Der Spülitrick: Wenn Kontrolleure befürchten, dass vergammelte Lebensmittel weiterhin verwendet werden können, kippen sie einen guten Schuss Spülmittel darüber. Dessen Geschmack könne man weder abwaschen noch beim Kochen übertünchen, erläutern die Experten. Foto: Stadt Stuttgart

Die Stuttgarter Lebensmittelüberwachung hat im vergangenen Jahr extrem viele Betriebe kontrolliert. Wenn in einem Lokal eklige Zustände herrschen, darf das im Internet veröffentlicht werden. Ein Wirt ging juristisch dagegen vor.

Stuttgart - Mit etwas schwarzem Humor könnte man die neue Internetseite des Verbraucherschutzministeriums auch als einen extrem zuverlässigen Restaurantführer bezeichnen. Denn seit November 2018 können dort Betriebe im Land, in denen die Lebensmittelkontrolleure unhygienische Zustände gefunden und sie deswegen schließen ließen, nachgeschlagen werden. Mit Name des Lokals, Anschrift und ausführlicher Begründung der Beanstandung. Das habe noch keine großen Wellen geschlagen, sagt der Leiter der Lebensmittelüberwachung bei der Stadt Stuttgart, Thomas Stegmanns, – obwohl bereits 17 Betriebe aus der Landeshauptstadt auf der öffentlich einsehbaren Liste stehen.

Sehr wohl hat das Thema aber schon die Justiz beschäftigt. Erst am vergangenen Freitag sei ein Verfahren am Stuttgarter Verwaltungsgericht entschieden worden. Ein Gastronom hatte sich per Eilantrag gegen die Veröffentlichung gewehrt. Das Gericht gab jedoch den Kontrolleuren Recht: „Aufgrund der Fotos, die in den Akten waren, hat das Gericht so entschieden“, sagte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) bei der Vorstellung des Berichts der Lebensmittelüberwachung für das vergangene Jahr. Man rechne mit rund 50 bis 60 Veröffentlichungen auf der Seite pro Jahr. Nach sechs Monaten müssen diese wieder gelöscht werden, betonte Stegmanns.

Die Kontrolleure schließen mehr Betriebe als im Jahr zuvor

Das klingt schlimmer als es ist. Zwar waren die Zustände in den Betrieben zum Zeitpunkt der Kontrolle durchaus nicht gut. Doch in den meisten Fällen steht in der letzten Spalte der Übersicht zu lesen, dass die Mängel bei einer Nachkontrolle beseitigt gewesen seien. Doch insgesamt haben die Kontrolleure im vergangenen Jahr 175 Betriebe schließen lassen, 55 mehr als im Jahr davor. Stegmanns begründet das mit der gestiegenen Kontrollquote: 51,8 Prozent der Stuttgarter Lebensmittelbetriebe wurden kontrolliert. Das waren knapp 11 000 Kontrollen in 6370 Betrieben. Die Zahl der Kontrollen ist höher als die der besuchten Betriebe, weil eine Nachkontrolle fällig wird, sobald ein Mangel festgestellt wird. „Man merkt, dass wir wieder die volle Personalstärke haben“, betonte Stegmanns. Der Mangel an Kontrolleuren war jahrelang ein Problem in der Stadt gewesen. Nun habe man wieder so viele Leute wie zu Zeiten des Wirtschaftskontrolldienstes.

Dass mehr Betriebe geschlossen wurden, sei kein Grund zur Aufregung. Aus jahrelanger Erfahrung könne er sagen, dass der Standard in Stuttgarts Lebensmittelbetrieben insgesamt sehr gut sei. „Aber die Negativbeispiele haben wir natürlich schon“, fügte Stegmanns hinzu. So etwa der Betrieb, in dessen Keller ein Mäuseproblem bestand. „Überall standen Fallen, der Chef war sich der Lage also bewusst“, so Stegmanns. Die Kontrolleure handelten umgehend, als sie im Keller einen Kochtopf mit zwei platt gedrückten, ausgetrockneten und halb verwesten toten Mäusen fanden. Gegen den Betreiber wurde eine Strafanzeige erstattet. Wer angezeigt wurde, ist ebenso ein Fall für die Veröffentlichung auf der Seite des Verbraucherschutzministeriums wie ein Betrieb, der ein Bußgeld in Höhe von 350 Euro wegen Hygieneverstößen bezahlen musste.

Gäste melden den Kontrolleuren die schwarzen Schafe

Auf manche schwarze Schafe werden die Kontrolleure durch Gäste aufmerksam gemacht, denen das Essen komisch vorkam. 355 Beschwerden gingen im vergangenen Jahr ein. In einem Lokal hatte ein Mann Calamares gegessen, die ihm komisch vorkamen. Bei einer Kontrolle fanden die Fachleute der Lebensmittelüberwachung einen Eimer mit Fischresten und Vorräten, die nicht mehr ganz in Ordnung waren. „Da haben wir dann einen Trick um zu garantieren, dass das nicht mehr im Kochtopf landet: Wir kippen Spüli darüber“ verrät Stegmanns. Den Geschmack bekomme man durch Abwaschen oder Kochen nicht mehr weg. So verfahre man auch bei Eiswürfeln, wenn die Eismaschine verschimmelt oder gammelig sei.

Noch so ein Trick sei es, nach der Kontrolle die Polizei vorbeizuschicken, wenn ein Betrieb dichtgemacht wurde: „ Das Lokal darf wieder öffnen, sobald der Mangel beseitigt ist und unsere Leute sich davon überzeugen konnten. Meist ist das schon einen Tag später der Fall. Aber wir wollen sicherstellen, dass sie nicht zwei Stunden später weitermachchen, ohne geputzt zu haben“, sagt Stegmanns. Daher die Kooperation mit der Polizei. Das klappe besonders gut, wenn es um Lokale geht, wo die Beamten vom zuständigen Revier ihr Vesper holen.