LBBW Immobilien hat mit der Augsburger Patrizia AG einen neuen Eigentümer. Der Unternehmenssitz in der Katharinenstraße 20 wurde mit verkauft. Foto:  

Aufsichtsrat der Bank gibt den Zuschlag für 21.500 Wohnungen an die Ausburger Patrizia AG.

Stuttgart - Der 21 Köpfe zählende Aufsichtsrat der Landesbank hat am Montag ein Immobiliengeschäft im Wert von rund 1,435 Milliarden Euro besiegelt. Die grün-rote Regierungskoalition wollte die Entscheidung um eine Woche verschieben. So sollte das jetzt unterlegene Baden-Württemberg-Konsortium Zeit erhalten, sein Angebot zu erläutern. Es lag rund 30 Millionen unter dem der Augsburger Patrizia AG. Die von der LBBW festgeschriebenen Sozialstandards zum Mieter- und Beschäftigtenschutz erfüllen beide Bieter.

Der LBBW-Vorstandsvorsitzende Hans-Jörg Vetter hatte plädiert, den Zuschlag an den Höchstbieter zu erteilen. Auf diese Linie hatte er dem Vernehmen nach die sieben Personalräte im Aufsichtsrat eingeschworen.

Der SPD wird vorgeworfen, ihre Spielräume nicht genutzt zu haben

Die absehbare Niederlage des Baden-Württemberg-Konsortiums in dem seit Mitte 2011 laufenden Verfahren hatte am Montag zu hektischen Aktivitäten in der Landesregierung geführt. Offenbar steht vor allem die SPD stark unter Druck. Finanzminister Nils Schmid wird vorgeworfen, seine Spielräume nicht genutzt zu haben.

„Für den Deutschen Mieterbund ist es völlig unverständlich, dass allein der meistbietende Anbieter zum Zug gekommen ist“, sagte Rolf Gaßmann, der Vorsitzende des Mieterbundes im Land. „Es ist empörend, dass für den Aufsichtsrat soziale Gesichtspunkte, wie erweiterter Mieterschutz, Erhaltung eines bezahlbaren Mietwohnungsbestands und Investitionen in die Instandhaltung keine Rolle gespielt haben.“ Gaßmann war früher SPD-Landtagsabgeordneter. „Das ist ein schwarzer Tag für 60 000 Mieter und ein klarer Bruch der grün-roten Koalitionsvereinbarung. Die Politik hat sich den Profitinteressen der Bank untergeordnet“, kritisierte er die Regierungskoalition.

Viele der Wohnungen haben Sozialbildung, also verbilligte Mieten

Die LBBW gehört dem Land, dem Sparkassenverband (je rund 40,5 Prozent) und der Stadt Stuttgart (rund 19 Prozent), ist also vollständig im Besitz der öffentlichen Hand.

Das BW-Konsortium hatte sich im Juni 2011 unter der Führung der GWG (Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau, Stuttgart, 59,9 Prozent) und der mit einer Sperrminoriät ausgestatten Landeshauptstadt (25,1 Prozent) gebildet. Je fünf Prozent halten Bietigheimer Wohnbau, Flüwo Bauen Wohnen eG und die GSW Sigmaringen.

Stuttgarts Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU) hatte damals einen Absolutheitsanspruch erhoben. Das Konsortium werde jedes Angebot mitgehen, sagte er. Der Gemeinderat billigte im Erfolgsfall eine Kreditaufnahme von 150 Millionen Euro für den städtischen Anteil. In Stuttgart finden sich rund 3800 Wohnungen aus dem Paket, darunter viele mit einer Sozialbindung, also verbilligten Mieten.

Die LBBW musste ihre Wohnungstochter auf Druck der EU-Kommission abgeben

Die Patrizia AG bietet der Stadt eine Beteiligung von zehn Prozent an ihrem Konsortium an. Zu diesem zählen acht inländische Versicherungen und Versorgungswerke, zwei ausländische Pensionsfonds und eine Sparkasse aus dem Land. In der Branche gilt Patrizia auch als Privatisierer. Das wäre bereits nach fünf, bei den 6000 Sozialwohnungen nach sieben Jahren möglich.

Das BW-Konsortium hatte am Montag die Vorteile seines Angebotes für die öffentliche Hand zu vermitteln versucht. Es versprach 20 Jahre Mieterschutz,wollte die Sozialwohnungen (fünf Euro Durchschnittsmiete pro Quadratmeter) 18 Jahre halten und zusätzlich bis 2022 rund 75 Millione Euro in Instandhaltung und Modernisierung investieren. Der von der Bank dafür geforderte vorgesehene Betrag reiche „nicht annähernd“ aus, kritisiert das BW-Konsortium.

Ein Verkauf an den zweitplatzierten Bieter wäre laut einer Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Joaqín Almunia grundsätzlich möglich gewesen. Die Bank selbst erklärte am Montag, diesen Spielraum nicht zu haben. Die LBBW musste ihre Wohnungstochter auf Druck der EU-Kommission abgeben, weil ihre Gesellschafter sie in der Krise mit fünf Milliarden Euro gestützt hatten.