Baurechtsamt hat seit Jahren zu wenig Personal – Gemeinderat genehmigt zwei neue Stellen.
Stuttgart - Als Günter Krabel die Post aus dem Briefkasten fischt und öffnet, traut er seinen Augen nicht. Ein höfliches Schreiben der Landeshauptstadt Stuttgart hält er da in Händen. Das Baurechtsamt teilt ihm mit, das Regierungspräsidium habe noch nicht über seinen Widerspruch gegen eine bauliche Anordnung entschieden. Das wäre nicht weiter bemerkenswert – doch besagter Widerspruch datiert aus dem August 1998.
„Ich wusste nach 14 Jahren gar nicht mehr genau, um was es geht. Ich dachte erst an einen Aprilscherz“, sagt Krabel amüsiert. Doch so viel fällt ihm noch ein: Er zog damals mit einer Filiale seiner Buchhandlung aus Räumen in der Haldenrainstraße in Zuffenhausen aus. Dabei gab es wegen baulicher Veränderungen Ärger mit dem Vermieter. Das Baurechtsamt wurde eingeschaltet. Weil der Buchhändler Widerspruch gegen dessen Entscheidung einlegte, landete der Fall beim Regierungspräsidium (RP). Und dort liegt er noch heute. Der damalige Hausbesitzer ist längst verstorben, man einigte sich letztendlich auch ohne die Behörden.
Die können den Fall heute selbst nicht mehr so recht nachvollziehen. „So etwas kommt immer mal wieder vor, es ist reiner Zufall, dass uns der Vorgang jetzt in die Hände gefallen ist“, sagt Kirsten Rickes, die Leiterin des Baurechtsamts. Sie wisse nicht, warum das RP nicht entschieden habe. Man habe den Betroffenen jetzt nochmals gefragt, ob er überhaupt noch eine Entscheidung wolle, damit man die Geschichte erledigen und vom RP die Akte zurückbekommen könne.
„Nicht zwingend ein Versäumnis“
Beim Regierungspräsidium geht man davon aus, dass es sich nicht zwingend um ein Versäumnis handeln muss. „Möglicherweise gab es damals einen Anruf von einem der Beteiligten, nach dem man das Verfahren hat ruhen lassen“, sagt Sprecher Peter Zaar. Es sei auch erstaunlich, dass die betroffenen Bürger offenbar nie mehr nachgefragt hätten. Die Akte sei noch vorhanden, man werde jetzt auf die Stadt zugehen, um die Geschichte endgültig zu klären.
Dass Fälle wie dieser auch auf die angespannte Personalsituation beim Baurechtsamt zurückzuführen sein könnten, weist Amtschefin Rickes zurück. Seit Monaten reißt die Kritik an den Bearbeitungszeiten und teilweise dem Auftreten der Mitarbeiter nicht ab. Große Bauträger beschweren sich ebenso wie Architekten und kleine Bauherren. „Wir arbeiten auch in anderen Gemeinden und stellen im Vergleich immer wieder fest, dass die Situation in Stuttgart besonders schwierig ist“, sagt etwa Thomas Herrmann, Vorsitzender der Architektenkammergruppe Stuttgart-Ost. Das liege an der kritischen Sicht vieler Bürger auf Bauprojekte, aber auch an der Stadtverwaltung. „Bei der Personalsituation, der Transparenz und der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Ämtern gibt es schon Verbesserungsbedarf“, so Herrmann.
Gemeinderat genehmigt neue Stellen
Kirsten Rickes verspricht zumindest etwas Abhilfe. Der Gemeinderat hat für das Baurechtsamt, das insgesamt gut 120 Mitarbeiter zählt, zwei neue Stellen bewilligt, die in diesen Tagen besetzt werden. „Allein diese Perspektive ist hilfreich für die Kollegen“, so Rickes, zumal andere Mitarbeiter, die zeitweise ausgefallen sind, wieder zurück seien. „Manche Überhänge haben wir dadurch bereits abbauen können“, sagt sie.
Die Perspektive ist dennoch kritisch. Gerade in der Innenstadt bleibt die Lage verschärft. „Dort stehen viele Bauprojekte an“, sagt Rickes, und mancher Bauherr habe es sehr eilig. Zudem würden die Anforderungen komplizierter und viele Bauanträge seien unvollständig. Auch deshalb würden gesetzliche Fristen manchmal nicht eingehalten.
Die zwei neuen Stellen sollen die Not zumindest lindern. Vielleicht bekommen dann in Zukunft noch mehr Altfälle wie Günter Krabel späte Post von der Stadt.
Eine Checkliste für Baugenehmigungen sowie weitere Informationen bietet die Stadt im Internet unter www.stuttgart.de.