Fast 90 Millionen Lebensversicherungsverträge gibt es in Deutschland. Sie sind ganz unterschiedlich ausgestaltet. Foto: dpa-Zentralbild

Die Absicht großer Versicherer, ihre Altbestände zu verkaufen, schlägt Wellen. Kunden sollten jetzt aber nicht aus Sorge ihre Lebensversicherung kündigen, meint Sabine Marquard.

Stuttgart - Altersvorsorge wird von vielen Verbrauchern mit einer Lebensversicherung gleichgesetzt. Hier hat die Branche in der Vergangenheit ganze Arbeit geleistet. Wer einen Vertrag abschließt, der über mehrere Jahrzehnte läuft, wie es bei einer klassischen Lebensversicherung der Fall ist, muss darauf vertrauen, dass der Versicherer so finanzstark ist, dass er die eingegangenen Verpflichtungen in ferner Zukunft auch einhält. Verständlich, dass nun die Sorge groß ist, wenn solche Altersvorsorgeverträge an unbekannte Abwickler verkauft werden sollen, hinter denen chinesische, britische oder andere Investoren stecken. Abwicklungsplattform – der Begriff klingt aus Kundensicht alles andere als vertrauenserweckend.

Ähnlich wie Banken und Bausparkassen leiden auch Lebensversicherer unter der anhaltenden Niedrigzinsphase. Dass sich deshalb erstmals Schwergewichte der Branche von ihren Altbeständen trennen wollen, lässt auf die verschärfte Lage schließen. Doch hier endet die Parallele zu den Bausparkassen. Diese haben mit höchstrichterlichem Segen Verträge ihrer Kunden gekündigt. Das haben die Versicherer nicht vor. Sie wollen den Bestand mit allen Rechten und Pflichten an einen Spezialisten verkaufen, der mit moderner IT und ohne Vertrieb – und daher kostengünstiger als der bisherige Versicherer – die Verträge zu Ende führt.

Vertrauen nicht aufs Spiel setzen

Dass Versicherungsbestände im großen Stil verkauft werden, ist Neuland in Deutschland. Bisher ist das ohne großen Aufschlag nur bei kleineren Versicherern vorgekommen. Ob die Kunden Nachteile dadurch haben, ist noch nicht ausgemacht. Erfahrungswerte fehlen. Die Versicherer sollten bei der Auswahl der Käufer das Vertrauen ihrer Kunden nicht aufs Spiel setzen. Zwar muss die Finanzaufsicht Bafin dafür sorgen, dass die Interessen der Kunden gewahrt bleiben. Doch wie so oft bei Vorsorgeverträgen zeigt sich erst nach Jahren, ob das Produkt oder der Vertragspartner was taugt. Jetzt den Verkauf von Versicherungsverträgen zum Anlass zu nehmen und die eigene Lebensversicherung kündigen, wäre allerdings absolut verkehrt. In den meisten Fällen ist eine Kündigung ein schlechtes Geschäft für den Kunden.