Die Stadt L.-E. will Monika Müller eine Box als Lagerraum auf ihre Dachterrasse stellen, und zwar vor die beiden rechten Fenster. Müller kann es nicht fassen. Foto: Caroline Holowiecki

Was Monika Müller gerade passiert, kann sie selbst kaum fassen. Ihre Vermieterin will ihr einen Abstellraum nehmen und stattdessen einen Container auf die Terrasse stellen. Die Vermieterin ist übrigens die Stadt.

Leinfelden - Monika Müllers Wohnung hat was. Man kann große Teile von Leinfelden überblicken – bis zum Fernsehturm. Das Schmankerl ist die Dachterrasse. Doch auf dieses schicke Ding will Monika Müllers Vermieterin nun einen Container stellen, genau vor ein Fenster unters Vordach. Was das soll? Die Vermieterin will den externen Abstellraum wiederhaben, für den die 50-Jährige seit Jahren Miete zahlt und einen eindeutigen Vertrag vorweisen kann. Eine Metallbox auf der Südterrasse, für die Monika Müller freilich ebenfalls Miete zahlt, erscheint der Vermieterin als geeignete Kompensation. Ohne Mietminderung, versteht sich. „Nur über meine Leiche“, sagt Monika Müller.

Das Ganze hat etwas von einem Schildbürgerstreich

Die Geschichte klingt wie ein Schildbürgerstreich, hinzu kommt: Die Vermieterin ist die Stadt. Monika Müller bewohnt mit ihren beiden erwachsenen Kindern seit 2000 eine von vier Wohnung auf dem Dach der Schönbuchschule. Ur-Bestandteil ihres Mietvertrags: ein Keller in der Schule selbst. 2013 wurde dieser Passus unter anderem wegen des Brandschutzes geändert, sagt sie. Für Monika Müller und andere Nachbarn wurde stattdessen eine der kleinen Ein-Zimmer-Wohnungen auf der Etage von sanitären Anlagen befreit und zum Abstellraum umfunktioniert. Nun will die Stadt das etwa 30 Quadratmeter große Apartment aber wiederhaben. Wegen der Wohnungsnot.

Die Alternativen, die die Stadtverwaltung Monika Müller angeboten hat, wirken jedoch abstrus. Vorschlag eins: die Box auf ihrer Sonnenterrasse. „Nein, ich will da nichts haben. Ich wohne hier“, wettert sie und hebt ironisch hervor, dass sie im Sommer nur sehr ungern 80 Grad warmen Sprudel trinke. Vorschlag zwei: Schränke in einem Heizräumchen. Monika Müller zieht die Augenbrauen hoch. „Das erscheint mir unrealistisch – brennbare Sachen in einem Heizraum?“ Vorschlag drei nennt Monika Müller „den Brüller“: Die Stadtverwaltung habe offeriert, die Müllersche Toilette innerhalb der Wohnung zu versetzen, um so zusätzliche Quadratmeter für einen Abstellraum zu generieren. Wohlgemerkt: Durch eine Verschiebung innerhalb der eigenen vier Wände solle das Fehlen eines externen Raumes kompensiert werden.

„Die gehen gar nicht auf mich zu“, sagt Müller. Stattdessen hat sie selbst vorgeschlagen, den Container nicht auf die Terrasse zu stellen, sondern ihn ein paar Meter weiter hinaus aufs Schuldach zu schieben, doch laut einem Schreiben der Ersten Bürgermeisterin Eva Noller ist das „leider aus verschiedenen Gründen nicht möglich“.

Handelt die Stadt nun aus Trotz so?

Es wirkt so, als sei man im Rathaus von der renitenten Mieterin genervt, denn nun wurde eine längst vereinbarte Renovierung ihrer Wohnung gestrichen. Die ist mit alten Nachtspeicheröfen ausgestattet. Laut Monika Müller fressen die monatlich Strom für 350 Euro. Hinzu kämen eine schlechte Isolierung und Schimmel im Bad. In sämtlichen anderen Wohnungen im Haus sind die Handwerker zugange, doch mit Schreiben von Mitte Februar hat Eva Noller die Maßnahmen in der Müller-Wohnung gestrichen. Das liest sich so: „Nachdem alle alternativen Abstellmöglichkeiten von Ihnen abgelehnt werden und somit keine einvernehmliche Lösung möglich ist, bleibt die vorhandene Abstellmöglichkeit in der benachbarten Wohnung (…) erhalten. Die Stadt wird deshalb die geplanten Renovierungsarbeiten für Ihre Wohnung insoweit vorsehen, dass die entsprechenden Versorgungsleitungen für Warmwasser und Heizung direkt bis an Ihre Wohnung verlegt werden. Somit werden aktuell keine Umbaumaßnahmen in Ihrer Wohnung erforderlich sein (…).“

Monika Müller spricht von Erpressung. „Ich verstehe durchaus die dramatische Wohnungssituation in Leinfelden. Doch darf man auf diese Art und Weise dermaßen dreist mit seinen Bürgern umgehen?“ Man solle die Kirche im Dorf lassen, „ich blockiere nicht fünf Familienhäuser“. Auf Anfrage äußert sich Eva Noller nicht. „Aus meiner Sicht gibt es kein öffentliches Informationsbedürfnis“, zu privatrechtlichen Angelegenheiten werde sie sich nicht äußern. Monika Müller jedenfalls will jetzt per Anwalt die angekündigte Renovierung oder eine Mietminderung durchsetzen. „Ich bin keine Krawallmaus“, sagt sie, „aber die haben mich echt geärgert“.