Pfarrer Martin Weinzierl (am Rednerpult) ermutigte die Anwesenden, die neuen Wege mitzugehen. Foto: Thomas Krämer

Mit dem Gemeindeforum hat die Visitation der Kirchengemeinden von Unteraichen, Oberaichen und Musberg im Landkreis Esslingen begonnen. Sie ebnet den Weg zu Kooperation oder Fusion.

Unteraichen - Martin Weinzierl begann mit einem Bibelzitat: „Ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge, die macht beide der Herr.“ Für den Pfarrer der Kirchengemeinde von Unteraichen war dieses nicht nur die Losung des Tages zum Beginn der Gemeindevisitation am vergangenen Freitag. „Es soll gleichzeitig Ermutigung sein, neue Wege zu gehen.“

Denn neue Wege stehen den Christen in Unteraichen bevor. Und nicht nur dort. „Dies ist die erste gemeinsame Visitation von drei Kirchengemeinden“, so Dekan Rainer Kiess bei der Begrüßung der Gläubigen aus den Kirchengemeinden von Musberg und Oberaichen im Gemeindezentrum Unteraichen.

Die Visitation soll nicht nur Pflichtveranstaltung sein

Vor dem Gemeinde-Trio liegen nun Wochen und Monate, in denen sich Dekan und Schuldekan wie von der Landeskirche gefordert einen Einblick in das Gemeindeleben verschaffen werden. „Brüderlicher Besuchsdienst und kirchenamtliche Aufsicht“, nannte das Kiess und betonte zugleich, dass dies keine Einbahnstraße sei. „Der Abschluss der Visitation wird in einem Gottesdienst zwei Wochen nach Ostern erfolgen“, so der Dekan. Sein Wunsch sei es, dass die Visitation alle einen Schritt voranbringe und nicht nur Pflichtveranstaltung sei.

Dass die drei Kirchengemeinden dieses Prozedere nun gemeinsam durchlaufen, ist kein Zufall. Sie arbeiten schon jetzt in einigen Bereichen zusammen, so bei der Jugendarbeit und beim Posaunenchor. Und in den kommenden Jahren wird sich die Zusammenarbeit nach Lage der Dinge noch weiter intensivieren, wohl auch intensivieren müssen. „Im Kirchenbezirk werden nach Plänen der Landskirche 2,5 Stellen wegfallen“, so Kiess. Und das bedeutet, dass zwischen 2019 und 2024 eine der beiden Pfarrstellen in Unteraichen oder Oberaichen um 50 Prozent gekürzt werden soll. „Ob die engere Kooperation auch einen förmlichen Zusammenschluss bringt, ist noch nicht entschieden“, so Weinzierl.

Teil der Visitation ist auch der Blick von außen auf die Kirchengemeinde – in diesem Fall durch den Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen, Roland Klenk, sowie den katholischen Pfarrer der Kommune, Hans Stehle. Und beide machten den drei Kirchengemeinden Mut für ihren gemeinsamen Weg.

Fusion ist erst einmal eine rationale Entscheidung

Was weniger Pfarrer für die Gemeinden bedeuten, konnte Stehle aus eigener Erfahrung berichten. Denn Priestermangel habe dazu geführt, dass katholische Gemeinden zusammenwachsen und Seelsorgeeinheiten bilden mussten. „Wichtig ist, dass kein Neid aufkommt, wenn der Priester woanders ist“, so Stehle, der dies gleichzeitig auch als Chance sieht, die man beherzt angehen sollte.

Klenk bezog sich auf weltliche Zusammenschlüsse. „Man muss vermeiden, dass sich die Menschen verloren und benachteiligt fühlen, dass sie das Gefühl bekommen, nicht mehr gehört zu werden“, gab der Rathauschef einen Tipp aus seiner Praxis. Eine Fusion sei erst einmal eine rationale Entscheidung. „Doch es gibt auch die emotionale Seite, weshalb Veränderungen achtbar und behutsam vorangetrieben werden müssten. Wichtig seien Transparenz und Kommunikation. „Es sollten auch keine Gefühle verletzt und Nachteile verschwiegen werden“, ergänzte Klenk, „gleichzeitig sollten die Vorteile herausgestellt werden“. Allerdings ließ er durchblicken, dass vor den Kirchengemeinden eine große Aufgabe liegt. „Wenn ich mich um die Fusion mit Filderstadt kümmern müsste, wüsste ich auch nicht, wie das anzufangen wäre.“