Nicht alle Wespenarten sind von sich aus angriffslustig, sagt Camillus Baumgartner aus Echterdingen. Foto: dpa

Camillus Baumgartner ist ein wahrer Insektenfreund. Der 77-Jährige hat selbst vor Hornissen keine Angst. Sein Garten an der Echterdinger Bergstraße bietet stachelbewehrten Tieren Schutz und Nahrung.

Leinfelden-Echterdingen - Camillus Baumgartners Herz schlägt für Tiere aller Art. Der Konstrukteur mag auch Hunde und Katze, „wenn sie gut erzogen sind“, sagt er. Der 77-Jährige nennt je einen Brutkasten für Turmfalken und für Schleiereulen sein Eigen. Beides hat der handwerklich Begabte selbst gebaut. So können die Vögel mitsamt ihrem Nachwuchs unter dem Dach seines Hauses Unterschlupf finden, „wenn sie denn wollen“. Wenn es sein muss, besorgt er tote Mäuse aus der Tierhandlung, damit sie ausreichend Nahrung finden.

Besonders haben es dem Mann, der im örtlichen Naturschutzbund der Hornissenexperte ist, Insekten angetan. In seinem Garten an der Echterdinger Bergstraße brummt und summt es. Camillus Baumgartner lässt dort eine Wiese aus bienenfreundlichen Wildblumen wachsen, wie man sie sonst nur noch in Bayern oder im Allgäu findet. Zweiteres ist im Übrigen auch die Heimat von Baumgartner. Dort hat er 19 Jahre lang gelebt. Dort musste er bereits als Schulkind nachmittags bei Fremden arbeiten. Und dort hat er sein erstes Bienenvolk eingefangen – mit einem Sack, den man oben zuschnüren konnte und der eigentlich dafür gedacht war, Lindenblüten zu sammeln.

Gemäht wird nur zweimal im Jahr

Das Gras steht also hoch in Camillus Baumgartners Garten. Vieles, was der gemeine Schrebergärtner Unkraut nennt, wird dort bewusst angepflanzt und stehen gelassen. Ein Trampelpfad führt durch das Insektenparadies. Den Rasenmäher holt der Naturliebhaber nur zweimal im Jahr aus dem Schuppen und zwar erst dann, wenn sich alle Samen aus den Kapseln gelöst haben. Damit dort auch im nächsten Jahr Bienen, Hummeln, Hornissen und auch Wespen ausreichend Nahrung finden. Ein Wunder ist es also nicht, dass just an Camillus Baumgartners Gartenhütte ein Volk der sogenannten mittleren Wespe ein Nest gebaut hat. „Sie brauchen geordnetes Chaos“, sagt er und lacht.

Der Bau hängt gut sichtbar an dem Schuppen. Ins Innere der Hütte kann der 77-Jährige derzeit zwar nicht, denn das würde den tierischen Unterschlupf zerstören. „Bis zum Winter aber ist das Volk fertig“, sagt er. Dann sterben die meisten der Tiere von selbst ab. Und dann komme er auch wieder an sein Feuerholz. Angst braucht man vor diesen schwarz-gelben Wesen nicht zu haben, sagt Baumgartner. Zumindest dann nicht, wenn man sie in Ruhe lässt, nicht in Panik verfällt und sich morgens im Bad nicht mit einer Parfümwolke eingehüllt hat.

Die mittlere Wespe, so klärt er auf, ist an sich nicht aggressiv oder angriffslustig. Sie kommt auch nicht an den Kaffeetisch und will ein Stück vom Obstkuchen abhaben. Dieses Verhalten legen andere Wespenarten an den Tag – beispielsweise die deutsche Wespe oder gemeine Wespe.

Mit der mittleren Wespe kann man getrost leben

Mit einem Nest der mittleren Wespe im Garten kann man also getrost leben. „Diese Tiere muss man nicht gleich umbringen“, sagt er. Und ergänzt: „Lediglich streicheln sollte man sie nicht.“ Davon hat er auch seine Mieterin in Dürrlewang überzeugen können. Sie hatte ihn angerufen, weil sie ein stattliches Nest dieser Wespenart an ihrem Schlafzimmerfenster gefunden hat. Auch sie will sich nun zumindest eine Zeit lang mit „diesen Mitbewohnern unserer Erde“ arrangieren.

Camillus Baumgartner tut alles dafür, dass sich Insekten bei ihm wohl fühlen. Aus Tonröhren, Dachplatten oder Holzbalken hat er in seiner Werkstatt eine Vielzahl an Insektenhotels gebastelt. Vielfach stehen, hängen oder liegen die Überwinterungs- und Nisthilfen nun in seinem Garten. Bei großer Hitze füllt der Mann eine große Schale mit Wasser auf – damit die Insekten auch zu Trinken haben. Für die sogenannte schwarze Holzbiene hat er Holzstämme aufgestellt. Selbst auf dem Balkon hat seine Frau nur bienenfreundliche Pflanzen in die Kästen gepflanzt.

Keine Angst vor stachelbewehrten Tieren

Angst vor stachelbewehrten Tieren hat der 77-Jährige noch nie gehabt, auch wenn er bereits einige Stiche kassiert hat. Denn der Mann ist nicht nur Insektenliebhaber, er siedelt auch Hornissen um. Immer dann, wenn im Landkreis ein Nest der geschützten Tiere entdeckt wird, sich die Menschen hilfesuchend an die untere Naturschutzbehörde und damit an den Landkreis wenden, kann es sein, dass Camillus Baumgartner angerufen wird. Dann packt der Mann Imkeranzug, Staubsauger, Saugschlauch und den natürlich ebenfalls selbst gebauten Abfangkasten ein. Nicht selten holt er sich die Hornissen – die andere nicht wollen – in den eigenen Garten. Denn Baumgartner hat überhaupt kein Problem mit Brummern aller Art.