Streit um ein Haslacher Bauernhaus und einen Stall, in dem künftig keine Pferde gehalten werden dürfen, weil sich Pferdehaltung „nicht in die nähere Umgebung einfügt“. Foto: /Eibner-Pressefoto/Roger Buerke

Der neue Bebauungsplan „Hinter Zäunen/Gäßle“ in Herrenberg/Haslach wird einem Ehepaar künftig die Tierhaltung untersagen. Allerdings leben sie in einem Bauernhaus, das einst gerade auch für die Tierhaltung gebaut wurde.

Herrenberg - Es ist ein schmuckes Bauernhaus am Ortsrand von Herrenberg/Haslach, das Volker Mall und seine Frau im Jahr 1979 gekauft haben. Sie hatten es erworben, damit sie ihrer Leidenschaft, dem Pferdesport, frönen und dort ihre Vierbeiner halten konnten. Das taten sie denn auch mehr als 40 Jahre lang, unbehelligt von Behörden und Nachbarn. Und nicht nur sie: Auch in einem Nachbarhaus wurden bis vor kurzem Tiere gehalten, wie das halt auf dem Land so üblich ist. Und direkt neben dem Anwesen der Malls stehen noch jetzt Pferde auf der Weide, die ebenfalls zu einem Haslacher Anwesen gehören.

Der Historiker und Musikwissenschaftler Volker Mall ist nicht auf die Welt gekommen, um den Friedensnobelpreis zu gewinnen. Er hat gegen manche Widerstände mit seinen Mitstreitern auf dem Gelände des KZ Hailfingen/Tailfingeneine Gedenkstätte gegründet und war 20 Jahre Ortschaftsrat in Haslach, einem Teilort von Herrenberg. Kommunale Gremien kennt er in- und auswendig und von daher wusste er, was es bedeutete, als die Stadt Herrenberg den Beschluss fasste, am Südrand des Ortsteils Haslach ein reines Wohngebiet auszuweisen.

Im Wohngebiet ist eine Tierhaltung unzulässig

In einem reinen Wohngebiet, so wie es der neue Bebauungsplan „Hinter Zäunen/Gäßle“ vorsieht, wird eine Tierhaltung unzulässig sein. Zwar hält die Familie Mall seit zwei Jahren keine Pferde mehr, doch wollen Volker Mall und seine Frau Adelheid Mehnert-Mall nicht auf das Recht zur Pferdehaltung verzichten. Schon deswegen nicht, weil Mall Mitglied im Wanderreitverein ist, um Gleichgesinnten eine Rast im schönen Haslach zu ermöglichen.

Auch das Baurechtsamt der Stadt hat vor Ort festgestellt, dass weder im Jahr 2019 noch im Jahr 2020 dort Pferde gehalten wurden. So schien der Ausweisung zu einem reinen Wohngebiet nichts mehr im Wege zu stehen. Den Behörden war die Tierhaltung übrigens bekannt. Seine Pferde hat Volker Mall Pferde 2011 bei der Tierseuchenkasse gemeldet, außerdem war er als Tierhalter registriert. Die Stadt Herrenberg gewährte überdies eine Abwasserermäßigung für die zwei Pferde.

Andererseits wiegen auch die Argumente der Stadt Herrenberg für das Wohngebiet schwer: Wohnraum sei knapp und die Prognose weise auch für Haslach einen Bedarf an zusätzlichen Wohnbauflächen aus, der durch eine Innenentwicklung auf dem Weg der Nachverdichtung alleine nicht gedeckt werden könne, schreibt die Stadtverwaltung.

Aber, argumentiert Volker Mall, man hätte ihm doch eine Ausnahme gewähren können. Da widerspricht die Stadt auch: „Wir können den Wunsch von Volker Mall nach einer künftigen Pferdehaltung auf seinem Anwesen zwar nachvollziehen“, sagt das Bauamt, aber es handele sich hier um „eine nicht genehmigte und aus unserer Sicht auch bereits aufgegebene Pferdehaltung.“

Die Stadt argumentiert weiter: Würde man eine Ausnahme genehmigen, dann müssten wegen der Emissionen aus dem Pferdestall auch andere Flächen aus dem Wohngebiet herausgenommen werden – was die Stadt nicht will.

Die Behörden wussten von der Tierhaltung

Das wiederum geht Mall nicht in den Kopf. Weil im Haus bereits von Alters her Schweine, Hühner und Pferde gehalten wurden, könne die Tierhaltung nicht illegal gewesen sein, zumal die Behörden ja von der Pferdehaltung gewusst hätten. Zum Beweis dient ihm ein Baugesuch aus dem Jahr 1925, wo der Stall für die Großtiere erwähnt wird und ein weiterer Plan von 1938, in dem auch ein Kuh-, ein Hühner- und ein Schweinestall eingetragen sei.

Deswegen haben die Malls gegen das Vorhaben der Stadt einen Widerspruch eingelegt. Die Stadt allerdings sah „keine Möglichkeit, die Pferdehaltung nachträglich zu legalisieren“, und drohte der Familie ein Zwangsgeld von 1000 Euro an.

Ein Satz, der bei den Malls gar nicht gut ankam, weil er ja bedeutete, dass die Pferdehaltung zuvor illegal gewesen sei, obwohl sie doch 40 Jahre lang mit dem Wissen der Behörden Pferde gehalten hatten.

Deswegen schaltete das Paar einen Rechtsanwalt ein, der beim Regierungspräsidium (RP) einen weiteren Widerspruch einlegte. Doch auch dieser Widerspruch wurde vom RP zurückgewiesen.

Fügt sich nicht in die nähere Umgebung ein

Weil eine Genehmigung für die Pferdehaltung nie von den Malls beantragt worden sei, konnte sie auch nicht genehmigt werden. Außerdem sei die Pferdehaltung nicht genehmigungsfähig, weil die Pferdehaltung „sich nicht in die nähere Umgebung einfügt“, vor allem wegen der Geruchsbelästigung. Kosten des Widerspruchs: 500 Euro.

Volker Mall fühlt sich in übelster Wese ausgetrickst. Er versteht nicht, warum in einem Bauernhaus, in dem seit Generationen Großtiere gehalten wurde, die Pferdehaltung auf einmal illegal sein soll, und er versteht auch nicht, warum die Geruchsbelästigung Pferdehaltung verbiete, während nebenan doch meist acht Pferde auf der Koppel stünden. Den Widerspruch beim Regierungspräsidium hat er zurückgezogen, den bei der Stadt auch. Der Stall wird künftig leer stehen, denn: „Mit 79 Jahren schafft man sich kein neues Pferd mehr an“, so kommentiert Volker Mall durchaus nachvollziehbar sein Verhalten. Aber vielleicht braucht er ihn ja doch noch, seinen Stall, der kein Stall sein darf: falls mal wieder der Amtsschimmel vorbei galoppiert.