Wieder schnell unterwegs: Nadine Hildebrand Foto: Baumann

Nadine Hildebrand ist zurück – mit großen Zielen. Denn die mehr als einjährige Verletzungspause hat der Leichtathletin eines gezeigt: Hürdenlaufen ist wie Radfahren, man verlernt es nicht.

Karlsruhe - Cindy Roleder strahlte. Sie wollte unter acht Sekunden laufen. Das ist ihr beim Leichtathletik-Hallen-Meeting in Karlsruhe gelungen. Mit 7,96 Sekunden landete sie beim Sieg der US-Amerikanerin Kendra Harrison (7,86) über 60 Meter Hürden auf dem vierten Platz. Aber Roleder lächelte noch aus einem anderen Grund: Nadine Hildebrand ist nach einer mehr als einjährigen Verletzungspause zurück auf der Laufbahn. „Es ist schön, dass sie wieder da ist“, meinte Roleder. Daran, dass die Kollegin ihr Comeback schaffen würde, hatte sie jedoch nie Zweifel: „Nadine ist eine Kämpferin. Ich wusste, dass sie zurückkommt, dass sie stark zurückkommt“, sagte die Athletin des SC DHfK Leipzig.

Nadine Hildebrand musste wegen eines Knorpelschadens im Knie 16 Monate pausieren. „Die Reha war eine harte Zeit mit vielen Hochs, aber auch richtig vielen Tiefs“, sagte die 28-Jährige. Doch Aufgeben kam nie infrage. „Ich bin ein Mensch, der gerne die Kontrolle behält“, erklärte Hildebrand. Sich von ihrem Knie den Zeitpunkt des Karriereendes diktieren zu lassen, sei unvorstellbar. Außerdem hatte sie immer ein Ziel vor Augen. Von dem Moment an, als sie erfahren hat, dass sie unters Messer muss. „Ich habe den Doc gefragt, ob ich bis zu den Olympischen Spielen wieder fit sein werde. Er sagt ‚Ja’“, erzählt die Stuttgarterin.

Hildebrand will nach Rio

Dass sie nach Rio will, darum redet Hildebrand nicht herum. Die Teilnahme an den Sommerspielen in London vor vier Jahren verpasste sie knapp. Nur 0,02 Sekunden fehlten ihr zur Norm. Um nach Südamerika zu fliegen, muss sie zeigen, dass sie die 100 Meter Hürden in 13,00 Sekunden läuft. „Das ist machbar“, sagte Hildebrand. Denn zum einen sei noch genug Zeit, zum anderen „bin ich schon schneller gelaufen als gefordert.“ Zum Beispiel 2014 in Ulm. Dort stellte sie ihre Bestleistung auf: 12,71 Sekunden.

Bei den ersten beiden Wettkämpfen in diesem Jahr zeigte sie zudem, dass mit ihr zu rechnen ist. Bei den süddeutschen Hallenmeisterschaften in Sindelfingen sprintete sie über 60 Meter Hürden auf Platz eins in 8,16 Sekunden. In Karlsruhe war sie am Samstag mit 8,15 Sekunden noch einen Tick schneller. „Das war wirklich gut, auch wenn es schade ist, dass ich das Finale knapp verpasst habe“, sagte Hildebrand. 8,10 hätte sie dafür laufen müssen, eine Zeit, die sie eigentlich drauf hat. „Dennoch bin ich zufrieden.“ Denn das Knie hält. Und die Unsicherheit weicht. „Vor meinem ersten Wettkampf nach der Pause war ich total aufgeregt“, erzählte die Leichtathletin. „Aber Hürdensprinten ist wie Radfahren. Man erinnert sich gleich wieder daran, wie es geht.“ Hildebrand hat die nächste Hürde genommen. Doch perfekt ist nicht alles. Vor allem beruflich nicht.

Hildebrand sucht eine Halbtagesstelle

Hildebrand ist Anwältin und auf der Suche nach einer Halbtagesstelle, doch die sind genauso rar wie deutsche Olympiasieger in Lauf-Disziplinen. „Das ist ein bisschen schwierig grad“, meinte die Juristin. Pausieren und sich ganz auf den Sport konzentrieren, das hat zwar Vorteile, doch dies will Hildebrand nicht. „Erstens bin ich dann sehr lange raus und zweitens brauche ich den Job für meinen Kopf“. Die Suche geht weiter.

Mit dem Sport will sie auf jeden Fall weitermachen. Bis maximal 2018. Dann findet in Berlin die Heim-Europameisterschaft statt. Ein guter Zeitpunkt zum Aufhören. Zumindest wenn bis dahin alles passt. Doch Hildebrand ist ein Typ, der sich das Karriereende nicht vorschreiben lässt und selbst sagt, wo es lang geht. In ihrem Fall am besten nach Rio. Zu den Olympischen Spielen.