Ein weiß lackiertes Fahrrad, von vielen als Geisterrad bezeichnet, erinnert an den tödlichen Unfall und warnt zugleich. Foto: Werner Kuhnle

Die Querung der Straße zwischen Murr und Höpfigheim hat es offenbar in sich: Zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre ist hier ein Radfahrer ums Leben gekommen. Warum ist es dort so gefährlich?

Die beiden älteren Radfahrer, die die Straße von Murr Richtung Höpfigheim überqueren, schauen betroffen auf die noch gut zu sehenden Markierungen auf der Fahrbahn. „So willst du auch nicht ums Leben kommen“, sagt der eine. Abgestiegen sind die beiden nicht von ihren Rädern, aber sie sind langsamer gefahren und haben in beide Richtungen geschaut, um zu prüfen, ob die Straße frei ist. Das hat vermutlich ein 82-Jähriger versäumt, der hier gut eine Woche zuvor an ebendieser Stelle ums Leben gekommen ist. Und er war nicht der erste Radler, für den die Kreuzung der Anliegerstraße, die eher einem Feldweg ähnelt, mit der Straße zum tödlichen Verhängnis wurde. Im Jahr 2019 war an eben dieser Stelle ein 77-jähriger Radfahrer verunglückt, im vergangenen Jahr kollidierte zudem ein aus Richtung Pleidelsheim kommender Radler mit einem Motorrad, dessen Geschwindigkeit er offenbar unterschätzt hatte – zum Glück ohne schlimmere Folgen. Wer öfter mit dem Rad diese Stelle passiert, wundert sich. Denn ein Vorfahrtsschild weist darauf hin, dass hier eine bevorrechtigte Straße kreuzt. Und eigentlich, sagen viele, sei die Stelle übersichtlich.

Warum ist die Stelle so gefährlich?

Warum es dennoch zu Unfällen und Beinahe-Unfällen kommt? Eine Rolle könnte die etwa 2,20 Meter hohe Hecke spielen, die aus Richtung Steinheim kommend ein Stück weit die Sicht versperrt. Erst zehn Meter vor der Einmündung in die Kreisstraße gibt sie den Blick auf den aus Murr kommenden Verkehr frei. Wer mit dem Rad zu flott unterwegs ist, kann da nicht mehr ohne Weiteres bremsen. Und auch den Autofahrern nimmt die Hecke die Sicht. Zu schnelle Radfahrer können von ihnen auch erst wahrgenommen werden, wenn sie schon an der Hecke vorbei sind.

Je nach Sonneneinstrahlung, Konzentration und eigener Sehschärfe kann es auch sein, dass man das dreieckige Warnschild übersieht. Die Straße fällt aus der Entfernung kaum auf, der Radweg verläuft aus beiden Richtungen lange vor der Kreuzung schnurgerade, so dass man da leicht in einen gewissen „Flow“ kommen kann und nicht mehr richtig auf die Umgebung achtet.

Keine Geschwindigkeitsbegrenzung

Was ebenfalls eine gewichtige Rolle spielen dürfte: An dieser Stelle gibt es für die aus Murr herannahenden Autofahrer keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Das heißt, ab dem Ortsende von Murr dürfte man hier mit hundert Stundenkilometern unterwegs sein. In der Gegenrichtung weist vor dem Ortsschild Murr ein Schild auf Tempo 70 hin, allerdings erst ab dem Lindenhain/Riedbach. Da ist man an der Unfallstelle schon vorbei.

150 Meter vor der Einmündung des Radwegs, der vor allem im Sommer von Besuchern des Wellariums in Steinheim gern genutzt wird, ist in beiden Fahrtrichtungen ein dreieckiges Warnschild, das auf Radfahrer in 150 Meter Entfernung hinweist. Aber wie weit genau sind 150 Meter? Je nach Tempo schwankt da die individuelle Einschätzung.

Torsten Bartzsch, der Bürgermeister von Murr, zeigte sich betroffen. „Jeder Unfall ist einer zuviel, egal, ob tödlich oder nicht“, sagte er. In Sachen Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Landstraße seien der Gemeindeverwaltung allerdings die Hände gebunden: „Das ist Sache des Landkreises.“ Und auch eine deutlichere Markierung auf dem Feld- oder Radweg, wie sie von manchen Nutzern auf Facebook gefordert wird, könne man nicht einfach so vornehmen, obwohl der Weg sich auf Murrer Gemarkung befinde. „Jegliche Beschilderung oder Kennzeichnung muss von der Straßenverkehrsbehörde angeordnet werden.“ Man werde aber einen Vor-Ort-Termin mit Mitarbeitern vom Landratsamt und der Polizei machen, um sich die Stelle genau anzuschauen.

Verbesserungen können lang dauern

Andreas Fritz, der Sprecher des Landratsamts, teilt mit, für die Prüfung, ob verkehrsrechtliche Maßnahmen notwendig werden, sei der Unfallhergang wichtig. „Nach unserer Kenntnis wurde bereits ein Gutachter mit der Klärung des Unfallhergangs beauftragt. Eine Bewertung möglicher Maßnahmen kann erst anschließend erfolgen.“

Eine Gefahrenstelle am Monrepos in Ludwigsburg, wo ein Radweg die B 27 entlang führt und ein Fuß- und Radweg vom Monrepos kommend kreuzt, wurde im vorigen Jahr deutlich gekennzeichnet – allerdings erst, nachdem eine 71-jährige Pedelec-Fahrerin nach einem Zusammenstoß mit einem anderen Radfahrer ums Leben gekommen war. Nun weisen auf den Boden gemalte dreieckige Warnzeichen und ein im Kreuzungsbereich rot markierter Radweg deutlich auf die Gefährlichkeit hin. Eine verkehrsrechtliche Anordnung hat es laut Auskunft der Pressestelle der Stadt dort nicht gegeben. „Die Polizei ist von sich aus auf uns zugekommen und hat gefragt, ob man die Kenntlichmachung nicht verbessern könne. Das haben wir umgesetzt und dann den Landkreis informiert“, sagt Sprecherin Susanne Jenne. Die Stelle sei jedoch kein Unfallschwerpunkt.

Warnungen hat es aber schon vorher gegeben. „Seit Jahren haben Bürgerverein, Stadtteilausschuss und viele Bürger auf die Gefährlichkeit dieser Stelle hingewiesen“, sagt Carolin Völlm vom Bürgerverein Eglosheim. Es seien aber nur ab und zu Pflanzen zurückgeschnitten worden. Warum nicht mehr und auch nicht früher etwas geschehen ist, konnte bei der Stadt niemand beantworten. Der zuständige Mitarbeiter sei im Urlaub, hieß es auf Anfrage dieser Zeitung.