Ist der Brummton nur Einbildung? Anwohner fühlen sich nicht ernst genommen. Foto: Lichtgut/Horst Rudel

Seit Jahren klagen Leute in Leinfelden-Echterdingen über ein seltsames Geräusch. Experten können sich den Ursprung nicht erklären. Nun wurde eine Entscheidung getroffen, die die Betroffenen schockt.

Leinfelden-Echterdingen - Es ist mittlerweile gut vier Jahre her, dass sich eine Anwohnerin aus Leinfelden an die Stadtverwaltung gewandt hat. Sie höre ständig einen Brummton und leide deshalb zunehmend unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen, so ihre Beschwerde. Weitere Betroffene meldeten sich, nachdem das Phänomen auch durch Medienberichte öffentlich wurde.

Nun, viele Messungen, Runde Tische, Kompetenzgerangel, Nicht-Zuständigkeiten und Gespräche später ist die – nach Aussage der Ersten Bürgermeisterin Eva Noller ohnehin nicht zuständige – Stadtverwaltung mit ihrem Latein am Ende. „Die Betroffenheit hat sich reduziert, ist jedoch immer noch da“, sagte Noller kürzlich im Technischen Ausschuss. Die Möglichkeiten seien jedoch ausgeschöpft.

Die Lärmquelle sollte gefunden werden

Ausschlaggebend für diese Aussage war eine Nachuntersuchung von Professor Detlef Krahé, der seine im Herbst 2017 gemachten Aufnahmen in acht vom Brummton betroffenen Haushalten kürzlich dem Gremium präsentierte. „Unser Ziel war, eine zentrale Lärmquelle zu identifizieren“, so der Wissenschaftler der Universität Wuppertal. 146 Aufnahmen bekam er zur Auswertung. Für ihn zu wenig. „Ein Vergleich auf zeitlicher Basis war deshalb nicht möglich“, so Krahé. In den von ihm präsentieren Spektren aus verschiedenen Wohnungen sei keine Gemeinsamkeit zu erkennen. „Es ist schwierig, die Ursache zu finden, noch schwieriger, diese abzustellen“, lautet sein Fazit. Die Konsequenz: Auch keiner der Stadträte sprach sich für weitere Untersuchungen aus. „Wir sollten den Deckel jedoch nicht zumachen, sondern dranbleiben“, so SPD-Fraktionschef Erich Klauser.

Eine Nachricht, die genau jene Anwohnerin völlig frustriert, die die erste Meldung abgegeben hatte. „Ich hätte mir gewünscht, dass weiter untersucht wird“, sagt sie. Es gehe wohl ums Geld, vermutet sie. Ihren Namen will sie nicht veröffentlicht sehen. „Die Betroffenen werden nämlich oft als bekloppt dargestellt“, begründet sie ihren Wunsch nach Anonymität. Diese Meinung hätten auch einige Behörden, wie sie im Laufe der Zeit festgestellt habe.

Sie würde sofort umziehen, wenn sie könnte

Und auch, wenn die Aufnahmen nichts ergeben haben: Den Brummton nehme sie trotzdem immer noch wahr. „Das hört sich wie ein großer Motor an, der unter dem Haus heult“, erklärt sie ihre Wahrnehmung, die auch von anderen gehört worden sei. „Ich würde sofort umziehen, wenn ich könnte“, sagt sie und spricht von gesundheitlichen Problemen, einem beschleunigten Herzschlag. Ob es einen Zusammenhang mit dem Stromnetz gibt, weiß sie nicht. Immerhin sei der Brummton deutlich leiser geworden, als im März 2017 für längere Zeit der Strom im Ort ausgefallen war.

Eine weitere Bürgerin geht von rund 20 Betroffenen im Ort aus, die auch untereinander in Kontakt stünden. Auch sie kann die Ursache an nichts festmachen, hat allerdings einen Einfluss von Klima und Wetter festgestellt. „Der Brummton ist im Winter und bei Regen viel schlimmer“, beschreibt sie ihre Beobachtung. Auch sie fordert weitere Untersuchungen, „aber durch ein anderes Institut“, wie sie sagt.

Viel Kritik an der Messung

Der Wissenschaftler Krahé war schon im Jahr 2016 mit Messgeräten bei der vom Brummton Geplagten vor Ort gewesen, eine Ursache konnte er jedoch auch damals nicht finden. Auch ihr hatte der Professor im Herbst 2017 ein Aufzeichnungsgerät für die Untersuchungen überlassen. Sie wundert sich nun über die Aussage, dass zu wenig gemessen worden sei. „Ich hätte mir eine genauere Anweisung gewünscht, wie und wann wir das Aufzeichnungsgerät nutzen sollen“, kritisiert sie.

In Leinfelden-Echterdingen wird zwar nicht weiter geforscht. Krahé erklärt jedoch, dass das Problem den Wissenschaftlern unter den Nägeln brenne. „Das Phänomen nimmt zu, daran wird weltweit gearbeitet“, sagt er. Nur eben nicht mehr auf den Fildern.