Sobald die Kunden auf den Parkplatz fahren, stimmen sie den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu. Wer keine Parkscheibe ins Fenster legt, muss zahlen. Foto: Eileen Breuer

Einmal nicht aufgepasst – und schon droht eine Vertragsstrafe von 30 Euro. So ergeht es allen Supermarkt-Besuchern, die ein wichtiges Detail am Parkplatzrand übersehen. Neuerdings auch in Leinfelden.

Leinfelden-Echterdingen - Ein Kunde bruddelt:„Das ist doch verrückt“. Er steht auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums an der Adlerstraße in Leinfelden. „Man sollte den Quatsch einfach lassen“, beschwert er sich über die dort seit Kurzem geltende Parkscheibenpflicht. Eigentlich will der Mann nur seine Einkäufe erledigen. Nun muss er sich sorgen, das neue Hinweisschild übersehen zu haben und dafür womöglich eine Strafe von 30 Euro zahlen zu müssen.

Ein blaues Schild weist darauf hin, dass das Parken auf dem zentrumseigenen Gelände nur für drei Stunden gestattet ist. Deswegen sollen die Kunden eine Parkscheibe ins Auto legen. Wer sein Auto dort länger als drei Stunden abstellt, muss mit einem Strafzettel rechnen. Das eigentliche Problem ist ein anderes: Nicht nur Dauerparker werden bestraft. Auch wer die Parkscheibe vergisst, muss eine sogenannte Vertragsstrafe in Höhe von 30 Euro bezahlen. Die ausführende Firma in Leinfelden ist Park Security.

Und schon hatte sie den Strafzettel am Scheibenwischer

Bei Claudia Richter-Claß liegt ein solcher Strafzettel. Die Frau aus Leinfelden war am 3. Mai am Einkaufszentrum, erzählt sie. Sie macht dort auch Physiotherapie. Kurz vor dem Termin hat sie rasch ihre Pfandflaschen im Supermarkt abgegeben, dann ist sie noch einmal zum Auto. Hinter dem Scheibenwischer fand sie die Rechnung. „30 Euro? Ist das normal?“, fragte sie sich damals, und das fragt sie sich noch heute. Der Zettelverteiler sei noch vor Ort gewesen, sie und eine Handvoll weiterer Kunden redeten auf den Mann ein, berichtet Claudia Richter-Claß. Sogar der Marktleiter des Supermarkts sei letztlich zu Rate gezogen worden. Der Kontrolleur habe allerdings nur bei einer Frau Gnade walten lassen, er hatte deren Parkscheibe offensichtlich übersehen.

Es könnte schon jetzt um einiges teurer werden

Claudia Richter-Claß hat die auf dem Strafzettel genannte Sieben-Tages-Frist verstreichen lassen. „Am liebsten würde ich nicht bezahlen“, sagt sie. „Aber komme ich damit durch?“ Es könnte schon jetzt noch teurer für sie werden. Wer nach sieben Tagen nicht bezahle, dem drohe eine Forderung von insgesamt 49,90 Euro, sagt sie. Das Geschäftsgebaren des Parkraumüberwachers findet sie fragwürdig. „Das ist ja die Lizenz zum Gelddrucken.“

Parkraumfirmen wie Park Security geraten immer wieder in die Schlagzeilen. Im vergangenen Jahr war der Parkplatz vor dem Ladenzentrum an der Ulmer Straße ein Dauerbrenner. Sogar das Fernsehen hat die Kritik an Park & Control, dem dortigen Bewirtschafter, aufgegriffen. Die Firmen bewegen sich offenbar in einer Grauzone, so jedenfalls drückte sich ein Verbraucherschützer auf Nachfrage unserer Zeitung vergangenes Jahr aus. Damit es mit rechten Dingen zugeht, muss für den Parkenden klar ersichtlich sein, worauf er sich einlässt. Park & Control hatte die Schilder an der Ulmer Straße – und wohl an weiteren Standorten – daraufhin umgestaltet.

Die Geschäfte dürften die Leidtragenden sein

Auf den Schildern am Ladenzentrum in Leinfelden steht indes groß geschrieben, dass man hier nur drei Stunden parken darf. Der Text bezüglich der Vertragsstrafe ist eher klein gehalten, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen mickrig. Ein Rundgang auf dem Parkplatz zeigt: Auf den wenigsten Armaturen liegen Parkscheiben. Die Leute steigen zügig aus und eilen zum Supermarkt, zum Bäcker, in den Blumenladen oder in einen der Modeläden.

Eben jene Geschäfte dürften zu den Leidtragenden der neuen Parkregel gehören. Offiziell sagt keiner etwas, wohl aber hinter vorgehaltener Hand. Es hagele eine Beschwerde nach der anderen, heißt es. Am ärgste treffe es den Supermarkt. Die Mitarbeiter müssten häufig Streit schlichten. Früher hätten sich die Leute oft beschwert, sie fänden wegen all der Dauerparker keinen Platz mehr, „nun beschweren sie sich, dass sie einen Strafzettel bekommen“. Das Centermanagement will zu Kundenbeschwerden nichts sagen. Stattdessen verweist der Zuständige auf die Pressestelle.

Der Kunde hat einen Gegenvorschlag

Die Argumentation, auf dem Parkplatz vom Einkaufszentrum würde es aufgrund von Dauerparkern an Stellplätzen fehlen, erschließt sich nicht jedem. Ein Kunde sagt: „Die paar Hansel, die hier ihr Auto abstellen, machen nicht so viel aus.“ Sein Vorschlag: Nicht alle in die Pflicht nehmen, stattdessen solle die Parkfirma morgens und abends kontrollieren und dann vergleichen, welche Autos die Parkplätze tatsächlich über eine lange Zeit belegen.

Park Security verweigerte auf Anfrage unserer Zeitung jegliche Stellungnahme.