Noch immer beten die örtlichen Muslime in Echterdingen, denn der Konflikt um den Weiterbau der Moschee in Oberaichen besteht weiter. Foto: Archiv Malte Klein

Mitte Januar werden sich die örtlichen Muslime und die Stadt Leinfelden-Echterdingen vor Gericht begegnen. Hat es wirklich so weit kommen müssen?

Leinfelden-Echterdingen - Eine Kommunikationsstörung hat laut Pfarrer Hans Stehle dazu geführt, dass sich der Verein für Kultur, Bildung und Integration (VKBI) und die Stadt in Sachen Weiterbau der Moschee auf den Fildern vor Gericht treffen werden. „Man muss sich verständigen“, sagt der katholische Seelsorger. „Das hat in unserer Stadt aber nicht funktioniert.“

Ähnliches sagt auch Islamberater Hussein Hamdan. „Ich glaube, dass die Kommunikation von Anfang an nicht richtig geklappt hat.“ Dass der VKBI in Oberaichen auch ein Schülerwohnheim plant, sei der Stadt zu Beginn nicht klar gewesen. Dadurch sei eine ungute Stimmung entstanden, die durch bestimmte Veröffentlichungen noch befeuert wurde. Der Islam- und Religionswissenschaftler arbeitet an der Akademie der Diözese Rottenburg- Stuttgart. Er leitet das Projekt „Muslime als Partner in Baden-Württemberg“, berät in Fragen des Islams und des Moscheebaus. „Wir bieten allerdings keine Konfliktberatung an“, stellt er klar.

Es geht um Moschee und Schülerwohnheim

Zur Erinnerung: Die örtlichen Muslime und die Stadt L.-E. streiten um den Weiterbau eines Projektes im Oberaichener Gewerbegebiet. Neben einer Moschee, die fast fertig ist, soll dort ein Schülerwohnheim entstehen, was sehr umstritten ist. Jüngst lag dazu ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch. Der Gemeinderat hat dann aber mit denkbar knapper Mehrheit dem VKBI nur zugestanden, das Gebetshaus fertig zu bauen. Am 14. Januar geht die Sache vor Gericht weiter.

Laut Pfarrer Stehle hätte möglicherweise eine Mediation oder auch eine Beratung helfen können, wie es die Akademie in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Öffentliche Verwaltung Kehl und der Robert-Bosch-Stiftung seit fünf Jahren anbietet. Auch die örtlichen Kirchengemeinden hätten vermitteln können. Das sei aber nicht erwünscht gewesen.

Pflicht zur Transparenz

Hussein Hamdan sagt nun: „In der aktuellen Situation sehe ich mich nicht mehr in der Lage, Ratschläge zu geben.“ Für gewöhnlich rät er muslimischen Gemeinden, die eine Moschee bauen wollen, zunächst ein Konzept zu erarbeiten. Den Inhalt des Papieres sollten sie dann möglichst transparent der Kommune mitteilen. Denn: „Manche Bürger haben Sorgen und Ängste.“ Der Wissenschaftler hält es auch für sinnvoll, den Dialog mit Kirchengemeinden vor Ort zu suchen. Islamische Gemeinden bräuchten zudem mehr hauptamtliches Personal, das solche Prozesse professionell begleiten könne.

Stehle und Hamdan haben sich am Dienstag bei der Jahrestagung Islamberatung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Hohenheim getroffen, die der Religionswissenschaftler gemeinsam mit Projektpartnern organisiert hat. „Moscheen und Moscheenbaukonflikte in Baden-Württemberg“, lautete der Titel. Dabei wurde über die Bedeutung von Moscheen für Muslime in Deutschland sowie die rechtlichen Grundlagen für den Moscheebau in Kommunen informiert. Im Plenum saßen laut Stehle Muslime, etwa von Ditib und Millî Görüş, Integrationsbeauftragte diverser Städte, aber auch Bürger, die an dem Thema interessiert waren.

Gesellschaftliche Barrieren

Die Organisatoren sind der Meinung, dass die rund 600 000 Muslime, die in Baden-Württemberg leben, Anspruch auf politische und gesellschaftliche Teilhabe haben. „Dennoch stoßen sie noch immer auf gesellschaftliche Barrieren.“ Es bestünden Vorbehalte, die insbesondere beim Bau von Moscheen deutlich würden und den Aushandlungsprozess erschwerten.

Auch der Konflikt um das Projekt in Oberaichen war Thema. Muhammet Güçlü ist für den VKBI auf dem Podium einer Diskussionsrunde gesessen, Pfarrer Stehle vertrat die Kirchenseite. Hussein Hamdan hat auch die Stadt L.-E. eingeladen. „Hätten sich Stadt und VKBI einigen können, wäre ich selbst gekommen“, sagt Oberbürgermeister Roland Klenk dazu. „Nun aber stehen wir uns in einem Rechtsstreit gegenüber.“ Deshalb habe er die Zusage der Stadt zurückgezogen.

Hussein Hamdan hat auch seine Einschätzung zum Kölner Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) abgegeben, zudem der VKBI gehört. Er sagt: „Der VIKZ ist der älteste Verband der Muslime in Deutschland.“ Er sei konservativ, aber nicht radikal. Er werde vielmehr als seriöser Ansprechpartner wahrgenommen. Das Land bereite mit diesem Verband den islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen vor. Kritisch sieht er die Geschlechtertrennung: Frauen seien in führenden Positionen des Verbandes nicht zu finden. In Sachen Schülerwohnheime sei er bei einer Studie zum Thema junge Muslime im Land zu dem Schluss gekommen, dass Jugendliche dort zwar gute Nachhilfe bekämen, aber kaum Freundschaften nach außen eingingen.