Meereswellen auf dem Schlossplatz: Eine Lasershow lockt die Leute ebenso wie die offenen Läden Foto: Lichtgut/Horst Rudel

Die kühlen Temperaturen schreckten niemand ab: Zur langen Einkaufsnacht strömten wieder die Massen nach Stuttgart. Rund 190 000 Menschen bummelten am späten Samstag durch die Läden und gaben ihr Geld an der Ladentheke aus.

Stuttgart - Nebel liegt über dem Schlossplatz. Blau angestrahlt und von Lasern durchzuckt erweckt er die Illusion von Strömung, Wogen und kühlem Nass. „Wasserleuchten“ nennt sich die begehbare Sound- und Laserinstallation auf dem Schlossplatz, die auch logistisch im Zentrum der 23. langen Einkaufsnacht in Stuttgart steht. Am Samstag lockte sie mit Ladenöffnungszeiten bis Mitternacht in die Innenstadt. Die Witterung mag einige Besucher abgeschreckt haben –immerhin hat es am Nachmittag geregnet –, voll ist es trotzdem. „Wir haben das Ziel, das wir uns gesteckt hatten, auf jeden Fall erreicht“, zeigt sich Bettina Fuchs von der City-Initiative Stuttgart (Cis) am nächsten Tag zufrieden. „Bis zu 190 000 Menschen waren unterwegs und die Rückmeldungen der Händler sind insgesamt sehr positiv.“ Das gilt nicht nur für die Großen wie das Gerber oder das Milaneo. Auch Herr Kächele in der Calwer Passage darf sich über zusätzlichen Andrang freuen. Während die Frühjahrsmode wegen vergleichsweise kühler Temperaturen nicht ganz so gut läuft, wie erhofft, kann man beim Maultaschenspezialisten ein deutliches Umsatz-Plus verzeichnen.

Bei der langen Nacht geht es nicht nur ums Einkaufen

Gleich um die Ecke freuen sich die Electro-Weltmusiker Das Neue Haus aus Tübingen über ein interessiertes Publikum. „Ich habe kaum jemanden gesehen, den ich kenne“, stellt Gitarrist Javier fest, „aber es war eigentlich die ganze Zeit über voll vor der Bühne. Die Leute sind stehengeblieben und haben zugehört.“ Das zeigt: Es geht nicht nur ums Einkaufen. Viele Besucher tauchen einfach in die Atmosphäre einer nach Einbruch der Dunkelheit belebten Stadt ein und flanieren. Dass man nebenbei einkaufen kann, stört freilich niemanden. Im Gegenteil: Die Schuhgeschäfte entlang der Königsstraße sind noch um 23 Uhr stark frequentiert. „Wir haben beobachtet, dass es ab etwa 22 Uhr einen zweiten großen Schub an Einkäufern gab“, analysiert Bettina Fuchs das Shopping-Verhalten, das individuell sehr unterschiedlich ausfallen kann: „Ich gucke einfach nur ein bisschen herum“, sagt Mirjam (22), die zu nachtschlafender Zeit die „Drei ???“-CDs bei Saturn sondiert. Gekauft hat sie noch nichts.

Andere lagern ihre Neuanschaffungen zwischenzeitlich im Taschenbus der SSB auf dem Schlossplatz, um gleich wieder losziehen zu können. „Es gibt viele Großeinkäufer“, schildert Dominic Andres, der an der Beutel-Garderobe arbeitet, seine Eindrücke. „Wir sind voll ausgelastet.“ Damian braucht für seine Investition keine Tüte. Er hat sich eine neue Frisur gegönnt. Kurz nach halb elf sitzt er bei „Max“ im Gerber vor dem Spiegel. Friseurin Lea wird gleich nochmal bei der Farbe nachbessern. Die Stimmung ist entspannt. Keine Spur von der Hektik, die tagsüber oft in Friseursalons herrscht.

Eine Oase der Ruhe in der Stiftskirche

Eine wahre Oase der Ruhe findet sich derweil in der Stiftskirche. Hier hat man mit spezieller Ausleuchtung, musikalischer Untermalung und einer Videoinstallation, die das Veranstaltungs-Motto „Stuttgart City blüht“ aufgreift, eine Anlaufstelle geschaffen, die Erholung vom Trubel ermöglicht. „Wir sehen das nicht als Gegenangebot, sondern als Teil des Ganzen“, erklärt Herr Hastolz. Der Fellbacher begrüßt jeden, der das Gotteshaus betritt. Einige sehen sich nur kurz um und gehen wieder, Andere setzen sich und gönnen sich eine Auszeit. Auch das belegt: Die lange Einkaufsnacht ist mehr, als ein Termin, an dem man länger konsumieren kann. Viele Besucher sehen sie inzwischen als traditionellen Teil der Stuttgarter Stadtkultur und wünschen sich eine Fortsetzung. Auch Bettina Fuchs blickt bereits in die Zukunft: „Im Gerberviertel lief es diesmal sehr gut, was die Beteiligung kleinerer Geschäfte angeht“, gibt sie zu verstehen. „Ich hoffe, wir können beim nächsten Mal auch einige von denen mit ins Boot holen, die sich noch nicht beteiligt haben. Es geht ja nicht nur um Umsätze. Ich bin mir sicher, dass so ein Event dazu beiträgt, beim Kunden positiv in Erinnerung zu bleiben.“