Ewige Liebe VfB: Holger Gayer, Günther Schäfer, Ralph Klenk, Matthias Vafai, Eric Gauthier (von links). Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Erfolge schön und gut. Aber was einen Herzensclub wirklich ausmacht, das sind die Geschichten, die sich um einen Verein ranken. Das lernte man bei einer Gesprächsrunde im Mercedes-Museum über die „Leidenschaft VfB“.

Stuttgart - Die Geschichte hat er noch nie erzählt. Sagt Günther Schäfer. Und will er eigentlich auch nicht erzählen. Behauptet er. Doch als ihn Moderator Holger Gayer, Lokalchef unserer Zeitung, lange genug stupst, erzählt er sie doch. Wie das war, als er damals zum VfB kam, bekommen die 100 Leser als Erste zu hören, die das Glück hatten, eine Karte für die Talkrunde in der VfB-Ausstellung im Mercedes-Museum zu ergattern.

Günter Schäfers Anfänge beim VfB

Also reisen wir zurück mit Günther Schäfer (56) ins Jahr 1975. Der VfB war gerade in Liga zwei abgestiegen. In Waiblingen-Neustadt dachte ein zwölfjähriger Fußballer: Ich habe dieses Jahr 75 Tore gemacht, der VfB kann mich brauchen. Also hörte er sich um, bekam heraus, wer die C-Jugend des VfB trainierte, packte seine Sporttasche, setzte sich in den Zug, fuhr nach Bad Cannstatt und marschierte zum Vereinsgelände des VfB. Dort traf er Zeugwart Jochen Seitz. „Wir verstanden einander kaum“, erinnert sich Schäfer an das Gespräch der beiden Ur-schwaben. Warten sollte er, so viel hörte er heraus. Also wartete er. Bis endlich der Trainer kam. Und fragte: „Was machst du hier?“ Schäfer: „Mittrainieren!“ Das gehe nicht. „Doch das geht“, bekräftigte Schäfer, „ich habe alles dabei.“ So ging das eine Weile hin und her. Schließlich durfte Schäfer mittrainieren. Und spielte am nächsten Tag gleich für den VfB – gegen den TSV Neustadt.

Ralph Klenks ganz besondere Bierdose

Seitdem ist er beim VfB. Als Verteidiger mit 399 Bundesliga-Spielen, als Fanbeauftragter, als Co-Trainer, als Leiter der Fußballschule, als Teambetreuer. „Ich bin dem Verein verschworen“, sagt er. Wie auch Ralph Klenk und Matthias Vafai, die ebenfalls von ihrer Liebe zum VfB erzählen.

Klenk (54) war schon Fan, als man noch Schlachtenbummler sagte. 1977 war er mit seinem Onkel erstmals im Neckarstadion. 5:1 gegen Schalke 04, hinterher feierte man den Aufstieg in Liga eins mit einer Hocketse auf dem Parkplatz, Tony Marschall sang. Und Klenk steckte eine Bierdose von Hofbräu ein, mit Unterschriften aller VfB-Spieler. Mittlerweile ist er Fanbetreuer, die Dose hat er natürlich heute noch, fein eingeschlagen in ein Tuch. Bestens verwahrt hat auch Matthias Vafai seine Schätze. Der gebürtige Cannstatter hat exakt 504 Trikots des VfB zu Hause. Und zwar Trikots, die bei Spielen getragen wurden. Sein ältestes hat eine ganz besondere Geschichte. Seine Mutter hat es auf einem Flohmarkt in Vaihingen gekauft und überreichte es ihm mit den Worten: „Ich habe da ein altes T-Shirt für dich.“

Ein ganz altes VfB-Trikot

Es war sogar ein ziemlich altes Hemd. Genau lasse es sich nicht datieren, sagt Vafai, zwischen 1928 und Ende der 30er Jahre muss es einer der Stuttgarter Spieler getragen haben. Es ist eines von nur drei Trikots aus jener Zeit, die noch erhalten sind. Und Vafai hat auch den Beleg dafür, dass der VfB seiner Zeit voraus sein kann. Lange bevor man über Gender-Mainstreaming redete, hat der VfB in einem rosa-weiß karierten Trikot gespielt. 1971 in Bielefeld. Entworfen hatte es der Schneider Rudolf Kreitlein, Vereinsmitglied und im Nebenberuf Schiedsrichter. Er erfand nach der WM 1966 die Gelben und Roten Karten. Das ist eine der vielen Historien, die sich um diesen Verein ranken.

Die Bayern wollen Gauthier klauen

Und die Eric Gauthier (40) so nach und nach lernt. Vor 22 Jahren kam der Kanadier als blutjunger Balletttänzer in diese Stadt, die er heute „meine Heimat“ nennt. Teil dieser Heimat ist für den Leiter der Theaterhaus-Kompanie mittlerweile auch der VfB Stuttgart. Fußball findet er „so cool“, dass er ein Stück gestaltet hat namens „Freistoß“. Darin spielte VfB-Kapitän Christian Gentner eine Hauptrolle. Der war nicht da, deshalb durften die anderen ran. Gayer ins Tor, Schäfer an den Ball, Vafai und Klenk in die Mauer. Manch verborgenes Talent kam da ans Tageslicht. Übrigens hat sich die Kunde dieses Stückes rumgesprochen. Die Bayern hätten gerne, dass er es bei der Meisterfeier aufführe, verriet Gauthier. Mit Franck Ribéry als Freistoßschütze. Mal abgesehen davon, dass noch nicht klar ist, ob etwas zu feiern ist, will Gauthier „darüber noch nachdenken“.

Schäfers Mentalitätstipps

Nach Elber, Gomez und Pavard klauen die Bayern nun auch noch Gauthier. So weit kommt es noch. Doch zunächst mal hat man eigene Probleme zu lösen. Wie kommt der VfB raus aus der Misere? Schäfer weiß, wie: „Mit Mentalität!“ So wie es der eisenharte Verteidiger einst hielt. Elf Mann spielen, „also habe ich im Training dafür gesorgt dass ich zwangsläufig dabei war“ – weil nur noch elf Mann laufen konnten.