Der Umgang mit Tieren in der Landwirtschaft ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der gesellschaftlichen Debatten getreten. Mit dem Konzept des hofnahen Schlachtens soll den Tieren der Leidensweg vor der Schlachtung erspart werden.
Die sogenannte hofnahe Schlachtung sei für das Tier „ das Allerbeste“. Das sagt Karl Ederle, der Betriebsleiter des Rauberhofs in Bissingen an der Teck. Noch werden seine Rinder zu einem Schlachthof in Göppingen transportiert. Nachdem ein erster Antrag auf hofnahe Schlachtung vor zwei Jahren an den strengen Auflagen gescheitert war, arbeitet Ederle darauf hin, in naher Zukunft auf die Schlachtung am eigenen Hof umsteigen zu können.
Der Begriff bezeichnet Schlachtungen im Umfeld des Herkunftsbetriebes. Es gibt verschiedene Ausführungen. Grundsätzlich ist es möglich, ein eigenes Schlachthaus auf dem Hof zu beantragen. Seit etwa eineinhalb Jahren können Betriebe in Esslingen für die Schlachtung von Rindern und Schweinen auch eine sogenannte mobile Schlachteinheit nutzen. Mithilfe dieser speziell ausgestatteten Anhänger kann das Nutzvieh direkt vor Ort geschlachtet werden. Eine dritte Möglichkeit ist der Weideschuss, bei dem das Tier auf der Weide getötet und anschließend in einen Schlachtbetrieb transportiert wird. Diese Methode wird im Kreis Esslingen bislang noch nicht angewandt.
Eine Verbesserung für die Tiere
Ein Betrieb, in dem bereits hofnah geschlachtet wird, ist das Hofgut Haller in Lichtenwald. Sebastian und Katharina Haller leiten den Betrieb und schlachten seit dem Jahr 2020 in einem Schlachthaus neben dem Viehstall. Sebastian Haller betont, dass das hofnahe Schlachten neben dem verringerten Stress für die Tiere auch einen weiteren Vorteil bringt. Dadurch, dass das Tier den Hof nicht verlässt, könne er über den kompletten Lebenszyklus der Rinder kontrollieren, ob es ihnen gut gehe und ob alle Richtlinien eingehalten werden. „Ich habe entschieden, dass das für mich der richtige Weg ist“, sagt Sebastian Haller
Strenge Vorschriften
Das hofnahe Schlachten war für Haller anfangs eine große Umstellung. „Es kostet deutlich mehr und der Aufwand ist höher“, sagt der Landwirt. Das ist auf eine Vielzahl an Regelungen zurückzuführen. Das Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung im Landratsamt Esslingen verweist auf die strengen tierschutzrechtlichen Anforderungen an das Betäuben und Schlachten der Tiere sowie auf die Hygienevorschriften für Lebensmittel. Betriebe sollen in Zusammenarbeit mit der Behörde individuelle Lösungen finden. Diesen Weg sind die Hallers gegangen. Er habe schon vor Baustart mit dem Landratsamt Kontakt aufgenommen, so Haller. Sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung wurde er unterstützt. Zusammen habe man eine Lösung erarbeitet, die aus heutiger Sicht optimal für ihn sei, sagt Haller.
Neben dem verringerten Leid der Tiere gibt es für den Landwirt ein weiteres Argument für die hofnahe Schlachtung: Die Fleischqualität sei besser geworden. Durch den Stress beim Transport und der Schlachtung schütten Tiere Angst- und Stresshormone aus, die die Fleischqualität negativ beeinflussen. Diesen Faktor habe Haller unterschätzt, sei nun aber umso glücklicher, auf die hofnahe Schlachtung umgestiegen zu sein. Auch die Kunden wüssten das zu schätzen. Das persönliche Fazit von Haller fällt klar aus: „Man sollte das hofnahe Schlachten viel mehr praktizieren. Es ist wichtig für die Tiere und die Qualität des Fleisches.“ Und es passt zur Nachfrage: Auch der Kunde lege größeren Wert auf eine artgerechte Tierhaltung und eine höhere Fleischqualität.