146 Weltpremieren rund um Züge und S-Bahnen sind auf der Innotrans zu sehen. Foto: Messe

Auf der weltgrößten Leitmesse Innotrans in Berlin stehen umweltschonende Antriebe, Sicherheitstechnik und die Schiene 4.0 im Fokus. Trotz Auftragsrekorden bröckelt die führende Position hiesiger Hersteller.

Berlin - An Prominenz wird es nicht fehlen. Nächsten Dienstag beginnt in Berlin die Innotrans, die weltgrößte Leitmesse für Verkehrstechnik. Der wichtigste Branchentreff wird von EU-Verkehrskommissarin Violetta Bulc und Verkehrsminister Andreas Scheuer eröffnet, zur Veranstaltung sind mehr als tausend Vertreter aus Politik und Wirtschaft eingeladen. Insgesamt werden mehr als 130 000 Besucher in den Messehallen unterm Funkturm erwartet. Für Bahn-Fans gibt es viel zu sehen. Die Aussteller zeigen Neuheiten, darunter 146 Weltpremieren wie die neue S-Bahn für Berlin, die Siemens, Stadler und die Bahn präsentieren werden.

Minister Scheuer gibt die Richtung vor: „Wir wollen den Wow-Effekt beim Bahnfahren.“ Die Industrie könne dazu mit ihren Innovationen einen Riesenbeitrag leisten. Allerdings weiß auch Scheuer, dass der Alltag von Bahnfahrern oft anders aussieht. Qualitätsmängel und Lieferverzögerungen bei Zügen sind häufig Ursache für Störungen im laufenden Betrieb – und das schon seit mehr als zwei Jahrzehnten. Damals wurde in Europa die Bahnindustrie liberalisiert, der verschärfte Wettbewerb unter den Herstellern führte zu massivem Kostendruck, vielen Firmenübernahmen und einer Verlagerung von Produktion nach Osteuropa und Asien. Die Industrie hat vor allem mit sich selbst zu tun. Mit den Bahnsparten von Siemens und Alstom bündeln aktuell Deutschland und Frankreich in der Schienentechnik ihre Kräfte, um der wachsenden Konkurrenz aus China standhalten zu können, wo sich schon vor Jahren der größte Anbieter unter strenger staatlicher Regie formiert hat.

Bombardier bringt Batteriezug

Der vormalige Marktführer Bombardier aus Kanada, der allein sieben deutsche Werke hat, steckt derweil ebenfalls in einem schwierigen Umbau. Viele Stellen wurden gestrichen, auch im Stammwerk Hennigsdorf bei Berlin. Nun will Michael Fohrer, Chef von Bombardier Deutschland, mit Innovationen wieder mehr positive Schlagzeilen machen. Kurz vor dem Start der Innotrans stellte der Konzern in Hennigsdorf einen neuen emissionsfreien Batteriezug vor, der stinkende Dieselzüge auf nicht elektrifizierten Strecken ersetzen könnte. Die Reichweite soll 100 Kilometer betragen, allein in Deutschland sind 40 Prozent der Strecken noch nicht mit Stromleitungen ausgerüstet. Umweltschonende Antriebe sind ein Schwerpunkt der Messe. So präsentiert Vossloh die Lok DE 18, die dank Optimierungen laut Hersteller nur noch halb so viel Abgase ausstößt.

Der Bochumer Verein Verkehrstechnik wiederum zeigt ein 50 Kilo leichteres Alu-Hybridrad für Schnellzüge, das durch die Gewichtreduzierung Energiekosten spart. Alstom stellt seinen wendigen Elektrobus Aptis in Berlin vor, ein batteriebetriebener Stadtbus wird auch von Solaris präsentiert. Hier winken der Industrie Riesengeschäfte, wie die Entwicklung in China zeigt. Dort hat eine Millionenstadt wie Shenzhen in wenigen Jahren die Dieselflotte durch 17 000 Elektrobusse ersetzt – ein Vorbild weltweit für abgasbelastete Metropolen.

E-Mobilität auf der Schiene gehört zum Standard

Im umweltschonenden Schienen- und Busverkehr liegt die Zukunft des motorisierten Verkehrs und der nachhaltigen Mobilität. Denn während der wachsende Autoverkehr mit seinen giftigen Emissionen die Luft verschmutzt und der Elektroanteil gering ist, gehört E-Mobility auf der Schiene längst zum Standard, und auch ein großer Anteil des Bahnstroms stammt bereits aus erneuerbaren Quellen wie Windkraft. Die Digitalisierung wird der Branche einen weiteren Schub nach vorne bringen. Auf der Innotrans werden zahlreiche Systeme vorgestellt, die Bahn- und Busfahren noch sicherer und bequemer machen sollen. Dazu gehören etwa Anwendungen für Fahrgast-Infos in Echtzeit und für den Ticketkauf mit dem Smartphone.

Einer der größten Aussteller auf der Innotrans ist wieder die Bahn. Vorstandschef Richard Lutz hat mit seinem Krisenalarm im größten deutschen Staatskonzern zwar gerade die Politik verschreckt, hat aber nun die Chance, die vielen guten Ideen und Projekte des Marktführers vorzustellen. So kann sich Minister Scheuer zum Beispiel neben der neuen Berliner S-Bahn auch den „Ideenzug“ anschauen, in dem die DB digitale Serviceangebote erstmals in einem Doppelstockwagen zeigt.