Eine Garage dient Tanja Selten als Atelier, in dem sie mit fluoreszierenden Farben und Schwarzlicht experimentiert. Foto: Sabine Schwieder

Als Biologin mag die Sindelfingerin Tanja Selten leuchtende Tiefseefische, als Künstlerin bearbeitet sie Fotografien mit fluoreszierenden Farben.

Vaihingen/Sindelfingen - Wenn es in den Ausstellungsräumen von Kultur am Kelterberg gelegentlich fluoreszierend leuchtet, dann hat meist Tanja Selten ihre Hand im Spiel. Die Künstlerin und Lehrerin aus Sindelfingen experimentiert gerne und als Lieblingsfarbe nennt sie spontan „Bunt“. Am Kelterberg wurde so schon aus einem kleinen Abstellraum eine grün leuchtende Schatzkammer, bei der jüngsten Mitgliederausstellung war sie mit einem Dschungel aus Ästen vertreten. Die Grundlage ihrer Arbeiten bilden Fotografien, die sie auf ihren Spaziergängen macht. Im Atelier in Sindelfingen bearbeitet sie diese Fotos mit fluoreszierenden Farben. Bei Veränderung des Tageslichts oder durch die Bestrahlung mit Schwarzlicht wird die Atmosphäre der Bilder verändert.

Kunst und Biologie

Tanja Selten, Jahrgang 1975, wuchs in Ehningen in einer künstlerisch interessierten Familie auf. Insbesondere der Vater, der ihr das Talent zum Zeichnen und Malen ebenso wie eine große Liebe zur Natur mitgegeben hat, förderte seine Tochter so gut es ging. Mit dem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und dem Biologie-Studium in Karlsruhe und später in Hohenheim konnte Tanja Selten zwei Interessensgebiete wunderbar kombinieren: Kunst und Biologie.

Sie sei gerne Lehrerin, sagt die 43-Jährige, die in einem beruflichen Schulzentrum in Leonberg Schüler der älteren Jahrgänge unterrichtet. Neben den Absolventen des Wirtschafts- und Technikgymnasiums sind das angehende Erzieher, denen sie Techniken an die Hand gibt, die diese später im Kindergarten einsetzen können. Mit den Oberstufenschülern dagegen macht sie zum Beispiel Entwürfe für ein Tattoo – obgleich sie kein Befürworter von Haut als Leinwand ist.

Wimperntusche und Lippenstift als Zeichenutensilien

Im Biologiestudium musste sie Zellen detailliert zeichnen, doch für die genaue Feinarbeit, so beschreibt sich Tanja Selten selbst, sei sie nicht geeignet. Zwar erfordert ihre Arbeitsweise ebenso viel Geduld, manche Bilder hat sie wochenlang in der Mache, doch das Ausprobieren und Aufeinanderschichten ist mehr ihr Ding. Und sie liebt ungewöhnliches Material: für die Abschlussarbeit an der Kunstakademie verwendete sie Wimperntusche und Lippenstift als Zeichenutensilien.

Zur Zeit hat sie ihre Unterrichtszeit etwas reduziert. Die zweifache Mutter möchte ausreichend Zeit für ihre Kunst haben, die in einer Garage in Sindelfingen entsteht. Tanja Selten ist Mitglied nicht nur am Kelterberg, sondern auch bei Kunst Stuttgart International und beim Kunstverein Freies Gestalten Böblingen/Sindelfingen. Für die derzeitige Gruppenausstellung des Künstlerbundes Stuttgart „Abstrakte“ hat sie zwei Arbeiten zur Verfügung gestellt, die im dortigen Café zu sehen sind. Abstrakt sind ihre Arbeiten jedoch nicht, eher abstrahiert. Inspiriert zu ihrer Farbwahl wurde Tanja Selten durch die Biologie. Immer schon sei sie fasziniert von Glühwürmchen oder Tiefseeorganismen mit Leuchtorganen gewesen. „Das hat etwas Traumhaftes, Märchenhaftes“, findet die Künstlerin. Und wirklich: während sie das Garagentor schließt und eine Schwarzlichtlampe mit ihrer ultravioletten Strahlung anschaltet, entwickeln die Arbeiten an der Wand ein Eigenleben. Diese Veränderung ist Teil der Kunst, wenn es auch nicht immer möglich ist, in Ausstellungen eine geeignete Lampe aufzustellen.

Inspiriert von der Natur

Die Motive der Bilder, die alle keine Titel tragen, sind ausschließlich in der Natur entstanden. Es sind Äste, Waldstücke, Natur, die sich manchmal im Wasser spiegelt. Bei Wanderungen hat Tanja Selten immer die Kamera dabei, manchmal geht sie auch gezielt auf Motivsuche. Die Fotos werden zunächst am Computer bearbeitet, auf eine Leinwand übertragen und schließlich mit fluoreszierenden Farben bearbeitet. Die Leuchtfarben verstärken das Element der Tiefenwirkung. Auch an den Blasen, die aus ihrer neuesten Serie mit Bildern von Insekten, Spinnweben oder Bakterien zu steigen scheinen, hat Tanja Selten lange herumexperimentiert. Das Geheimnis dazu gibt sie nicht preis, nur so viel: es geht um Wärme, die ein Heizstrahler in der Garage ausstrahlt.

Unter dem Titel „Abstrakte und Gegenstandslose“ sind im Café des Künstlerbundes Stuttgart am Schlossplatz bis zum 15. September Arbeiten von Mitgliedern zu sehen. Tanja Selten hat mit zwei Bildern dazu beigetragen.