In der Landwirtschaft hält neue Technik Einzug. Der Esslinger Automatisierer Festo arbeitet an mehreren Pilotprojekten, unter anderem einem Hackroboter.
Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Neben den Folgen des Klimawandels führen die Ansprüche des Umweltschutzes zu Mehraufwand. Und es fehlen zunehmend Helferinnen und Helfer auf den Feldern. Neue Technologie kann da sehr nützlich sein. Der Esslinger Automatisierungsspezialist Festo ist an einigen Pilotprojekten beteiligt.
So gibt es seit Kurzem einen Roboter, den die niederländische Firma Andela mithilfe von Festo-Technik entwickelt hat und der Landwirten das Unkrauthacken abnimmt – oder den Einsatz von Pflanzengiften. „Er erkennt über ein Kamerasystem und eine Künstliche Intelligenz die Nutzpflanze und das Beikraut und kann das differenzieren“, erklärt Christine Marie von der Ohe, Expertin für Smart Farming bei Festo. Unkraut werde durch elektrische Impulse zerstört.
Das hätte vor ein paar Jahren so noch nicht funktioniert, sagt von der Ohe, weil die Bildverarbeitung und die Künstliche Intelligenz diese Differenzierung noch nicht leisten konnten. Trotzdem sei der Weg noch weit. Mit Blick auf den Arbeitskräftemangel sei es besonders im Bereich Obst und Gemüse spannend, Hilfestellung zu leisten. Denn dort werde nahezu alles von Hand erledigt – von der Pflege bis zur Ernte.
Kleinere Roboter sind in Planung
Der Prototyp des Hackroboters ging vergangenes Jahr aufs Feld. Noch in diesem Frühjahr soll eine erste Maschinenserie an wenige Kunden geliefert werden. Geplant seien zudem Varianten, die auch für kleinere Betriebe eine wirtschaftliche Option seien.
Digitalisierung und Automatisierung sind auf vielen Bauernhöfen angekommen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. 2021 hat ein Team der Uni Hohenheim und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) Betriebe in Baden-Württemberg befragt. Von den Befragten gaben 72 Prozent an, mindestens eine digitale Technologie zu nutzen. Dazu zählen Informations- und Kommunikationstechnologien wie Vorhersagemodelle, digitale Technologien im Innenbereich, etwa betriebliche Datenmanagementsysteme oder Stallkameras, oder Hilfe für Arbeiten im Freien wie automatische Lenksysteme.
Robotik hilft, wo Erntehelfer fehlen
Nach Einschätzung von Albert Stoll, Professor für Agrartechnik an der HfWU, spielen Digitalisierung und Automatisierung eine immer größere Rolle in der Landwirtschaft. Seit Jahren gebe es selbstlenkende Traktoren. Auch Melkroboter seien weitverbreitet. Ein aktueller Trend ist laut Stoll dagegen die Entwicklung von Robotern, die für Aufgaben wie Unkrautbekämpfung eingesetzt würden. Er selbst ist beteiligt an Projekten in diesem Bereich. Entsprechende Anschaffungen kämen etwa für Biobauern infrage, die bislang mit vielen Arbeitskräften zum Hacken aufs Feld müssten. „Wenn er diese Leute nicht mehr hat, muss der Biolandwirt sich überlegen, wie er anbauen kann ohne chemische Pflanzenschutzmittel“, sagt Stoll.
Robotik spiele da eine Rolle, wo Fach- oder Hilfskräfte fehlten. So könnten künftig Erdbeeren oder Gurken per Roboterhand gepflückt werden. All das sei im Kommen, erste Geräte am Markt. Aber dass viele Bauern im Kreis Esslingen über diese Technik verfügten, davon sei man weit entfernt. „Dass die Landwirtschaft komplett durchdrungen ist, kann man nicht sagen. Es gibt Betriebe, die pilotmäßig Technologien einsetzen.“
Festo ist über den Hackroboter hinaus noch an weiteren Projekten beteiligt. Die Agrarbranche macht dem Unternehmen zufolge bislang aber einen sehr geringen Umsatzanteil aus. In den kommenden Jahren sei mit einem Anstieg der Automatisierung zu rechnen. Welches Potenzial das für Festo habe, sei noch schwer abzuschätzen.