Oliver Mintzlaff (li.) an der Seite des Red-Bull-Gründers und Fußball-Mäzens Dietrich Mateschitz. Foto: dpa

Leipzigs Fußballchef Oliver Mintzlaff erklärt die jüngsten Turbulenzen in seinem Club spricht über die spezielle Beziehung nach Stuttgart. Wie er die Zukunft des VfB beurteilt, lesen Sie hier:

Stuttgart – An diesem Mittwoch (20.30 Uhr) tritt der VfB bei RB Leipzig an. Nach einem holprigen Saisonstart geht es für beide Clubs um viel. „Wir haben den Anspruch, das Spiel zu gewinnen“, sagt RB-Fußballchef Oliver Mintzlaff. -

Herr Mintzlaff, Sie haben einen sehr kurzen Draht zu Mario Gomez, den Sie einst in Marketing- und Medienfragen betreut haben. Konnten Sie ihn davon überzeugen, an diesem Mittwoch das Toreschießen einzustellen?

Ich habe die Zusammenarbeit mit Mario immer sehr geschätzt, denn er ist ein ganz feiner Kerl. Wir sind befreundet und telefonieren häufig, so wie vergangene Woche, als wir ein längeres Gespräch hatten. Allerdings ist Mario ein Sportsmann durch und durch – und will natürlich auch gegen uns Tore schießen.

Der VfB steht mit dem Rücken zur Wand. Was für ein Spiel erwarten Sie?

Es wird eine umkämpfte Partie, in die wir alles reinlegen. Unser ehemaliger Trainer Ralph Hasenhüttl hat einmal gesagt: ‚Wo es einen Punkt gibt, da gibt es auch drei.‘ In der Bundesliga geht es unter den Clubs mit Ausnahme der Bayern sehr eng zu. Wir sehen uns daher gegen den VfB nicht als Favorit. Aber wir spielen zu Hause – und haben daher den Anspruch, zu gewinnen und die drei Punkte in Leipzig zu behalten.

Der VfB will mittels eines Fünfjahresplans des Präsidenten Wolfgang Dietrich kontinuierlich nach oben. Sehen Sie ihn bereits als direkten Konkurrenten?

Da muss man ja nur auf die vergangene Saison schauen, da war der VfB Siebter und wir Sechster – und es war alles extrem knapp. In Stuttgart wird hervorragende Arbeit geleistet. Das wirkt sich nicht nur kurzfristig aus, wie man das in der letzten Saison gesehen hat. Das wird sich auch zukünftig auszahlen. Dementsprechend sehen wir den VfB als ernst zu nehmenden Konkurrenten.

Mit zwei Punkten aus vier Spielen sind die Stuttgarter allerdings in den Startblöcken hängen geblieben.

Mir gefällt, dass die Clubführung um Wolfgang Dietrich und Michael Reschke die Ruhe bewahrt – denn das ist in dieser Situation das Richtige. Sicher hatte der VfB keinen guten Start – doch es wird weiter unaufgeregt gearbeitet. Mit dem Sportvorstand Michael Reschke besitzt der Verein einen Top-Mann, der den Stuttgarter Kader sehr gut aufgestellt hat. Ich traue dem VfB durchaus zu, zeitnah wieder international zu spielen. Man muss kein großer Fußballexperte sein, um zu wissen, dass die Tabelle nach dem vierten Spieltag noch nicht wirklich aussagekräftig ist.

Woran hakt es aktuell beim VfB?

In den ersten vier Spielen hatte man beispielsweise mit der Partie in Mainz oder auch dem ersten Heimspiel gegen den FC Bayern ja nicht gerade ganz leichte Aufgaben. Da konnte man nicht von vornherein sagen: ‚Da holen wir zehn Punkte‘. Gerade in Deutschland neigen wir dazu, zu schnell die Tabelle zu fixieren und von Krisen oder Ähnlichem zu sprechen. Mir ist das zu kurz gedacht. Ich glaube, dass der VfB eine gute Mannschaft beisammen hat, die mit dem Abstieg nichts zu tun haben wird und die sich tabellarisch so entwickeln kann, wie sie es in der Vorsaison getan hat.

Auch in Leipzig lief bisher nicht alles rund. Zuletzt ist RB in die Schlagzeilen geraten, weil der Trainer Ralf Rangnick die Einstellung der Spieler Jean-Kevin Augustin und Nordi Mukiele anlässlich des Salzburg-Spiels scharf kritisiert hat.

Es gibt bei uns klare Regeln und Werte - und wer sich nicht daran hält, mit dem setzen wir uns auseinander. Das ist im Fall von Augustin und Mukiele passiert. Natürlich hat uns das beschäftigt. Es ist aber nichts passiert, was irreparabel wäre. Die Sache ist jetzt endgültig abgehakt und wir schauen nach vorne. Beide sind hochtalentierte Spieler, tolle Verpflichtungen, die ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft sind. Nehmen wir etwa Augustin: Er hat bereits fünf Tore für uns geschossen.

Wie bewerten Sie Ihren bisherigen Saisonverlauf?

Er hat uns gezeigt, dass wir noch nicht da sind, wo wir gerne hin wollen. Andererseits haben wir uns über die teils schwierigen Qualifikationsrunden für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert – und im Pokal sind wir eine Runde weiter. Sportlich waren die Spiele zwar nicht immer vollkommen zufriedenstellend, aber am Ende des Tages zählen die Resultate. Auch in der Bundesliga lief es bislang eher holprig. Da hatten wir uns etwas mehr erhofft, bleiben aber optimistisch. Die zweite Halbzeit am Wochenende in Frankfurt (1:1) war gut. Auch, weil die Mannschaft Moral gezeigt hat. Das stimmt uns für das Spiel gegen den VfB zuversichtlich.

Ist die Lösung mit Ralf Rangnick als Trainer und Manager in Personalunion eigentlich eine gute?

Ralf Rangnick macht einen ganz hervorragenden Job und ist die sinnvollste Lösung. Unbestritten ist, dass auf einen Sportdirektor und einen Trainer unabhängig voneinander sehr viele Dinge einprasseln. Wir haben die Entscheidung dennoch gemeinsam so getroffen, auch weil wir von der nächsten Saison an mit Julian Nagelsmann und Rangnick unsere absolute Wunschlösung haben. Und darauf warten wir gerne noch eine Saison. Klar ist aber auch, dass das für uns kein Übergangsjahr ist. Wir sind alle erfolgshungrig.

Rangnick kommt aus Backnang. Aber auch ansonsten scheint bei Ihnen vieles ‚Made in Stuttgart‘.

In Stuttgart wurde auch früher sehr gute Arbeit gemacht. Nehmen Sie den ehemaligen VfB- und heutigen RB-Jugendleiter Frieder Schrof, durch dessen Hände sehr viele Nationalspieler gegangen sind. Das ist beeindruckend. Ralf Rangnick nenne ich gerne unseren sportlichen Motor, denn er hat hier in vielen Bereichen die Eckpfeiler gesetzt. Auch Jochen Schneider, der seit einigen Jahren bei uns ist, hat beim VfB viele Erfahrungen gesammelt und bringt seine Expertise jetzt hier ein. Viele ehemalige Stuttgarter machen in Leipzig einen tollen Job. Also kann man schon sagen, dass ein Stück VfB in uns steckt.

Ein Besuch im Stadion macht deutlich, dass die Leipziger Ihren Club längst angenommen haben. Zum Traditionsverein fehlt allerdings noch ein ganzes Stück. Wie steht es um das Image von RB?

Dass wir keine Geschichte haben wie der VfB, der FC Bayern, Gladbach oder Dortmund, das ist uns bewusst. Aber das ist ja kein Verbrechen. Es muss auch im Fußball erlaubt sein, mit neuen Dingen zu starten. Bei uns war das 2009 der Fall – und ich glaube, dass wir eine in jeder Hinsicht absolute Bereicherung sind. Schon allein deshalb, weil der Osten auf der Landkarte des deutschen Spitzenfußballs über viele Jahre ein weißer Fleck war. Wir haben eine Euphorie ausgelöst – aber auch andere Ostclubs haben zuletzt positive Entwicklungen durchlaufen. Das freut mich sehr.