Auf dem Renault-Areal an der Leinfelder Straße haben vor Jahrzehnten bereits Asylbewerber gewohnt. Für die Anschlussunterbringung kommt es allerdings nicht in Frage, denn es liegt in einem Gewerbegebiet. Foto: Natalie Kanter

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen stößt bei der Suche nach Flächen für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen an die Grenzen des Baurechts.

Leinfelden-Echterdingen - Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. „Schließlich weiß man heute noch nicht, wer tatsächlich kommt und wie lange die jeweiligen Asylverfahren laufen“, sagt Peter Keck, der Sprecher des Landkreises. Beeindruckend aber sind die Daten allemal: Nicht weniger als 70 000 Flüchtlinge sollen im kommenden Jahr an die Tore von Baden-Württemberg klopfen. Für den Landkreis bedeutet dies, dass er 2700 bis 3200 weitere Plätze in Gemeinschaftsunterkünften schaffen muss, wie Keck erklärt. Die Kreisverwaltung ist dabei erneut auf die Mithilfe der Kommunen angewiesen. Landrat Heinz Eininger hat die Rathauschefs deshalb am Mittwoch angeschrieben.

Zunehmend unter Druck geraten aber auch die Kommunen selbst. Grund hierfür ist die sogenannte Anschlussunterbringung. Zur Erklärung: Hat ein Asylbewerber seine Aufenthaltsgenehmigung in der Tasche, muss er aus der Unterkunft des Kreises ausziehen. Die Gemeinden und Städte werden zuständig, wenn Flüchtlinge dann nicht auf eigene Faust eine Wohnung finden. Sie müssen ihnen ein Dach über den Kopf bieten. Der Landkreis rechnet in 2016 mit 100 bis 130 Menschen die monatlich in die Anschlussunterbringung wechseln. Auch das geht aus dem Brief des Landrates an die Kommunen hervor.

Was bedeutet dies für Leinfelden-Echterdingen? „Im Moment und auch im kommenden dreiviertel Jahr müssen wir uns keine Sorgen machen, dann aber kann es dicke kommen“, sagt Oberbürgermeister Roland Klenk unserer Zeitung. Mittlerweile steht nämlich fest, dass die acht Flächen des Stadtgebietes, die im Februar noch als grundsätzlich geeignet für Flüchtlingsheime präsentiert wurden, doch nicht so geeignet sind. Zumindest was die Anschlussunterbringung betrifft. „Es zeigen sich an fast jedem Standort Probleme“, hat der OB am Dienstagabend am Rande der Gemeinderatssitzung gesagt. Der Verwaltung stößt dabei an die Grenzen des Baurechts. „Das bereitet mir Kopfschmerzen“, sagte er.

An einigen Standorten sei der Lärm für eine Unterkunft, in der die Flüchtlinge womöglich auch längere Zeit leben, zu hoch. Andere liegen zu nah an der Wohnbebauung oder mitten in einem Gewerbegebiet – und dort ist bekanntlich eine Wohnnutzung nicht erlaubt. Ein Beispiel hierfür ist das Renault-Areal an der Leinfelder Straße. Dort waren bereits in den 1980er- und 90er Jahren Asylbewerber in Containern untergebracht. Bis vor kurzem hatte das Unternehmen Rewe seine Zelte dort aufgebaut. Nun wird die Fläche wieder frei, weil die Einzelhandelskette in der nächsten Woche einen großen Markt am nördlichen Ortseingang von Echterdingen eröffnen wird.

Während Sammelunterkünfte, in denen die jeweiligen Flüchtlinge nur eine begrenzte Zeit leben, mittlerweile auch in Gewerbegebieten gebaut werden dürfen, gilt dies für die Anschlussunterbringung nicht. Das machte Klenk in der Gemeinderatssitzung deutlich. Der Oberbürgermeister will deshalb „im Gleichschritt“ mit anderen Rathauschefs des Kreises „überall die Verhältnisse verbessern“. Über den Städtetag wolle man versuchen das Problem an die Landes- und an die Bundesregierung heranzutragen.

Die Oberbürgermeister der Großen Kreisstädte Esslingen, Ostfildern, Nürtingen, Filderstadt und L.-E. hatten sich auch für eine bessere Betreuung der aus den Sammelunterkünften des Kreises entlassenen Menschen mit einem Brief an Einiger eingesetzt (wir berichteten). Mittlerweile gibt es einen Gesprächstermin mit dem Landrat. Pressesprecher Keck sagt dazu: „Wir werden nicht umhin kommen, an dieser Stelle etwas zu ändern.“