Ein Wasserbüffel auf der Alb. Foto: Horst Rudel

Zwei Landwirte auf der Schwäbischen Alb haben sich vor elf Jahren Büffel angeschafft. Mittlerweile leben auf der Hochfläche in der Gemeinde Hohenstein Hunderte Wasserbüffel und liefern Fleisch-, Wurst- und Käseprodukte aus biologischer Landwirtschaft. Ein Ausflug in die Welt der Albbüffel.

Stuttgart/Hohenstein - Willi Wolf läuft zufrieden durch seine Wasserbüffel-Herde. Mitte Oktober hat er die rund 300 Tiere von den Weiden der Schwäbischen Alb wieder zurück in den Freilaufstall in Hohenstein-Meidelstetten getrieben – ein Großereignis, für das er zehn gute Reiter als Helfer brauchte. Mit einem Stock in der einen Hand und einer Zigarette im Mundwinkel bewegt sich Wolf lässig zwischen den massigen Tieren durch deren Winterquartier. „Es war immer mein größter Traum, Landwirt zu sein“, sagt er.

Wolf stammt nicht aus einer Bauernfamilie. Nach der Schule machte er gegen den Willen seiner Eltern eine Ausbildung zum Landwirt. Mit 20 hatte er seinen ersten eigenen Hof, seinen jetzigen kaufte er vor 26 Jahren. „Damals war das hier ein Stall mit 48 000 Hühner“, erzählt er.

Über die Kuh-, Schweine-, Angusrind- und Bisonhaltung kam er auf die Büffel. „Ich will nie wieder ein anderes Vieh halten“, sagt Wolf heute, nach elf Jahren mit den schwarzen Riesen. „Büffel sind ruhige, sehr intelligente Tiere.“ Wolf ist ein schwäbischer Cowboy. Schließlich schwingt er auch mal das Lasso, um die Büffel einzufangen und betreibt neben seinem Bio-Bauernhof auch eine Reithalle und vermietet Blockhäuser als Feriendomizile. Seine Haupteinnahmequelle sind jedoch die Büffel.

Mit etwa einem Jahr kommt ein Tier von Wolfs Hof zum Metzger Failenschmid nach St. Johann-Gächingen, im Schnitt werden drei Kälber pro Woche geschlachtet. „Das Wichtige ist, dass die Tiere zu diesem Zeitpunkt neben Gras auch noch Muttermilch zu sich nehmen“, sagt Ludwig Failenschmid. Das sei der Grund für das zarte Fleisch der Büffel und ganz im Sinne der Slow-Food-Bewegung, geschmacklich erinnere es an Wild.

Ludwig Failenschmid verarbeitet, vermarktet und verkauft die selbsthergestellten Büffelprodukte. Neben dem Fleisch gibt es etwa Maultaschen vom Büffel oder reine Albbüffel-Würstchen. In Failenschmids Landgasthof Hirsch und acht weiteren Restaurants in der Umgebung wird das Büffelfleisch ebenfalls angeboten. Ein Kilogramm der Bio-Ware kostet zwischen 20 und 60 Euro – je nachdem, welches Stück man sich aussucht.

Für den Nachwuchs seiner Zuchtherde hat der Bauer Willi Wolf derzeit vier Bullen, sprich: seine Büffel sind in vier Herden unterteilt. Er bekomme einen guten Preis für sein Büffelfleisch nach den Richtlinien der ökologischen Landwirtschaft, die Nachfrage sei enorm, sagt er. Das liege daran, dass immer mehr Menschen sich bewusster ernähren wollten. Regionalität und artgerechte Haltung der Nutztiere spielten für die Kunden zunehmend eine Rolle.

Keine fünf Kilometer östlich von Wolfs Büffelrevier liegt die Hohensteiner Hofkäserei. „Na, meine Mädels, alles gut bei euch?“ Der Käser Helmut Rauscher geht auf der Weide langsam auf seine Büffel zu. „Der Wasserbüffel ist hier im Grunde heimisch“, erzählt er am frühen Morgen in der Graslandschaft. „Das zeigt ein Fund des Urweltmuseums in Steinheim an der Murr, Reste von Wasserbüffeln sind dort ausgestellt.“ Als würde es einem Bullen nicht schmecken, dass in seinem Revier über seinen Vorfahren referiert wird, kommt er angetrabt. „Wir sollten den geordneten Rückzug antreten“, sagt Rauscher. Wer hier eigentlich der Boss ist, ist kaum zu übersehen: Nicht der hagere Mann mit Brille, sondern das 1100 Kilogramm schwere Tier mit Hörnern. „Der Bulle passt eben auf, das ist ja sein Job“, sagt Helmut Rauscher. Wie beruhigend.

Ortswechsel: Eine Gemeinde, zwei Büffelbauern

Auch Rauscher hält eine Büffelherde. Sein Augenmerk liegt aber nicht auf dem Fleisch, sondern auf der Milch. Bei ihm leben 40 Kühe und 40 Büffel gemeinsam in einem Stall nach Öko-Richtlinien. In der Käserei auf dem Hof produziert der Landwirt aus der Milch seine Spezialitäten.

„Willi Wolf und ich haben gleichzeitig auf Büffel gesetzt“, erzählt Rauscher. Die Idee sei vor elf Jahren von einem Werbefachmann gekommen. „Der meinte, dass es eine gute Strategie sein, auf der Alb Büffel anzusiedeln, verschiedene Produkte herzustellen und diese gemeinsam zu vermarkten.“ Das haben die Landwirte Wolf, Rauscher und der Metzger Failenschmid umgesetzt und die Albbüffel GmbH gegründet. 2005 wurden die ersten 40 dieser dunklen Urviecher aus Rumänien nach Schwaben gebracht, wo sie den Einbürgerungstest schnell bestanden – denn die Büffel sind wie die Älbler selbst: eigensinnig und stur, neugierig und zäh. Bald wurden die Tiere zu einer Touristenattraktion, und regionale Gastronomen brachten die Produkte der Albbüffel GmbH auf den Teller.

Weniger Milch, mehr Ruhe

Helmut Rauscher mischt für seine Käsearten Kuhmilch und Büffelmilch in einem Verhältnis von 50 zu 50. Heraus kommen ein Albzarella, ein schwäbischer Mozzarella, sowie die deftige Sorte Rendez-vous.

Büffelmilch hat im Vergleich zu Kuhmilch einen doppelt so hohen Fettgehalt. „Dafür geben die Büffel viel weniger Milch als eine Kuh: etwa fünf statt 20 Liter am Tag“, sagt Rauscher. „Außerdem muss ein Büffel beim Melken entspannt sein. Wenn die Büffel nicht wollen, geht es nicht.“

Im täglichen Umgang wirkt sich das besondere Wesen der Tiere auf den Menschen aus: „Die Büffel haben mich geerdet“, sagt Rauscher. „Sie strahlen eine tiefe Ruhe aus.“ Und krank werden sie auch niemals: Ein Büffel sei entweder fit oder he, also tot, sagt zumindest der Züchter Wolf. Tierarztkosten fallen also nicht an, dafür ist die Schlachtausbeute bei einem Albbüffel deutlich geringer als bei einem gewöhnlichen Rind. „Die Evolution der Nutztierhaltung ist an ihnen vorbeigegangen“, sagt der Metzger Failenschmid.

Apropos Wirtschaftlichkeit: „Der trockene Sommer war wirklich hart für uns“, erzählt Wolf und zeigt auf seine Wassertanks. Der Büffel ist nicht kälte- sondern hitzeempfindlich. Weil er keine Schweißdrüsen hat, muss er sich über den Körper abkühlen. Das macht er mit Wasser und mit Schlamm – er heißt ja nicht umsonst Wasserbüffel. Wenn es wenig regnet, hat Wolf mit seinen 300 Tieren ein Problem. Auf seinem Hof stehen zwei Wassertanks, die 30 000 und 40 000 Litern fassen. Diese Menge verbraucht er im Hochsommer mitunter an einem einzigen Tag, um den Tieren die Abkühlung zu ermöglichen. Man kann sich ausrechnen, welche Summe der Landwirt nach einer wochenlangen Dürreperiode an das Wasserwerk überweisen muss.

Der Bio-Metzger Failenschmid sagt, dass sich die Büffel aus finanzieller Sicht nicht lohnen würden. „Aber für die Alb ist das Projekt toll, wir haben ein super Netzwerk, und die Tiere sind ein Aushängeschild.“

Und sie sorgen dafür, dass Willi Wolf glücklich ist: „Ich mache, was ich schon immer machen wollte. Das Vieh passt zu mir.“ Seine acht Kinder sind offenbar nicht ganz so begeistert von den Büffeln, zumindest konnte der 61-Jährige die Nachfolge noch nicht klären. In dieser Hinsicht ist ihm Landwirt Helmut Rauscher voraus: Sohn Martin will den Hof übernehmen. Allerdings, erzählt Rauscher junior, müsse er zuvor das Käsemachen lernen, denn noch kümmere er sich ausschließlich um den Stall. „Und es stellt sich die Frage, ob unsere Einkünfte dann auch für zwei Familien reichen werden“, sagt der junge Landwirt und umarmt seine schwangere Freundin.