2009 gewann Robert Harting in Berlin WM-Gold, bei seinem Abschied reichte es nur zu Platz sechs bei der EM. Foto: AFP

Sportlich gab es für Diskuswerfer Robert Harting bei der Leichtathletik-EM kein Happy End. Doch für den 33-Jährigen schließt sich bei seinem Abschied in Berlin dennoch der Kreis.

Berlin - Robert Harting kämpfte, jubelte, zitterte - und am Ende konnte der scheidende Diskus-Riese nach Platz sechs sogar wieder lachen: Beim letzten großen Auftritt in seiner langen und erfolgreichen Karriere zeigte der große Star der deutschen Leichtathletik noch einmal die ganze Gefühlspalette. Die Abschiedsshow des London-Olympiasiegers bei der Heim-EM in Berlin blieb in seinem „Wohnzimmer“ Olympiastadion jedoch ohne sportliches Happy End.

Beim Sieg des Litauers Andrius Gudzius (Litauen/68,46) blieb der 33-Jährige bei seiner letzten internationalen Meisterschaft mit 64,33 Metern 81 Zentimeter hinter dem Bronzerang. Silber holte sich der Schwede Daniel Stahl (68,23) vor dem Österreicher Lukas Weißhaidinger (65,14). Der Gänsehaut-Atmosphäre tat dies aber keinen Abbruch. Im Anschluss an den Wettbewerb zeigten die Organisatoren noch ein Abschiedsvideo auf den Leinwänden, dem Harting gebannt zuschaute.

Standing Ovations im Stadion

Das Publikum verabschiedete ihn mit Standing Ovations. Wie sehr die Leichtathletik-Fans auf den letzten großen Auftritt ihres Lokalmatadoren hingefiebert hatten, wurde bereits vor dem Wettbewerb deutlich. Schon beim Einzug wurde er lautstark gefeiert - Harting bedankte sich und winkte zurück. Einige Fans trugen T-Shirts mit seinem Konterfei und dem Spitznamen „Shaggy“. „Was für eine geile Zeit. Danke“, stand darauf geschrieben.

Kein Wunder, dass es bei seiner Vorstellung laut wurde. Harting begann noch verhalten, erst nach seinem zweiten Wurf auf 63,45 m zeigte er erstmals die Faust. Zwischenzeitlich lag Harting sogar auf den zweiten Rang - doch am Ende war die Konkurrenz dann doch zu stark. Auch der letzte Versuch, mit dem er sich bei der WM 2009 Gold gesichert und seinen ersten großen Titel gewonnen hatte, war zu kurz. Dabei wäre es sogar beinahe gar nicht zum großen Auftritt in Berlin gekommen. Erst auf den letzten Drücker qualifizierte er sich für die EM - obwohl gleich vier Deutsche in dieser Saison bereits weiter geworfen hatten.

Letztendlich war er aber sogar der einzige deutsche Starter im Finale. Sowohl sein Bruder und Rio-Olympiasieger Christoph sowie der Olympiadritte Daniel Jasinski waren in der Qualifikation ausgeschieden. Bei der Heim-EM in seiner Stadt war ohnehin vieles auf Harting ausgerichtet. Ein überlebensgroßes Bildnis des 33-Jährigen wird während der Zeit der EM auf die Fassade eines Hochhauses am Bahnhof Zoo projiziert, mit ihm als Zugpferd bewarben die Organisatoren die Veranstaltung. Zumal sich für Harting in Berlin der Kreis schloss - dort wo 2009 alles begann: im Olympiastadion, bei der Heim-WM.

WM-Gold 2009 in Berlin

Die Bilder, als Harting in seinem letzten Versuch den Titel holte, sich anschließend auf der blauen Tartanbahn das Trikot zerriss - sie sind deutsche Sportgeschichte. Harting wird dabei auch über Deutschland hinaus als Gesicht der deutschen Leichtathletik wahrgenommen. Als „lebende Legende“ bezeichnete ihn beispielsweise die Neue Zürcher Zeitung. Auch, weil er sich immer wieder für Themen einsetzte, die ihm am Herzen lagen. Ob zur Sportförderung, zum Anti-Doping-Gesetz oder zum Weltverband IAAF: Harting hatte etwas zu sagen - und tat es auch. Zudem sorgte auch immer wieder das Verhältnis beziehungsweise Nicht-Verhältnis zu seinem Bruder für Gesprächsstoff. Wenn er nun am 2. September beim ISTAF in Berlin sein letzter Wettkampf beendet ist, wird er eine Lücke hinterlassen. Nicht nur sportlich.