Der große Baukran an der Rohrer Straße neigte sich in der vergangenen Woche zur Seite. Aktuell ist er aus Sicherheitsgründen teilweise eingefahren. Foto: privat

Schock für Anwohner in Leinfelden-Echterdingen: Ein großer Kran hat sich wegen des Windes zur Seite geneigt, die Bürger haben Alarm geschlagen. Nun ist die Stadt eingeschritten. Doch wie konnte es so weit kommen?

Leinfelden-Echterdingen - Schon einige Zeit hatte Verena Herfter den Eindruck, dass sich der Baukran in der Nähe ihres Grundstücks zur Seite neigt. Am vergangenen Donnerstag hielt sie es nicht mehr aus. „Ich habe beim Baurechtsamt angerufen“, sagt sie, damit sich jemand um den Kran kümmern würde. „Der hätte auf ein Haus stürzen können“, sagt sie. Am Freitagmorgen seien dann auch gleich Arbeiter gekommen, die den Kran teilweise eingefahren und stabilisiert hätten. „Und die haben mir dann erzählt, dass das hier richtig kritisch sei und man da wirklich sofort etwas machen müsse“, sagt Herfter.

Sie ist nicht die Einzige aus der Nachbarschaft, die sich Sorgen macht. Thomas Klötzel wohnt im Haus direkt neben der Baustelle an der Rohrer Straße. Seit Anfang Dezember steht der Kran neben der Baugrube. Dort soll ein Wohnkomplex mit acht Wohnungen für Familien entstehen. Er habe von Beginn an kein gutes Gefühl gehabt, sagt Klötzel. „Ich bin kein Baukranspezialist. Aber als ich im Dezember nach einer Auslandsreise diesen riesigen Baukran gesehen habe, habe ich mich sofort gefragt, ob der stabil stehen kann“, erzählt er.

Der Kran bietet von allen Seiten Angriffsfläche

Aus diesem Anlass hat sich Klötzel bereits Mitte Dezember an das Landratsamt Esslingen gewandt – mit der Bitte, „sicherzustellen, dass alles getan wurde, um im Falle eines Sturmes oder anderen Umwelteinwirkungen auszuschließen, dass mein und andere benachbarte Häuser durch ein Umkippen des Kranes in Mitleidenschaft gezogen werden und es zu schrecklichen Personen- und massiven Sachschäden kommt“, wie er es in einer E-Mail an das Landratsamt formuliert hat. Denn der Kran würde dem Wind von allen Seiten Angriffsfläche bieten. Diese Befürchtung treibt auch Verena Herfter um. „Wenn der Kran mit Wucht umstürzt, haut der einem ja das Dach zusammen“, sagt sie.

Kurz vor Weihnachten bekam Klötzel die Antwort, dass sich das Landratsamt das Abnahmeprotokoll des Baukrans habe vorlegen lassen und daran nichts zu beanstanden sei. Es bestünde somit kein Anlass, an der Standsicherheit des Krans zu zweifeln. Klötzel war beruhigt; aber nicht für lange. Denn die Arbeiter, die den Kran vergangenen Freitag teilweise einfuhren und stabilisierten, sahen das, wie Herfter erzählt, anders. Als sich Klötzel daraufhin erneut mit dem Landratsamt in Verbindung setzte, erhielt er nur die Antwort, dass dieses für die Statik von Baukränen nicht zuständig sei. „Wir haben in unserer ersten E-Mail lediglich Informationen der Stadt Leinfelden-Echterdingen weitergegeben“, sagt ein Mitarbeiter des Landratsamts.

Auch ein Geologe muss kommen

Das Baurechtsamt Leinfelden-Echterdingen hat nun am Freitag veranlasst, dass der Kran stabilisiert wird. „Es war ersichtlich, dass sich in einer Ecke der Boden abgesenkt hat“, sagt Matthias Heinzmann, stellvertretender Leiter des Baurechtsamts. Nun sei der Boden abgestützt. Bei Klötzels Anfrage im Dezember habe der Kran noch nicht schief gestanden, deshalb habe man sich damals auf das Abnahmeprotokoll verlassen. „Das hat uns damals ausgereicht“, sagt Heinzmann. Um auszuschließen, dass sich der Kran erneut zur Seite senken kann, hat das Baurechtsamt einen neuen Standsicherheitsnachweis angefordert. Dieser soll am 16. Januar abgenommen werden. „Wir haben auch einen Geologen angefordert, der den Untergrund prüfen soll“, sagt der stellvertretende Leiter des Baurechtsamts. Je nach Einschätzung dieser beiden Prüfungen darf der Kran wieder ausgefahren werden. „Dann ist alles Notwendige getan, damit da nichts passieren kann“, sagt Heinzmann.

Der zur Seite geneigte Baukran ist für die Anwohner nicht der erste Ärger mit der Baustelle an der Rohrer Straße. Schon der Abriss des alten Gebäudes sei eine Katastrophe gewesen, sagt Verena Herfter. Mitten im Frühsommer seien sie vom Staub regelrecht eingeschneit gewesen. Lastwagen und Bauzäune hätten seither immer wieder Staus verursacht oder die Einfahrt in die Nebenstraße blockiert, an der sie wohnt. Herfter hofft, dass das Baurechtsamt Recht behält und die weiteren Bauarbeiten den Anwohnern keine Sorgen mehr bereiten. „Denn für unsere Nerven“, sagt sie, „war es alles andere als gut“.