Tripti in Jeans und karierter Bluse und Kira in der roten Jacke proben ihren Bollywood-Tanz. Foto: Sybille Neth

Dank Spenden kann ein Mädchen aus einer weniger betuchten indischen Familie beim Schüleraustausch am Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium in Echterdingen teilnehmen. Einen Wermutstropfen gab es allerdings dennoch.

Echterdingen - Der Kühlschrank des Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasiums (PMHG) ist gut gefüllt: randvoll mit Ritter-Sport-Schokolade. „Wir durften unsere eigene Sorte herstellen“, schwärmt Tripti Goel. In ihrer Heimat Delhi gibt es die Tafeln aus Waldenbuch in Delikatessenläden und für einen stolzen Preis. Die 19 Schüler, die zum Austausch in Echterdingen sind, haben deshalb im Schoko-Laden groß eingekauft. Tripti kommt als einzige Teilnehmerin von einer staatlichen Schule. Alle anderen Jugendlichen stammen aus besser betuchten Familien und besuchen die Privatschule, mit der das PMHG seit sechs Jahren einen Austausch pflegt.

„Bei unserem Besuch in Delhi im letzten Jahr bedauerte der Leiter einer staatlichen Schule, dass so eine Möglichkeit seinen Schülern versagt bleibt“, berichtet Ulrike Weißenborn. Die Lehrerin begleitet die Jugendlichen hier und dann im Oktober beim Gegenbesuch in Indien. Schulleiter Wolfgang Krause hat bei den Eltern um Spenden geworben und so kamen, zusammen mit der finanziellen Unterstützung durch den indischen Honorarkonsul, 1400 Euro für den Europatrip der 15-jährigen Schülerin zusammen.

Die Eltern sind sehr aufgeregt

„Eines Tages kam meine Rektorin und sagte, ich könne nach Deutschland fahren“, berichtet sie. „Weshalb gerade ich ausgewählt wurde, weiß ich nicht.“ Der Grund seien ihre sehr guten Noten, ihre Sozialkompetenz und ihre Kreativität, erklärt Raina Bajaj, die indische Lehrerin, die die Gruppe betreut. „Meine Eltern sind sehr aufgeregt wegen der Reise“, erzählt Tripti. Und da sie mit den Eltern, ihren beiden Schwestern und den Großeltern unter einem Dach wohnt, hatten auch Oma und Opa ein Wort mitzureden – und stimmten zu. Nur die Tante war dagegen. „Für indische Verhältnisse lebt Tripti in einer sehr kleinen Familie“, berichtet Ulrike Weißenborn von ihren Erfahrungen. „Es ist unser Ziel, dass die Jugendlichen die Familien und damit die Kultur des Landes kennenlernen“, betont Schulleiter Krause.

Der Vater hat zwei Jobs

Tripti wohnt bei Kira Zerelles und die beiden wurden sofort dicke Freundinnen. „Für mich ist es eine neue Erfahrung, dass bei Kira die ganze Familie zusammen isst.“ Für Tripti ist das ungewöhnlich. „Meine Schwestern und ich gehen um sieben Uhr zur Schule. Unser Vater schläft da noch. Er steht um acht Uhr auf“, erzählt sie. Der Vater kommt dann erst nachts von der Arbeit. Er ist Elektriker, hat aber am Abend noch einen zweiten Job. „Er tut sein Bestes, damit er alles für uns Kinder kaufen kann“, betont sie. Um die sozialen Unterschiede innerhalb der Schulen zu verwischen, tragen in Indien alle Schüler eine Uniform.

Alles ist gut vorbereitet

Für den Austausch erhielt Tripti noch zu Hause ein paar angesagte Klamotten und fand Freunde unter den Jugendlichen der Privatschule. „Das war alles sehr gut vorbereitet“, sagt Ulrike Weißenborn. Zusammen haben die indischen Schüler in Delhi ihre Bollywood-Choreografien einstudiert und sie in der vergangenen Woche den Neunt-und Zehntklässlern aus dem PMHG beigebracht.

Kira findet es spannend, dass sie durch den Aufenthalt des indischen Mädchens gerade dauernd englisch sprechen muss. „Triptis Muttersprache ist Hindi, meine Deutsch – wir müssen also auf Englisch kommunizieren.“ Wenn sie im Oktober zusammen mit 22 Jugendlichen nach Delhi reist, wird sie nicht bei Tripti wohnen können, sondern in der Familie einer der Privatschüler.

Süßer Trost nach traurigem Erlebnis

Der Besuch in der Schokoladenfabrik war für die Schüler so etwas wie ein kleiner süßer Trost, denn sie hatten in Musberg das Seniorenheim besucht. Der Umgang mit alten Menschen ist das gemeinsame Thema in der Schule. „Die Inder waren nach dem Besuch traurig, denn bei ihnen ist es üblich, dass alte Menschen in die Familie geholt werden“, sagt Ulrike Weißenborn.

Auftritt
Die Schüler informieren die Öffentlichkeit über den Austausch und zeigen ihre Bollywood-Choreografien am heutigen Mittwoch, 28. Juni, um 19 Uhr, im Rahmen einer Veranstaltung der Bürgerstiftung Leinfelden-Echterdingen in der Zehntscheuer.