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Ein Stadtspaziergang im Stuttgarter Süden zeigt, dass es für die 29 000 über 65-Jährigen, die in der Innenstadt leben, viele Probleme gibt, die Jüngere so nicht wahrnehmen.

S-Süd - Bordsteinkanten sind echte Hindernisse – mit dem Rollator kaum zu bewältigen. Manch ein Bewohner der Senioren-Residenz Hohentwiel im Stuttgarter Süden muss deshalb mehrere Meter Umweg in Kauf nehmen, um überhaupt die Straße überqueren zu können und zur Haltestelle Südheimer Platz zu gelangen. Solche Schwierigkeiten gehören für die 29 000 Menschen in der Stuttgarter Innenstadt. die älter als 65 Jahre sind, zum Alltag. Diese Fragen im Süden zu thematisieren, hat sich Rainer Prokopez zur Aufgabe gemacht. Der Demografielotse und Delegierte des Stadtseniorenrats für den Süden zeigt bei einem Spaziergang durch Heslach beispielhaft einige Probleme in der Innenstadt auf. Dazu gehören kaputte Gehwege, unüberwindbare Höhenunterschiede und fehlende Sitzbänke.

Ausgangspunkt des Rundgangs mit Rainer Prokopez ist der Südheimer Platz. Dort sei nicht nur die hohe Bordsteinkante eine Schwierigkeit, erläutert der Demografielotse. Wer die Gleise an der Ampel weiter unten zu queren versucht, müsse schnell sein. „Das Signal kommt so spät, dass Senioren dort nicht in Ruhe drüber gehen können“, sagt er. Zumal Fußgänger die Bahn aufgrund der Kurve erst sehr spät sähen. Selbst wer die Haltestelle erreicht, muss aufpassen, gibt auch Rupert Kellermann, der Bezirksvorsteher von Stuttgart-Süd, zu Bedenken. Denn aufgrund der Kurve sei der Abstand zwischen Bahn und Haltestelle für ältere Menschen eine Stolperfalle.

Idee eines Mehrgenerationenplatzes

Rainer Prokopez wünscht sich auf seinem Spaziergang zudem mehr Aufenthaltsflächen für Senioren. Am Südheimer Platz gebe es zwar Spielgelegenheiten für Kinder, aber keinen Bereich für Senioren, sagt er. Er könnte sich dort – ähnlich der Anlage im Schlossgarten – eine Boulebahn vorstellen, so dass ein Mehrgenerationenplatz entstünde.

Auf dem Weg von der Burgstallstraße in die Bachwiesenstraße zeigt sich laut Prokopez an der Ecke zur Neugereutstraße noch ein weiteres Problem: das leer stehende Geschäft der Bäckerei Dann. „Alle beklagen sich über die vielen Autos, aber wenn solche Nahversorger wegfallen, sind immer mehr Menschen auf Autos angewiesen“, sagt Prokopez. Dass es zwischen den Wohnhäusern einst mehr Geschäfte gegeben hat, davon zeugen in der Hahnstraße und im Böhmisreuteweg noch die großen Fenster im Erdgeschoss einiger Häuser. Ein Stück weit aber hätten die Bürger die Qualität ihrer Nahversorgung selbst in der Hand, sagt Rupert Kellermann auf das Thema angesprochen. „Wenn die Menschen bei den kleinen Lebensmittelgeschäften um die Ecke nur hin und wieder ein Stück Butter kaufen, können diese Geschäfte nicht überleben“, sagt der Bezirksvorsteher.

Zu wenig Sitzbänke und öffentliche Toiletten

Wer in der Hahnstraße im Süden entlang geht, sollte über solche Fragen aber nicht all zu lange sinnieren. Das gilt für alt wie jung, denn der eine oder andere Autofahrer hält sich dort nicht an die Einbahnstraßenregelung und rast entgegen der Fahrtrichtung hindurch. Auch in anderer Hinsicht werden die Autos zum Problem. Sind Kreuzungen zugeparkt, ist das Überqueren von Straßen für Ältere noch schwieriger. In der Taubenstraße weist Rainer Prokopez zudem auf die Risse im Gehweg hin. Die viereckigen Platten dort liegen längst nicht mehr plan im Gehweg und werden so – mit oder ohne Rollator – zum Risiko. „Das ist an mehreren Stellen der Fall“, warnt Prokopez, bevor er im Generationenhaus Heslach einen Kaffee trinkt.

In Sachen Seniorenfreundlichkeit gibt es auch laut den Bezirksvorstehern von Mitte und West noch Nachholbedarf in der Innenstadt. Reinhard Möhrle hat für den Westen zum Beispiel die Haltestelle an der Johannesstraße im Blick. Dort sei der Einstieg in den Bus für Ältere aufgrund des Höhenunterschieds ein Problem. Zudem kritisiert der Bezirksvorsteher die Schlaglöcher auf den Busrouten: „Das spüren besonders die älteren Menschen im Kreuz und fahren deshalb nicht gerne Bus.“ Wer dagegen zu Fuß geht, dem fehlt es an Sitzbänken, um sich kurz auszuruhen. Das ist auch in Mitte nicht anders. „Vor Jahren sind bei uns viele Bänke abgeschraubt worden“, sagt die dortige Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Damit wollte man verhindern, dass diese von Obdachlosen belegt werden. Jetzt fehlten sie den älteren Menschen ebenso wie gute und ausreichend öffentliche Toiletten, erklärt Kienzle. Das zu ändern, sei auch deshalb wichtig, weil gerade in Cafés die Toiletten oft im Kellergeschoss und somit für Gehbehinderte nur schwer zu erreichen seien.

Bei allem, was es zu bemängeln gibt, sieht Renate Krausnick-Horst, die Vorsitzende des Stadtseniorenrats, aber auch das reiche Angebot der Innenstadt als sehr positiv für die älteren Menschen. „Es in den vergangenen Jahren viel passiert, aber es gibt auch noch manche Schwierigkeiten“, sagt Krausnick-Horst.