soldaten getötet werden können", sagt der SPD-Wehrexperte Rainer Arnold tapfer. Ja, muss man antworten - aber sie sagen es nicht. Die Politik beschönigt, solange es keine neuen Todesfälle gibt. Sie verlässt sich auf die Unterstützung der USA, die ihr Truppenkontingent in Kundus um bis zu 2000 Mann verstärken wollen und dann auch Kampfhubschrauber stationieren. Und die Bundeswehrführung versucht, mit den ihr zur Verfügung gestellten Mitteln über die Runden zu kommen. Jeder laute Ruf nach einer besseren, schlagkräftigeren Ausrüstung hieße, an dem bisherigen Auftrag zu zweifeln. Der Hinweis jedenfalls, es sei der Politik bisher nichts darüber bekannt, dass konkrete Forderungen der Truppe nach Ausrüstung nicht berücksichtigt worden seien, ist da wenig hilfreich.

Und noch eine zentrale Frage wird hartnäckig unter den Teppich gekehrt. Stellen wir sie so: Für wen kämpfen die westlichen Alliierten eigentlich? Das Wozu mag noch, so abstrakt es manchmal auch klingt, überzeugen - für die Sicherheit und Freiheit der Menschen in Afghanistan, für die Menschenrechte und gegen den islamistischen Terror.Nicht zuletzt dafür, dass sich das geschundene Land nach dem Abzug selbst helfen, selbst verwalten, selbst regieren kann. Aber die Zweifel, diese Ziel wirklich und dauerhaft erreichen zu können, wachsen.

Präsident Hamid Karsai ist kein Hoffnungsträger mehr. Sein Regime, seine Familie ist korrupt, seine politischen Fähigkeiten sind gering. Ein skrupelloser Wahlbetrüger und hilfloser Dulder krimineller Drogengeschäfte soll die Früchte ernten und bewahren, wenn ihm vielleicht schon 2011 die alleinige Verantwortung für das Land in die Hände gelegt wird. Sagen wir es offen: Für Männer wie vom Schlag Karsais ist jedes Todesopfer - gleich ob ausländischer Soldat oder einheimischer Zivilist - eines zu viel. Karsai ist drauf und dran, die Friedensmission zu verraten, zu verkaufen. Er umgarnt Warlords und Drogendealer in der Hoffnung, sich geschäftstüchtig nach dem Abzug der Isaf-Truppen im Amt halten zu können. Und er macht Stimmung gegen "die Ausländer", behindert deren militärische Aktionen und biedert sich den Taliban an. Das ist kein "legitimes Mitspracherecht", das ihm Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin als Blankoscheck hinterherwirft.

Was also bleibt, wenn der Einsatz der Bundeswehr beendet ist - planmäßig, aber erfolglos? Wenn nicht mehr über die Ausrüstung der Truppe gestritten wird, sondern endlich über den Sinn des Einsatzes?