Noch immer ist unklar, wie es mit dem Gebetshaus in Oberaichen weitergeht. Foto: Natalie Kanter

Hinter den Kulissen läuft ein Zwist zwischen Oberbürgermeister Otto Ruppaner und Michael Quaas. Der Anwalt kritisiert dessen Vorgehen im Moscheestreit, der OB weist die Vorwürfe zurück.

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen fordert den Abriss der nicht ganz fertig gebauten Moschee bis Ende des Jahres ein. Das hat der Gemeinderat Ende Juli entschieden. Die Bauherren – der muslimische Verein VKBI und sein Kölner Dachverband VIKZ – lehnen dies jedoch ab. Der Verein will zunächst einmal die Entschädigungsfrage klären. So ist der aktuelle Stand im Moscheestreit von Leinfelden-Echterdingen.

 

Wie es nun weitergeht ist offen. Allerdings: Wenn die Muslime der Forderung der Stadt nicht nachkommen, werde die Stadtspitze dem Wunsch des Gemeinderates Nachdruck verleihen, hatte Rathauschef Otto Ruppaner bereits kurz nach der Gemeinderatsentscheidung gesagt. „Im Zweifel auch vor Gericht.“

Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ist eingereicht

Dem Abriss der Moschee könnte allerdings entgegenstehen, dass noch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Das ist zumindest die Sichtweise des Stuttgarter Rechtsanwalts Michael Quaas. Der Fachanwalt für Medizinrecht und Verwaltungsrecht kritisiert das Vorgehen Ruppaners im Moscheestreit, fühlt sich davon selbst betroffen. Bereits vor einem Jahr hat er sich deshalb an das Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) gewandt und anlässlich der jüngsten Entwicklungen im Moscheestreit in einem weiteren Schreiben ans RP daran erinnert.

Der Anwalt möchte erreichen, wie er schreibt, dass die Kommunalaufsicht gegen OB Ruppaner tätig wird. Bisher hatte er damit keinen Erfolg. „Ein Disziplinarverfahren gegen Herrn Oberbürgermeister Ruppaner wurde derzeit nicht eingeleitet“, erklärt ein Sprecher des Regierungspräsidiums auf Anfrage. Der Rechtsanwalt wirft dem Rathauschef vor, seine Dienstpflichten verletzt zu haben und private Angelegenheiten mit den Belangen der Stadt vermischt zu haben.

OB: Im Moscheestreit muss Entscheidung umgesetzt werden

Der Rathauschef weist beides von sich. „Welche meiner privaten Interessen sollen denn in der Angelegenheit tangiert sein?“ Es habe ein zivilgerichtliches Verfahren gegeben, das nach der Zurückweisung der Revision und der Nichtanhörungsrüge durch den Bundesgerichtshof beendet wurde. Nach seinem Amtsantritt im März 2024 seien der VKBI und dessen Dachverband an die Stadt herangetreten. Es habe keine einvernehmliche Lösung gegeben. Im Ergebnis müsse nunmehr die Entscheidung des Stuttgarter Oberlandesgerichts umgesetzt werden.

Wobei das Gericht nicht den Abriss der Moschee eingefordert hat. Es hatte den VKBI im September 2022 vielmehr dazu verpflichtet, der Stadt das Erbbaurecht für den Moschee-Baugrund zurückzuübertragen und das Grundstück an der Wilhelm-Haas-Straße in Oberaichen zurück an die Kommune zu geben. Hans-Joachim Rast, der Vorsitzende Richter am Stuttgarter Oberlandesgericht, hatte zum weiteren Vorgehen eine glasklare Meinung: „Eigentlich müsste es jetzt das Anliegen der Stadt sein, möglichst rasch einen Ort der Glaubensausübung für die Moslems zu schaffen“, hatte Rast 2022 gesagt. Das gehe aber nicht über Rechtsstreitereien, sondern nur über eine Kooperation mit dem VKBI oder einem anderen Partner. Die Kommune müsse jemanden suchen, der diese Moschee, wenn sie denn mal fertig sei, betreiben wolle und könne.

VKBI-Verfassungsbeschwerde im Moscheestreit zurückgezogen

Drei Gerichte haben sich in der Vergangenheit mit dem Streit zwischen der Stadt und dem VKBI um den Weiterbau der Moschee auf den Fildern beschäftigt: das Stuttgarter Landgericht, das Stuttgarter Oberlandesgericht und der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Alle drei haben – zumindest im Grundsatz – dann der Stadt recht gegeben. Der muslimische Verein darf allerdings mit einer Entschädigung rechnen.  

Michael Quaas – der Verfassungsbeschwerden zu den Schwerpunkten seiner Tätigkeit zählt – war lange der Vertrauensanwalt der Muslime. Er und auch sein Sohn Moritz Quaas hatten den muslimischen Verein in Sachen Moschee anwaltlich beraten und vor Gericht vertreten. Ende April 2024 hat der VKBI, veranlasst durch seinen Dachverband, wie Quaas sagt, das Mandat dann schriftlich gekündigt. VKBI-Chef Muhammet Güçlü betont: „Herr Quaas ist schon länger nicht mehr unser Anwalt.“

Mitte Mai 2024 wurde öffentlich bekannt, dass der VKBI die Verfassungsbeschwerde gegen das BGH-Urteil beim Bundesverfassungsgericht zurückgezogen hat. Diese Rücknahme hat ein Gerichtssprecher unserer Zeitung gegenüber nun erneut bestätigt. Der muslimische Verein wollte nach dem Wechsel an der Verwaltungsspitze von Leinfelden-Echterdingen auf einen Neuanfang setzen, in die Gespräche mit Oberbürgermeister Otto Ruppaner ohne gerichtliche Streitigkeiten gehen. „Wir wollen uns einigen und nicht weiter streiten“, hatte Güçlü diesen Schritt unserer Zeitung damals begründet.

Quaas treibt Verfassungsbeschwerde weiter voran

Als falsch bezeichnet der Rathauschef die Auffassung von Anwalt Quaas, der Grund dafür sei gewesen, dass er als neuer OB sonst keinerlei Verhandlungen mit dem Verein und seinem Kölner Dachverband aufgenommen hätte. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt die Rücknahme der Verfassungsbeschwerde zur Bedingung für Gespräche gemacht“, erklärt Ruppaner. Michael Quaas hofft derweil, die Verfassungsbeschwerde gegen das BGH-Urteil noch zu gewinnen. Seinen Angaben nach ist die nämlich nicht vom Tisch, obwohl der Verein sie zurückgenommen hatte. Sein Büro habe die Beschwerde vielmehr erneut erhoben, nachdem Anhörungsrüge durch den BGH zurückgewiesen wurde. „Nachdem sie dann erstmals zulässig war“, wie der Anwalt ergänzt.