Ob im Freien oder in geschlossenen Räumen: ein tieffrequenter Brummton raubt manchen Menschen Schlaf und Nerven. Selbst das Zuhalten der Ohren schafft keine Abhilfe. Foto: Ursula Vollmer

Betroffene aus Leinfelden-Echterdingen und Umgebung schließen sich zu einer Initiative zusammen und hoffen auf die baldige Untersuchung dreier Häuser.

Leinfelden-Echterdingen - Die Ursache ist rätselhaft, die Auswirkung fatal: Etwa 50 Menschen aus Leinfelden, aber auch aus der Region zwischen Sindelfingen und den Stuttgarter Fildervororten leiden seit Jahren unter einem tiefen Dauerton. Alle Bemühungen um eine Klärung des Phänomens sind bisher ohne Erfolg geblieben. Nun wollen die Betroffenen noch einmal verstärkt und mit offizieller Unterstützung Ursachenforschung betreiben und sich vor allem „nicht länger auseinanderdividieren lassen“.

Das ist das Ergebnis eines ersten Treffens, das etwa 30 Männer und Frauen am Mittwochabend zum Erfahrungsaustausch im Treff Impuls genutzt haben. In der Runde hatten auch einige Ehepartner Platz genommen, die selbst zwar nicht zu den unmittelbar Geschädigten gehören, aber dennoch leiden. „Meine Frau hat schon viel mit mir mitgemacht“, gestand ein Mann, den das Dauerbrummen seit 2013 plagt. Er habe die Heizung umbauen und Messungen durchführen lassen, ärztliche Hilfe bei verschiedenen Spezialisten gesucht und am Ende fast den Lebensmut verloren. Die Energie gehe verloren, der Schlaf leide, „man wird als Spinner abgestempelt“, sagte er.

„Man wird für verrückt erklärt“

Andere Erfahrungsberichte klangen ähnlich: Als einziger in der Familie den tieffrequenten Ton wahrzunehmen, sorge für Isolation und das Gefühl, mit der eigenen Wahrnehmung stimme etwas nicht. „Man wird für verrückt erklärt“, sagte kurz und bündig eine Frau, die bereits seit 2002 ruhelos nach einer Erklärung sucht und nun zugibt: „Ich weiß nicht mehr weiter“. Weder das Dröhnen eines Flugzeugs noch das Rumpeln eines Lastwagens seien vergleichbar mit dem tiefen Dauerbrummen, das manche der Betroffenen auch als körperliche Vibration wahrnehmen.

Dass die Schwingung vorhanden ist, scheint unstrittig zu sein. Dennoch war bei einem Teilnehmer aus Möhringen die Erleichterung groß, als Detlef Krahé, Professor an der Universität Wuppertal, den Ton mit seiner Messtechnik tatsächlich hör- und sichtbar darstellen konnte. Frequenzen im tiefen Bereich seien eine extrem schwierige Materie, wird der Experte für Elektroakustik zitiert. Darüber hinaus erschwere die individuell unterschiedlich ausgeprägte Toleranzgrenze die Sache.

Kein Geld vom Landkreis

Dass es den niederfrequenten Infraschall gibt, wird auch im Landratsamt nicht bestritten. Dennoch weigere sich die Behörde, so die Schilderung im Treff Impuls, dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Das Argument: Für die meisten Menschen werde die Hörschwelle nicht unterschritten, weshalb die Bewilligung einer detaillierten Untersuchung der Verschwendung von Steuergeldern gleich käme. Tatsächlich nehmen wissenschaftlicher Erkenntnis zufolge zwischen fünf und zehn Prozent der Menschen den Schall noch unterhalb der allgemeinen Hörschwelle wahr.

Von Seiten der Stadt Stuttgart gibt es offenbar ebenfalls keine Unterstützung. Leinfelden-Echterdingen hingegen hat nach einem entsprechenden Haushaltsantrag von Sabine Onayli (L.-E. Bürger) 5000 Euro bewilligt. Ob und wie weit das Geld reichen wird, muss sich in den nächsten Tagen zeigen: Noch im Juli sollen drei Häuser in Leinfelden gründlich unter die Lupe genommen werden. Als mögliche Urheber gelten Gasleitungen, Gasverdichtungsanlagen, Wärmepumpen oder Kühlaggregate, erläuterte am Mittwoch Jörn Gutbier vom Verein Diagnose Funk.

Auf jeden Fall wollen sich die Betroffenen nicht länger in die Resignation zurückziehen oder als „Einzelkämpfer“ nach Abhilfe suchen. Die Hoffnung der Initiative gilt nun der Messung und anschließenden Veröffentlichung der Ergebnisse.