An der Bahn 1963: Peter Gamper (rechts), der Italiener Sergio Ottolina (links) und der Franzose Jocelyn Delecour bei einem Wettkampf im niederländischen Enschede. Foto: Dutch National Archives The Hague, Fotocollectie Algemeen Nederlands Persbureau (ANeFo), 1945-1989

Der frühere Weltklassesprinter feiert an diesem Montag seinen 80. Geburtstag.

Kornwestheim - Sein bester Lauf war ein Staffelrennen über 4x100 Meter. 1962 bei der Leichtathletik-Europameisterschaft in Belgrad flitzte Peter Gamper, der am Montag, 30. November, seinen 80. Geburtstag feiert, gemeinsam mit Klaus Ulonska, Hans-Joachim Bender und Manfred Germar in 39,5 Sekunden zur Goldmedaille. Auch sein Leben ist ein Staffellauf: Auf den ersten 100 Metern stand der Sport im Vordergrund, nach dem ersten Stabwechsel der berufliche Alltag in der Werbebranche, auf den nächsten 100 Metern sein Wirken an der Bauhaus-Universität in Weimar. Auf der Zielgeraden nun genießt er gemeinsam mit seiner Frau Renate das Leben, das ihn bereits vor über 40 Jahren nach Nieder-Roden führte.

 

Peter Gamper wurde 1940 in Ditzingen geboren. Sportlich startete er mit Fußball, schloss sich aber schnell den Ditzinger Handballern an. Sein damaliger Trainer hatte eine merkwürdige Angewohnheit: Er meldete seine Mannschaft immer für die Kreismeisterschaften der Leichtathleten an. Gamper legte 1958 die 100 Meter ohne Training in 11,0 Sekunden zurück, wurde fünffacher Kreismeister und einmal Zweiter – der Startschuss für eine erfolgreiche Leichtathletik-Karriere war gelegt. Handball spielte er daraufhin nur noch sporadisch - „damals gab es sogar noch Feldhandball“, erinnert er sich – und wechselte 1959 zu den Leichtathleten der Sportvereinigung Feuerbach, „die haben mich in ihre Staffel geholt“, erklärt Gamper. Es folgte ein kometenhafter Aufstieg: deutscher Juniorenmeister, süddeutscher Meister – und bei der deutschen Meisterschaft sicherte sich der Schwabe den dritten Platz. Noch im gleichen Jahr feierte er beim Sechs-Länder-Kampf in Duisburg sein Debüt im Trikot der DLV-Auswahl. In der damaligen UdSSR stand ein weiterer Länderkampf an, „wir waren die erste Mannschaft, die nach dem Krieg zu einem Länderkampf nach Russland durfte“, erzählt er. Ende des Jahres steigerte er bei einem Wettkampf in Dortmund seine Bestzeit auf 10,3 Sekunden und war damit der erste 18-Jährige, der diese Zeit erreichte.

Bei einer weiteren Reise ging es „rund 7000 Kilometer durch Südafrika“, erzählt Gamper. Einen Monat lang standen dabei wöchentlich zwei Wettkämpfe an. Gamper absolvierte dort die 100 Yards in 9,4 Sekunden, allerdings fand keine Windmessung statt, sodass diese Zeit nicht in die offiziellen Bestenlisten aufgenommen wurde. Weitere große Auslandsreisen der Nationalmannschaft führten ihn nach Ghana und Marokko (1961), Indien (1962) und Mexiko (1963), nachdem die Nordamerikaner den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele 1968 erhalten hatten.

1960 zog er sich im ersten Wettkampf des Jahres im April einen Muskelfaserriss zu, die Olympischen Spiele in Rom waren damit vorzeitig für ihn gelaufen. „Das war ein verlorenes Jahr“, meint Gamper, der im Folgejahr wieder den Anschluss fand, aber nicht die Qualität aus 1959 erreichte. 1962 war dann „sein“ Jahr, gleich viermal legte er die 100 Meter in 10,2 Sekunden zurück. Bei der EM in Belgrad zählte die deutsche 4x100-Meter-Staffel zu den Favoriten und holte sich schließlich vor Polen und Großbritannien die Goldmedaille. Im Einzel musste sich Gamper dagegen mit Platz drei begnügen. „Schuld“ daran war nicht zuletzt der verunsicherte Starter, der sich nach einer Reihe von Fehlstarts beim vorangegangenen Finale der Damen über 80 Meter Hürden viel Zeit mit seinem Startschuss ließ – und bei Gamper die Konzentration schon wieder schwand. Der 22-jährige Schwabe verstolperte daraufhin die ersten Meter und wurde in 10,4 Sekunden Dritter. Vorlauf und Halbfinale hatte Gamper noch in 10,3 Sekunden gewonnen. „Deutschland hatte in dieser Zeit viele gute Läufer, da war Platz drei schon eher eine Enttäuschung“, sagt Gamper. Eine Siegesprämie für das Staffel-Gold gab es vom Verband übrigens nicht.

1963 bremste ihn eine Verletzung bei den deutschen Meisterschaften in Augsburg aus, ein Jahr später musste er bei den Ausscheidungskämpfen für die Staffel verletzt erneut passen. So fand auch die Olympiade 1964 in Tokio ohne ihn statt. Die ganz große Karriere war damit vorbei. „Ich habe das Training reduziert, um mich auf das Studium zu konzentrieren“, berichtet Gamper, der von 1965 bis 1967 mit der Staffel des FV Salamander Kornwestheim dennoch dreimal Deutscher Meister über die 4x100 Meter wurde. 1966 blieben die FVKler in Hannover als erste deutsche Staffel unter 40 Sekunden und stellten in 39,9 einen DLV-Rekord auf, der vier Jahre lang Bestand hatte.

1967 heiratete er seine Renate, aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor: Der ältere Mario spielte Tischtennis und trat vor allem beruflich in die Fußstapfen seines Vaters, er arbeitete viele Jahre lang in der gleichen Branche – allerdings im Textbereich – und erhielt ebenfalls eine Reihe an Auszeichnungen. Der jüngere Florian folgte dem Vater im sportlichen Bereich, wurde mehrfacher Hessenmeister über 100 und 200 Meter sowie 1997 deutscher Hallenmeister über die 200 Meter. Mit der Staffel holte er den Titel über die 4x200 Meter in der Halle sowie über die 4x100 Meter im Freien – ebenso wie der Vater übrigens mit dem FV Salamander Kornwestheim. Peter Gamper lebte mit seiner Familie in Düsseldorf und Frankfurt und ist seit 1976 in Nieder-Roden beheimatet.

Peter Gamper feierte seine größten sportlichen Erfolge in der Staffel. Die Teamarbeit prägte auch sein weiteres Leben. Nach erfolgreichem Grafikdesign-Studium (heute: visuelle Kommunikation) an der Staatlichen Akademie für Bildende Künste in Stuttgart bestimmte fortan die Werbung seinen Weg. „Es gibt nichts Härteres als eine Werbeagentur“, sagt er. Auf die zahlreichen Auszeichnungen durch den Art Directors Club ist er ebenso stolz wie auf seine sportlichen Erfolge. Mit 54 Jahren erfüllte sich Gamper noch einmal einen Jugendtraum, als er eine Berufung an die Bauhaus-Universität Weimar erhielt und dort zehn Jahre lang als Dozent wirkte, seine Erfahrungen aus dem Bereich visuelle Kommunikation an die Studierenden weitergab.

Am Montag nun steht sein 80. Geburtstag an. Aufgrund der Corona-Beschränkungen wird es nur eine kleine Feier geben. Seine Söhne, die beide in Berlin leben, haben ihr Kommen angekündigt. „Florian habe ich schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen“, bedauert er. Allerdings kommuniziert die Familie wöchentlich über einen Videotelefon-Dienst. Und auch der Sport spielt weiter eine Rolle in seinem Leben: Dreimal die Woche walkt er mit einer Gruppe der TG Nieder-Roden für eine Stunde durch die nähere Umgebung. „Ansonsten genießen wir morgens das ausgiebige Frühstück und das Zeitungslesen“, lacht der Jubilar. Und da steht heute sogar wieder einmal etwas über den besten Lauf seiner Karriere drin.