Beim Oralverkehr klafft die Geber-Bereitschaft zwischen den Geschlechtern weit auseinander. Foto: VadimGuzhva - stock.adobe.com

Erhebungen sagen, dass Frauen viel häufiger zum Oralverkehr mit Männern bereit sind als umgekehrt. Diese Disbalance hat vor allem mit Unsicherheiten und Forderungen zu tun, sagt unsere Kolumnistin Claudia Huber und regt sich darüber auf.

Stuttgart - Solange alle Beteiligten beim Sex erwachsen und einverstanden sind mit dem, was passiert, ist alles okay. Das gilt natürlich auch für Oralverkehr, meist Blowjob genannt, wenn die Frau den Mann befriedigt und umgekehrt Cunnilingus. Jetzt gibt es laut einer kanadischen Studie aber ein Oral-Sex-Gap zwischen den Geschlechtern. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen deutlich häufiger Blowjobs geben, als Männer das tun. Gleichzeitig ist der Wunsch nach oraler Befriedigung bei beiden Geschlechtern gleich stark ausgeprägt. Das ist eine Sauerei.

Die kanadische Studie aus dem Jahr 2016 sagt, dass 63 Prozent der befragen Männer bei ihrem letzten Sex oral befriedigt wurden und nur 44 Prozent der Frauen. Da es keine sexualwissenschaftliche Erklärung für das Gefälle gibt, kann man nur versuchen, das Phänomen sozialwissenschaftlich zu beschreiben.

Versinnbildlichung der Unterwerfung der Frau

Das Bild von der blasenden Frau wird von der Pornoindustrie als Versinnbildlichung der Unterwerfung der Frau aufgeblasen. Viele Frauen neigen leider dazu, Männern gefallen zu wollen, auch das hat sozio-kulturelle Gründe. Deshalb erbringen manche Frauen Oralverkehr öfter, obwohl sie sich eigentlich davor ekeln oder keine Lust darauf haben. Darum: Frauen, sagt öfter Nein zu Blowjobs, wenn es euch keinen Spaß macht.

Wenn ein Mann keinen Cunnilingus machen möchte, ist das natürlich in Ordnung. Hier gibt es wie bei den Frauen auch welche, die mit menschlichem Körpergeruch da unten eher fremdeln. Da kann man jedoch Abhilfe schaffen.Es gibt zum Beispiel Lecktücher (oder Oraldams), die den Geruch und den Geschmack abschirmen und zudem vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt. Es ist nicht das gleiche, aber damit müssen die oral-genitalen Genüsse nicht ausfallen.

Männer erwarten mehr Geberqualitäten

Das Problem, von dem ich spreche, hört leider nicht beim Oralverkehr auf. Beim Sex scheint es ganz allgemein so zu sein, dass Männer von Frauen mehr Geberqualitäten erwarten als umgekehrt und als Nehmer fordernder sind. Ich bin sicher, dass eine Umfrage über Analverkehr zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommen würde. Ob wohl ähnlich viele Männer dazu bereit wären, sich mit einem umschnallbaren Strap-on-Dildo penetrieren zu lassen, wie selbst aktiven Analverkehr fordern? Nein, ich fordere nicht, dass Männer weniger fordern, ich wünsche mir, dass Frauen mehr zu ihrem „Ding“ stehen und nach Möglichkeiten suchen.

In jedem Fall ist es cool, sich von dem Pornoding loszusagen. Viel wichtiger, als Inhalte, die dort vorgeführt werden, nachzuspielen, ist doch die Frage, was wir wirklich vom Sex haben wollen. Und je mehr Paare sich diese Frage stellen, desto kleiner wird auch der Oralverkehr-Gap, da bin ich mir sicher. Denn ob man das mag oder nicht, ungleich verteilt ist die Lust hier unter den Geschlechtern auf keinen Fall.

Hier geht es zu Claudia Elisabeth Hubers Blog.

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