Darf im Nordosten von Musberg gebaut werden? Foto: Thomas Krämer

Auf Feldern im Nordosten von Musberg sollen Wohnungen gebaut werden. Das Gesetz gibt das her, doch manche sehen darin eine Gefälligkeit zugunsten des Ringer-Weltmeisters Frank Stäbler.

Musberg - Ein geplantes Baugebiet mit etwas mehr als einem halben Hektar Fläche wird von Anwohnern in Musberg kritisch beäugt. Und auch im Technischen Ausschuss, der das Vorhaben jüngst auf der Tagesordnung hatte, bildete sich eine ungewöhnliche Koalition gegen das Projekt im Nordosten von Musberg.

Die Fakten sehen so aus: Zwischen dem Fürschelweg und dem Grünen Weg sollen Häuser gebaut werden. Und das, obwohl der größte Teil des Gebiets bislang im gültigen Flächennutzungsplan als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen ist und – so ist es in der Vorlage der Stadtverwaltung zu lesen – eine Bebauung „nach geltendem Bauplanungsrecht nicht zulässig ist“.

Die Gesetzesänderung macht’s möglich

Möglich wird ein Bebauung erst durch eine Gesetzesänderung im Mai 2017, die bis Ende 2019 gültig ist. Demnach dürfen Gebiete bis zu einem Hektar im Außenbereich in einem beschleunigten Verfahren bebaut werden, wenn damit am bestehenden Siedlungsrand Wohnraum geschaffen wird. Weder ein Umweltbericht noch Ausgleichsmaßnahmen sind notwendig. „Schon vor zwei Jahren war das Projekt im Gremium und scheiterte am fehlenden Personal“, erklärt Benjamin Irschik vom Stadtplanungsamt, der das Projekt dem Gremium vorstellte. Das Verfahren sei jedoch nun deutlich einfacher. „In Stetten gab es eine vergleichbare Überlegung, die jedoch am mangelnden Interesse der Grundbesitzer bislang gescheitert ist“, ergänzt die Erste Bürgermeisterin Eva Noller.

Das Bebauungskonzept in Musberg sieht im südlichen Teil zwölf Wohneinheiten in Form von Doppel- und Reihenhäusern vor. Im nördlichen Teil – rund einem Drittel der Baufläche – sollen zwei Einfamilienhäuser entstehen. Und genau daran entzündete sich der Streit. Der Stadtplaner Irschik sprach von einer Arrondierung, also der Abrundung der Siedlungsfläche in diesem Bereich. Für Erich Klauser ist das Humbug. „Das ist keine Arrondierung, sondern eine Gefälligkeitsplanung“, sagte der SPD-Fraktionssprecher. Dem widerspricht auch Hans Huber nicht, der das für einen „Vorstoß in den Außenbereich“ hält. „Wir kritisieren eine Ungleichbehandlung“, so der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. In vergleichbaren Fällen hätten bauwillige Bürger in der Vergangenheit von der Stadtverwaltung die Auskunft bekommen, dass wegen Lage oder Personalknappheit keine Bauplanung möglich sei. Ilona Koch begrüßt dagegen die Privatinitiative, im Ort Wohnraum zu schaffen. „Wir haben einen unheimlichen Siedlungsdruck und für junge Familien nichts im Angebot“, sagte die CDU-Fraktionssprecherin. Mit dem Vorwurf der Gefälligkeitsplanung kann sie nichts anfangen.

Die Stadt mache hier eine kleine Ausnahme

Doch genau das ist der Punkt. Um einen Einfluss auf die Planungen zu haben, betreibt die Stadt eine Baulandentwicklung zurzeit nur, wenn die Flächen in ihrem Besitz sind. „Diese Regel wird nun aufgebrochen“, moniert Huber. Noller räumt ein: „Wir machen hier eine kleine Ausnahme im Verfahren zum Wohle der Allgemeinheit.“ Verdient hätten beim Verkauf und dem anschließenden Rückkauf eines Teils der Fläche nur der Notar und der Staat bei der Grunderwerbssteuer. Die Stadt hat rund zwei Drittel des Areals gekauft.

Anwohner jedoch fragen sich, ob das Vorhaben wirklich nur dem Wohle der Allgemeinheit dient. „Die Planung der zwei Einfamilienhäuser im nördlichen Teil hat erst die Baulücke im nördlichen Teil geschaffen, auf dem nur Doppel- und Reihenhäuser geplant sind“, sagt eine Anwohnerin. Ihr erscheint es komisch, dass mit demselben Paragrafen einmal zehn Wohneinheiten und und andererseits zwei Einfamilienhäuser gebaut werden sollen. Auch von der Geschwindigkeit, mit der die Planung erfolgen soll, sind die Anlieger überrascht.

Die Bürgermeisterin widerspricht energisch

Einer von Klauser ins Spiel gebrachten Gefälligkeitsplanung widerspricht Noller energisch: „Die Verwaltung springt nicht, weil es hier um eine Privatperson geht, sondern weil wir die Chance sehen, schnell und günstig Wohnraum schaffen zu können.“

Die Privatperson, um die es geht, ist der Musberger Ringer Frank Stäbler. Ihm war es wegen der Rechtslage zunächst verwehrt worden, direkt neben dem elterlichen Hof zu bauen. Durch die Gesetzesänderung hat sich für ihn jedoch die Chance am Ortsrand in der Nähe des elterlichen Hofs ergeben. „Ich kämpfe seit drei Jahren dafür“, sagt er. Eine Sonderbehandlung habe es für ihn nicht gegeben. Der Ringer-Weltmeister sieht vielmehr in dem Vorhaben eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, da neue Häuser entstehen – und will im Frühjahr selbst mit dem Bau beginnen. „Musberg ist meine Heimat, und dort will ich bleiben.“