Gold-Kandidatin: Die Weitspringerin Malaika Mihambo gilt als heiße Titel-Anwärterin. Foto: Baumann

Malaika Mihambo ist die Favoritin im Weitsprung. Groß wie nie ist die Chance zur ersten deutschen Weltmeisterin seit der Goldmedaille von Heike Drechsler 1993 in Stuttgart zu werden.

Doha - Umringt von den mächtigen Bauten in Downtown Doha steht nach dem Mittagessen Malaika Mihambo vor dem Mannschaftshotel und sieht nicht aus, als könne sie irgendetwas beeindrucken. Den gelb-schwarzen Trainingsanzug der deutschen Nationalmannschaft trägt sie, hält einen kurzen Plausch mit Hotelangestellten und lacht mit anderen Athleten. Dann steigt sie in einen Wagen und fährt hinaus zum Stadion.

Jetzt geht die WM endlich auch für Malaika Mihambo los, einzige Weltranglistenerste im 71-köpfigen Team des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV). An diesem Samstag (16.50 Uhr/ARD) steht die Qualifikation im Weitsprung auf dem Programm; am Sonntag (18.35 Uhr MESZ/ZDF) folgt das Finale. Mihambo ist die große Favoritin und lässt daran auch keinen Zweifel: „Ich habe den Anspruch, dieser Rolle gerecht zu werden.“

Zehn Starts, zehn Siege

Auf keinem anderen deutschen Athleten ruhten im Vorfeld der WM so große Hoffnungen wie auf der 25 Jahre alten Weitspringerin aus dem badischen Oftersheim. Zehnmal ist sie in dieser Saison an den Start gegangen, zehnmal hat sie gewonnen. Dreimal steht an der Spitze der Weltjahresbestenliste der Name Mihambo, sechsmal ist sie über die Siebenmetermarke gesprungen. Ihr weitester Satz: 7,16 Meter bei den deutschen Meisterschaften Anfang August im Berliner Olympiastadion. Ebendort wurde sie vergangenes Jahr Europameisterin und schaffte damit ihren internationalen Durchbruch. Groß wie nie ist nun die Chance zur ersten deutschen Weltmeisterin seit Heike Drechsler (1993 in Stuttgart) zu werden.

Es könnte also für das deutsche Team nach dem Sensationssieg des Zehnkämpfers Niklas Kaul und der Bronzemedaille der Kugelstoßerin Christina Schwanitz (siehe auch „Mutter Schwanitz zu Tränen gerührt“) am Donnerstag der goldene Abschluss einer lange Zeit grauen WM werden. Es waren nicht nur die Rahmenbedingungen in der Gastgeberstadt, die kaum erträgliche Hitze und das fehlende Interesse an der Leichtathletik, die lange Gesichter hervorriefen. Sondern auch die Leistungen vieler deutschen Athleten.

Viele blieben unter ihren Möglichkeiten

Vor Kaul und Schwanitz war es nur die Hindernisläuferin Gesa Krause gewesen, die mit Bronze den Medaillenspiegel aufhübschen konnte. Während sie über sich hinauswuchs, blieben viele andere DLV-Starter weit unter ihren Möglichkeiten. Darunter auch die deutsche Leichtathletik-Prominenz: Vizeeuropameisterin Gina Lückenkemper, die über 100 Meter als Letzte ihres Halbfinals deutlich scheiterte, und Europameister Mateusz Przybylko, der sich mit kläglichen 2,17 Metern bereits in der Hochsprung-Qualifikation verabschiedete. Den EM-Titel hatte er im Vorjahr mit 2,35 Metern gewonnen.

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Nun will sich der DLV mit einem guten Gefühl aus Doha verabschieden – und muss seine Hoffnungen nicht allein in Malaika Mihambo setzen. Über 5000 Meter gehört am Samstag (20.25 Uhr) auch Konstanze Klosterhalfen zu den Favoritinnen. Eine weitere Sensation wäre es, könnte die 22-Jährige die Dominanz der Konkurrenz aus Ostafrika brechen. Was sie nicht davor bewahren würde, sich weiteren kritischen Fragen zur Dopingsperre ihres amerikanischen Teamchefs Alberto Salazar zu stellen. Auch in der deutschen Mannschaft schütteln immer mehr Athleten den Kopf über den Karriereweg Klosterhalfens und ihre Pläne, auch nach der WM in die USA zurückkehren zu wollen.

Ein starkes deutsches Speerwurf-Trio

Untrennbar ist dagegen das Team der Speerwerfer, das auch beim vierten internationalen Großereignis hintereinander die Medaillen unter sich ausmachen will. Olympiasieger und Europameister Thomas Röhler, Weltmeister Johannes Vetter und Vizeeuropameister Andreas Hofmann zählen allesamt auch in Doha zu den Medaillenanwärtern. Unverbesserliche Berufsoptimisten träumen gar vom historischen deutschen Dreifachsieg, dem Malaika Mihambo zusätzlichen Glanz verleihen soll. Parallel werden am Sonntagabend die Finals der Weitspringerinnen und Speerwerfer über die Bühne gehen,

Zumindest aus deutscher Sicht könnten sich also die Ereignisse am letzten Tag überschlagen – ein Szenario, von dem die Wüsten-Weltmeisterschaften im spärlich besetzten Khalifa-Stadion ansonsten ziemlich weit entfernt waren. Auch deshalb dürften die Jubelfeiern im Erfolgsfall nicht allzu ausschweifend werden. Es wird nicht viele Athleten geben, die länger als unbedingt nötig in Doha bleiben.