Die Flüchtlingszelte und das Containerdorf des Kreises auf dem Renault-Areal werden nun erst Mitte 2018 abgebaut. Das entlastet die Stadt L.-E. Foto: Archiv Natalie Kanter

Der Zwist ist beendet: Der Kreis bleibt noch etwas auf dem Renault-Gelände. Die Stadt bietet dem Kreis ein Grundstück in den Schelmenäckern als Notreserve an.

Leinfelden-Echterdingen - Tagtäglich flimmern Bilder von immer mehr Flüchtlingen über den Bildschirm, die den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer gewagt haben. Italien fordert Solidarität ein. Möglicherweise wird auch Deutschland eine neue Flüchtlingswelle erleben. „Wir wissen alle nicht, wie sich die Situation weiter entwickelt“, sagt Peter Keck, Sprecher des Landkreises auf Nachfrage. Und: „Wir hoffen aber, dass es nicht zu einem Herbst 2015 kommt.“ Damals wurde der Landkreis regelrecht überrannt.

„Es wäre fatal, alle Notfallflächen aufzugeben“, sagt Keck. Auch wenn der Flüchtlingszustrom im Kreis stark nachgelassen habe. „Wir brauchen erschlossene Plätze, die wir schnell belegen können – auch mit Zelten.“ Dazu habe sich der Kreis bereits Anfang des Jahres Gedanken gemacht. „Wir brauchen eine Notreserve von 1600 Plätzen für die nächsten Jahre“, sagt Keck. Und genau deshalb führt er Gespräche mit Kommunen.

Notreserve im Neubaugebiet

Leinfelden-Echterdingen hat dem Kreis einen Grund und Boden im Neubaugebiet Schelmenäcker angeboten. Der Platz reicht für bis zu 200 Menschen. Die Fläche soll für diesen Zweck drei Jahre reserviert werden, sagte Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Dafür muss L.-E. bis zu 50 Plätze weniger in der Anschlussunterbringung schaffen. Auf diese Gewerbefläche will sich eine Firma ansiedeln, erklärt Oberbürgermeister Roland Klenk unserer Zeitung auf Nachfrage. Das Unternehmen braucht das Grundstück derzeit aber noch nicht.

Das Angebot gehört zu „einem Kompromiss“, wie Klenk es formuliert, auf dem man sich mit dem Landkreis verständigt hat. Keck spricht von einem „konstruktiven Gespräch“ und einer „gemeinsam gefundenen Lösung“. Wie mehrfach berichtet, hatte es zwischen dem OB und Landrat Heinz Eininger in der jüngeren Vergangenheit einen intensiven Briefwechsel gegeben. Klenk hatte in dieser Angelegenheit auch einen Anwalt eingeschaltet.

Dabei ging es um eine neue Regelung. Demnach muss die Stadt in 2018 deutlich mehr Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung aufnehmen, wie zunächst gedacht. Und das, obwohl L.-E. von Anfang an den Landkreis bei der Unterbringung von Asylsuchenden unterstützt hat. Der Hintergrund: Wegen der sinkenden Flüchtlingszahlen hatte der Kreis darauf verzichtet, ein von der Stadt angebotenes Grundstück für die Unterbringung von Asylsuchenden zu nutzen. Damit ist die sogenannte Erfüllungsquote der Stadt L.-E. massiv abgesunken. Dies wiederum wirkt sich auf die Zahl der Flüchtlinge aus, welche die Große Kreisstadt unterzubringen hat. Klenk wollte dies so nicht akzeptieren und blieb hartnäckig.

Zelte und Container bleiben länger stehen

Mittlerweile hat es eine Annäherung gegeben. Zu dieser gehört auch, dass der Kreis das Renault-Gelände an der Leinfelder Straße länger belegen wird, als zunächst gedacht. Die Pachtverträge laufen bis Ende Mai weiter. Erst Mitte 2018 müssen die Zelte und Container abgebaut sein.

Davon profitieren beide Seiten: „Das kommt uns zupass“, sagt Keck. Denn der Kreis versorgt derzeit noch 1000 Flüchtlingen, die eigentlich schon in der Obhut der Kommunen sein sollten. Städte und Gemeinden kommen nicht nach, AU-Plätze zu schaffen. Weil der Kreis das Areal aber länger nutzt, muss L.-E. in 2018 weniger Flüchtlinge mit Bleiberecht aufnehmen. Die Stadt bekommt 59 Plätze angerechnet. „Das verschafft uns Luft“, sagt Bürgermeister Kalbfell dazu.

2017 und 2018 muss die Stadt dennoch Platz für weitere 195 Zuwanderer schaffen. 150 Menschen sollen auf dem Renault-Areal unterkommen, wenn der Kreis den städtischen Grund frei gemacht hat. Die Stadt will dort zweistöckige Systembauten ausschließlich für Flüchtlinge mit Bleiberecht schaffen und weicht an dieser Stelle von der erst vor Kurzem verkündeten, neuen Strategie in der Flüchtlingsunterbringung ab.

Diese sieht vor, dass vorerst keine neuen Gebäude für die Anschlussunterbringung gebaut werden. Vielmehr sollen Bewohner von Sozialwohnungen in Neubauten umziehen dürfen. Die Wohnungen, die dadurch frei werden, will die Stadt sanieren und dann Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Allerdings ist noch unklar, wie viele Menschen überhaupt umziehen wollen. „Die Bewohner sind angeschrieben worden, die Antworten stehen noch aus“, sagt Klenk.