Elena Schmidt erreicht die Tiefenwirkung ihrer Arbeiten durch den Einsatz von Teebeuteln. Foto: Sabine Schwieder

Im Atelier von Elena Schmidt dreht sich alles um Teebeutel, mit deren Pigmente sie Fotos und Gemälde bearbeitet.

Vaihingen/Hildrizhausen - Elena Schmidt ist eigentlich Kaffeetrinkerin. Glücklicherweise hat sie viele Teetrinker unter ihren Freunden, denn im Atelier der Künstlerin aus Hildrizhausen spielt der Einsatz von gebrauchten Teebeuteln eine große Rolle. Ihre Collagen sind zur Zeit in einer Gemeinschaftsausstellung mit der Vaihingerin Susanna Lakner am Kelterberg zu sehen. Die beiden Künstlerinnen, die sich zuvor nur flüchtig kannten, haben ihre Arbeiten unter dem Titel „Schnitt für Schnitt“ zusammengestellt und dabei die Erfahrung gemacht, dass eine unterschiedliche Arbeitsweise durchaus zu harmonischen Ergebnissen führen kann.

Im vergangenen Jahr hat Elena Schmidt in Vaihingen auf sich aufmerksam gemacht, als ihre Collage „Heinz und Käthe“ mit dem ersten Otto-F.-Scharr-Kunstpreis ausgezeichnet wurde. Für die jetzige Ausstellung am Kelterberg hat sie überwiegend Porträts ausgewählt, denn Menschen stehen bei ihr seit jeher im Mittelpunkt.

Früh geübt und spät berufen

1964 in einem kleinen Dorf am Albtrauf geboren, wurde Elena Schmidt stark von ihrer Mutter geprägt, die der Meinung war, man könne aus Nichts etwas zaubern. Sie sei praktisch in der Stoffkiste der Näherin und begeisterten Töpferin aufgewachsen, sagt die Malerin, die seit mehr als zehn Jahren mit Teefiltern und anderen Abfallmaterialien arbeitet. Ein Aktzeichenkurs im Alter von 17 Jahren brachte sie zu ihrem Thema, den Menschen. Die Grundlagen für ihre Kunst musste sie sich allerdings mühsam erarbeiten, denn erst einmal ging es um eine „ordentliche“ Ausbildung. Jura in Konstanz, eine Kürschnerlehre in Esslingen, ein Jahr Tätigkeit in Degerloch in diesem aussterbenden Beruf, die Arbeit in einem Vaihinger Drogeriemarkt und einem Modegeschäft: Nichts ließ erahnen, dass eines Tages in einem eigenen Atelier prämierte Kunst entstehen werde.

„Upcycling-Kunst“

Erst spät konnte Elena Schmidt an der Freien Kunstschule Malerei studieren. Und fand zu ihrer Handschrift: „Es ist bis heute eine Gratwanderung zwischen Figürlichem und Abstraktem“, erläutert sie. In Hildrizhausen erwarb die Familie ein altes Haus, dessen Instandsetzung während der Familienphase ihre ganze Kraft beanspruchte. In abendlichen Kunstkursen bildete sie sich weiter, seit 2002 beteiligt sie sich regelmäßig an Ausstellungen.

Zwei Wege führen zu ihrer, wie sie es nennt, „Upcycling-Kunst“ mit unterschiedlichen Materialien. Mixed Media heißt der Fachbegriff, der die Bilder jeglicher Schublade entzieht. Elena Schmidt verändert Fotos digital, lässt sie schwarz-weiß auf eine Leinwand drucken und bearbeitet sie anschließend mit Acrylfarbe. Wie bei den eigenen Gemälden als Grundlage werden diese Arbeiten zuletzt intensiv verändert: mit dem passenden Teefilter und Farbe, die meist erdig und alles andere als schrill wirkt. Durch die unterschiedliche Textur der Filter bekommen ihre Bilder eine ungewöhnliche Tiefenschärfe.

Bilder, die sich verändern

Pfefferminztee der Marke Meßmer, so hat die Künstlerin dabei festgestellt, wirkt sich völlig anders aus als derjenige von Teekanne. In mehr als zehn Kisten mit jeweils etwa 50 Teebeuteln hat sie diverse Sorten gesammelt – und sie hat ganz genau im Kopf, welcher Filter welche Effekte erreicht. Wer ihre Arbeiten kauft, muss sich darüber im Klaren sein, dass sich das Bild mit der Zeit verändert: Teepigmente sind organischen Ursprungs und unterliegen einem Wandel. Zugleich bilden sie eine Art Schutzhaut. „Emotionen sind schützenswert“, bemerkt Elena Schmidt dazu, „alle Menschen brauchen Schutz, Wärme und Geborgenheit. Heute mehr denn je“.

„Let’s play together“

Dabei ist der Ursprung oft kaum mehr zu ahnen. Aus einem rotbackigen irischen Jungen mit roten Haaren wurde ein osteuropäisch aussehender „Pjotr“ mit feinen Gesichtszügen. Aus einer Madonna von Raphael könnte ein Punker werden. Das berühmte „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ von Jan Vermeer wirkt in der Interpretation der Künstlerin einmal wie eine Medusa, wie ein Textilstück oder wie eine Steinbüste. „Mir geht es nicht um das Porträt, mir geht es um den Ausdruck, die Emotion“, sagt Elena Schmidt dazu.

Emotionen wecken auch die 50 Kinderschuhe, die sie bei einem Strandspaziergang in Kroatien gesammelt und in einem der Ausstellungsräume in der Mitte platziert hat. Sie sind umgeben von Kindergesichtern der Serien „Let’s play together“. Sie zeigen Kinder aus unterschiedlichsten Kulturkreisen: Kinder mit traurigen Augen, die viel Leid erlebt haben, Kinder, die fröhlich lachen. Daneben präsentiert Elena Schmidt runzlige Alte, deren Schönheit ebenso bewahrt wurde wie ihre Würde.

Gemeinsam mit Susanna Lakner zeigt Elena Schmidt derzeit im Kunstverein Kultur am Kelterberg, Kelterberg 5, ihre Collagen und Gemälde. Die Ausstellung mit dem Titel „Schnitt für Schnitt“ ist bis zum 28. Oktober samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr zu sehen.