Tiere und Schmutz in Küchen von Lokalen sind die Quelle von Keimen in den Speisen Foto:  

Seit diesem Jahr müssen die Behörden die Namen von Restaurants veröffentlichen, die gravierend gegen Hygienevorschriften verstoßen. Bei aller Unerfreulichkeit des Themas: Das Ergebnis ist im Grund erfreulich.

Böblingen - Der Weg zu den Namen der Frevler gleicht einem Labyrinth. Die Lebensmittelkontrolleure haben nach jahrelangem Hin und Her keine Wahl mehr: Finden sie in einem Lokal ekelerregende, vor allem gesundheitsgefährdende Zustände, müssen sie den Namen des Betriebs veröffentlichen. Dies geschieht an einem von der Branche so gescholtenen „Internetpranger“ auf Behördenseiten. Zumindest beim Landratsamt Böblingen aber offenbar widerwillig. Wer die Sünderliste sucht, braucht Hartnäckigkeit, um die Hürden der gesammelten Links und Querverweise zu überwinden.

Dabei ist das Ergebnis bei aller Unerfreulichkeit des Themas im Grunde erfreulich. Fünf Restaurants hatten in der ersten Hälfte dieses Jahres so schwer gegen die Gesundheitsgesetze verstoßen, dass ihre Namen veröffentlicht wurden. Bagatellen genügen dafür nicht. Bei rund 2200 Kontrollen im Jahr entspricht dies gerade mal einer Promille-Quote.

Die Liste bestätigt ein altes Vorurteil über asiatische Küche

Die Liste bestätigt – nicht nur im Kreis Böblingen – ein altes Vorurteil: Wer asiatische Küche liebt, sollte sein Lokal sorgsam auswählen. Vier der Lebensmittelfrevler sind Asiaten. Die Nummer fünf war ein alteingesessener Italiener. Dessen Betreiber hatte es mit dem Verfallsdatum seiner Meeresfrüchte und dem Putzen seines Lebensmittellagers allzu lax gehandhabt. Das Lokal ist inzwischen geschlossen. Ländliche Betriebe sind nicht betroffen. Alle Sünder haben ihre Adressen in den großen Städten des Landkreises.

Eigentlich hatte der Bundestag schon 2010 gewollt, dass Frevler namentlich genannt würden. Klagen aus der Lebensmittelbranche verzögerten das Vorhaben. Insbesondere das Bäckerhandwerk wetterte gegen schwammige Kriterien und einen existenzgefährdenden Pranger. Der Bundesrat hegte ebenfalls Bedenken, und tatsächlich entschied im März des vergangenen Jahres das Bundesverfassungsgericht, das Gesetz müsse nachgebessert werden. Dies ist inzwischen erledigt.

Das Amt bemüht sich um einen verbal schonenden Umgang mit der Branche

Unabhängig von den Extremfällen veröffentlichen die amtlichen Kontrolleure ihre Jahresberichte. Derjenige für das Jahr 2018 im Landkreis Böblingen ist jüngst erschienen. Auch darin bemüht sich das Amt um einen verbal schonenden Umgang mit der Lebensmittelbranche. „Heftklammern im Wabenhonig“ sind schon das drastischste Beispiel.

Deutlicher wird die übergeordnete Kontrollbehörde, die Chemische und Veterinär-Untersuchungsanstalt in Fellbach (Rems-Murr-Kreis), kurz CVUA. Bei ihr werden verdächtige Proben eingehend untersucht. Im CVUA-Bericht finden sich Kakerlaken auf der Pizza, Maden im Fleisch, Gift im Glühwein, Döner auf dem Küchenboden, verdorbener Fisch und sogar eine humoristische Rubrik „Kurioses“. Aktuell ist dort beschrieben, wie Kontrolleure einen Wirt auf seiner Toilette aufstöberten, wo er Eiswürfel für die Drinks der Gäste herstellte.

Die Prüfer stoßen auch im Kreis Böblingen auf Ekelfälle

Selbstredend stoßen die Lebensmittelprüfer auch im Kreis Böblingen auf Ekelfälle. Ananas auf verschimmeltem Sperrholz zählte dazu, verdorbene Muscheln, „ekelerregender Geruch“ im Lebensmittellager oder zusammengefasst: „unhygienische Zustände im gesamten Betrieb“. Elfmal erstatteten die Kontrolleure 2018 sogar Strafanzeige. 59 Betriebsinhaber zeigten sie wegen einer Ordnungswidrigkeit an. In 92 Fällen verfügten sie eine formale Anordnung, um sicherzustellen, dass alle Mängel beseitigt würden.

Sieben Kontrolleure sind im Landkreis für gut 5000 Betriebe zuständig. Dazu zählen bei Weitem nicht nur Restaurants, sondern sämtliche Anbieter von Lebensmitteln, also auch Kioskbetreiber, die nur abgepackte Süßigkeiten oder Saft in Tüten verkaufen. Rein rechnerisch muss jeder Betriebsinhaber damit rechnen, alle zwei bis zweieinhalb Jahre überprüft zu werden. Faktisch sind beispielsweise Metzger oder Großküchen, die Kindergärten beliefern, weit häufiger das Ziel der Prüfer – bis hinunter zum monatlichen Besuch.

Von den Routinekontrollen abgesehen, gehen die Prüfer Meldungen von Kunden nach, die einen Verdacht auf einen Gesetzesverstoß hegen. Dies war im vergangenen Jahr 541-mal der Fall. Dies klingt zunächst nach einer Masse von Verstößen, die sogar für Laien offensichtlich sind. Zu dieser Rubrik zählen allerdings auch Versäumnisse bei der Kennzeichnung von Inhaltsstoffen auf Speisekarten. Der gesetzestreue Wirt muss seine Gäste auch davor warnen, dass Cola Koffein enthält und Käse ein Milchprodukt ist.