Andreas Beutelspacher aus Leonberg ist blind, hat einen Stadionbesuch bei Borussia Dortmund aber in vollen Zügen genossen. „Ich freue mich wie ein kleines Kind“, sagt er.
Andreas Beutelspacher ist noch immer ganz beseelt. „Es war ein super Tag, von der ersten bis zur letzten Minute, schwärmt der 56-Jährige noch Tage nach der ganz besonderen Reise, auf die er lange hingefiebert hatte. Einmal zu seinem Herzensverein Borussia Dortmund ins Stadion, einmal die Südtribüne und die ganze Atmosphäre live erleben – mit allen Sinnen bis auf einen. Andreas Beutelspacher ist seit 2007 vollständig blind.
Borussia Dortmund macht die Teilnahme an der Champions League klar
Nun berichtet er vom Trip zum abschließenden Saisonspiel der Dortmunder Borussia gegen den Absteiger Holstein Kiel – bei dem das Heimteam mit 3:0 doch noch die Qualifikation für die Champions League klargemacht hat. „Das bleibt in Erinnerung, solange man lebt“, fasst Beutelspacher diesen so besonderen Samstag zusammen. Er hat sein Augenlicht aufgrund eines Glaukoms verloren – im Volksmund heißt das „Grüner Star“. Früher hat er sehen können, war auch bei vielen Fußballspielen – nur eben noch nie beim BVB.
Schon früh ging’s am Samstag los. Andreas Vogt, der den Stadionbesuch überhaupt erst ermöglicht und auch finanziert hat, holte ihn ab. Vogt lebt und arbeitet eigentlich in Düsseldorf, hat aber verwandtschaftliche Verbindungen nach Leonberg – und eine wohltäterische Ader. So gibt er seit einigen Jahren in der Adventszeit auf dem Marktplatz den Weihnachtsmann und verteilt Geschenke an Kinder.
„Schon um 6.30 Uhr morgens sind wir beim Bäcker erkannt worden – von Leuten, die kurz vorher den Bericht in der Zeitung gelesen hatten“, erzählt Andreas Beutelspacher lachend. Auf der Fahrt schließlich stieß das Duo auf einige Gemeinsamkeiten: Beide wurden im selben kleinen Krankenhaus im Düsseldorfer Bezirk Benrath geboren, was sie vorher nicht wussten. Außerdem wurde Beutelspacher gemeinsam mit Andreas Vogts Ehefrau Sabine konfirmiert. Die Welt schrumpfte, wie so oft, zu einem Dorf zusammen.
Eine ganze Stadt indes passt in den Dortmunder Signal Iduna Park, mit mehr als 80 000 Plätzen das größte Stadion Deutschlands. „Das ist etwa eineinhalb mal Leonberg, das muss man sich mal vorstellen“, so Beutelspacher. Dank der frühen Anreise und der speziellen Parkberechtigung mussten sich die beiden nicht durch die ankommenden Fanmassen quälen. Die Zeit reichte sogar noch für einen Besuch im riesigen Dortmunder Fanshop – und für ein Treffen mit Conny Dietz. Die erfolgreiche Paralympics-Sportlerin und frühere Stuttgarterin kümmert sich beim BVB ehrenamtlich um die Belange behinderter Menschen. Und dank ihres Engagements gelangten Vogt und Beutelspacher überhaupt erst an Tickets für eines der stets ausverkauften Dortmunder Heimspiele. „Und die kennt ja wirklich jeden“, fügt Beutelspacher grinsend hinzu.
Lob für die Moderation und eine ganz besondere Begegnung
Lob gibt es auch für die gesamte Organisation vor Ort. „Wir saßen ja in der Nähe von der Eckfahne und links von uns war die riesige Südtribüne“, so Beutelspacher, „aber man hat trotzdem, trotz dem ganzen Lärm, den Blindenkommentar sehr gut verstanden.“ Sehbeeinträchtigte Menschen bekommen an ihrem Platz – 20 davon gibt es im Signal Iduna Park – einen Transponder und Kopfhörer, über die sie einen speziellen, detailreichen Kommentar verfolgen können. „Die Moderatoren waren super“, so der Leonberger Besucher, der einem davon auch persönlich die Hand geben und sich kurz mit ihm unterhalten konnte. „Eine Stimme, die man nur vom Hören kennt, dann mal persönlich vor sich zu haben, das war schon ungewohnt“, sagt er.
Auch der Service an sich sei toll gewesen – Stadionwurst inklusive. „Man kann etwas bestellen und es wir deinem dann gebracht“, lobt Beutelspacher, der auch von den Auswärtsfans beeindruckt war. „Das waren ja offenbar acht- bis zehntausend Leute, die da aus Kiel mitgekommen sind“, schätzt er, „und das, obwohl Holstein schon abgestiegen gewesen ist.“ Und auch die hätten im Stadion richtig Radau gemacht.
Beutelspacher: „Freue mich immer noch wie ein kleines Kind“
Nach Spielende ging es dann schließlich zurück nach Leonberg. „Ich freue mich immer noch wie ein kleines Kind“, sagt er. Und auch sein Begleiter ist angetan: „Hin- und Rückfahrt verliefen gut. Tolle Fans beim BVB. Und das Ergebnis war ja auch spitze“, ist Andreas Vogt entzückt. „So funktioniert Inklusion.“
Plätze beim VfB Stuttgart
Angebot
Beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart gibt es in der MHP-Arena 30 Plätze für sehbehinderte Menschen. Sie befinden sich laut Angaben auf der Internetseite in Block 75 in der Untertürkheimer Kurve und existieren seit 2005. Angefangen hatte der Verein mit zehn Plätzen.
Ablauf
„Alle Plätze werden am Spieltag mit Kopfhörern ausgestattet, die nach Spielende wieder eingesammelt werden“, heißt es auf der VfB-Webseite. Und weiter: „Kommentatoren von SWR 1 berichten während der 90 Minuten über das Spielgeschehen und halten die sehbehinderten Zuschauer somit stets auf dem Laufenden.“