Die meisten Lehrer unterrichten gern. Foto: dpa

Die Lehrer in Baden-Württemberg gehen überwiegend gern zur Arbeit. Viele fühlen sich von der Landesregierung allerdings zu wenig unterstützt, ergab eine Befragung.

Stuttgart - Bei der Bewertung der Schulpolitik geizen die Lehrer mit guten Noten. Von den 150 Befragten im Südwesten vergab nur einer die Note „sehr gut“, 14 hingegen fanden sie „ungenügend“. Im Schnitt kam die Landesregierung bei einer Umfrage von Forsa im Auftrag des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) auf 4,0. Das entspricht dem Bundesdurchschnitt. Bayern erhielt die Note 3,7, Nord-Rhein-Westfalen 4,2. Für die anderen 13 Ländern gibt es keine Einzelauswertung. Bundesweit befragt wurden 1001 Lehrer.

„Die 4,0 wird nicht von einer verdrossenen Berufsgruppe, sondern von hoch motivierten und engagierten Lehrkräften ausgeteilt“, sagte der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand am Montag in Stuttgart. 90 Prozent gingen gern zur Arbeit und interessierten sich für ihre Fächer. Fünf von sechs Lehrern fänden es aber belastend, dass Politiker bei ihren Entscheidungen den Schulalltag nicht beachteten. So würden immer neue Anforderungen gestellt, die dafür notwendigen Stellen aber verweigert.

Zwei Drittel der Lehrer fühlen sich in Klassen mit sehr unterschiedlichen Schülern überfordert, 55 Prozent klagen über zu große Klassen. Auch die Inklusion, der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen, macht vielen zu schaffen, wenn sie keine Unterstützung durch einen Sonderpädagogen erhalten. Zwischen den Wünschen der Lehrer und der Wirklichkeit gebe es große Unterschiede, kritisierte Brand. So plädierten 78 Prozent der Befragten für erweiterte Teams mit Sozialpädagogen, Schulpsychologen und medizinische Assistenten, allerdings gebe es solche Unterstützung nur an 60 Prozent der Schulen. „Gerade im Blick auf Inklusion und Flüchtlingsbeschulung muss die Lücke dringend geschlossen werden, forderte er. Nachbesserungen seien auch bei der Fortbildung der Lehrer und bei der Gesundheitsprävention Fast jeder fünfte Lehrer mache sich Sorgen, den Anforderungen seines Berufes einmal nicht mehr gewachsen zu sein.

Die meisten Eltern wollen Ganztagsschule

Das Land fördere die fachliche Expertise der Lehrer durch umfangreiche Fortbildungsangebote und die Lehrergesundheit durch ganzheitliche Prävention und Entlastungen durch zusätzliche Lehrerstunden, sagte eine Sprecherin des Kultusministeriums. 13,5 Millionen Euro fließen 2016 die Fort- und Weiterbildung, drei Millionen in die Gesundheitsvorsorge.

Bessere Noten erhält die Landesregierung von Eltern. Für die Studie, die der Spielwaren- und Kinderkleidungsversand Jako-O in Auftrag gegeben hat, wurden 500 Mütter und Väter im Südwesten befragt. Zwei Drittel von ihnen halten die Bildungspolitik in Baden-Württemberg für besser als in anderen Bundesländern. Knapp die Hälfte meint, CDU und FDP hätten es besser gemacht.

Über drei Viertel finden es richtig, dass zusätzliche Lehrer eingestellt werden, um Flüchtlingskinder zu unterrichten. Auch der Ausbau der Ganztagsschulen wird begrüßt: 64 Prozent der Eltern wünschen einen Platz an der Ganztagsschule, die Mehrheit befürwortet offene Ganztagsschule mit freiwilligen Angeboten. Derzeit besuchen etwa 20 Prozent der Schüler eine Ganztagsschule. Besonders gefragt ist diese bei Alleinerziehenden und Eltern mit Abitur. Die Mehrheit ist auch für gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen. 84 Prozent können sich das bei Kindern mit körperlichen Einschränkungen vorstellen, bei verhaltensauffälligen und geistig behinderten Kindern sind es 44 Prozent.

Landeselternbeirat fordert bessere Information

Bei der von Grün-Rot eingeführten Gemeinschaftsschule, die je nach Leistung zum Hauptschulabschluss, zur Mittleren Reife oder zum Abitur führt, sind die Eltern gespalten, 57 Prozent sind dafür. Die meisten Gegner gibt es unter den Gymnasialeltern. Diese kritisieren auch am häufigsten, dass die Grundschulempfehlung in der vierten Klasse nicht mehr verbindlich ist. Seit 2012 können Eltern nach einer Beratung durch die Grundschule selbst entscheiden, welche weiterführende Schule ihr Kind besucht. Anders als in anderen Bundesländern ist in Baden-Württemberg die Mehrheit der Befragten gegen das Elternwahlrecht. Viele Eltern seien verunsichert, sagte Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats.

Der Landeselternbeirat, ein Beratungsgremium des Kultusministeriums, dem Vertreter aller Schularten angehören, hatte seit langem ein Wahlrecht für die Eltern gefordert. Um die richtige Wahl treffen zu können, müssten sie von den Grundschulen besser über die Stärken und Schwächen ihrer Kinder informiert werden, sagte Rees, „Ziffernoten reichen nicht“.

Den Eltern die Wahl zu geben, sei richtig gewesen, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums. Studien der Pädagogischen Hochschulen Schwäbisch Gmünd und Karlsruhe 2015 zeigten, dass Viertklässler und ihre Eltern weniger Stress hätten und sie Schüler sich wohler fühlten. Das Beratungsverfahren sei intensiviert und das Beratungsgespräch am Ende von Klasse vier neu konzipiert worden.