Guido Wolf gibt sich selbstsicher: Doch die jüngste Umfrage reiht die CDU hinter den Grünen Foto: dpa

Die Nerven liegen blank: Guido Wolf und Julia Klöckner distanzieren sich von Angela Merkels Flüchtlingspolitik und wollen so die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewinnen.

Stuttgart - Die Parteichefin lässt sich auch vom Wackelkurs ihrer Stellvertreterin nicht irritieren. Bloß keine Nerven zeigen. Gestern Abend wieder absolvierte Angela Merkel wie selbstverständlich Termine im Wahlkampf in Rheinland-Pfalz: erst Landau, dann Pirmasens. Egal, ob Julia Klöckner wie Ende Januar ihren Plan „A2“ vorlegt oder jetzt erneut, dieses Mal im Gleichschritt mit Guido Wolf, dem CDU-Spitzenkandidaten in Baden-Württemberg, Tageskontingente für Flüchtlinge vorschlägt: Die CDU-Vorsitzende verzieht keine Miene. Wahlkampf ist Wahlkampf, mögen sich Klöckner und Wolf auch erkennbar von der Flüchtlingspolitik ihrer Parteivorsitzenden distanzieren. Denn Merkel weiß: Der Ausgang vor allem der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kann auch über ihren künftigen politischen Weg entscheiden.

Dass CSU-Chef Horst Seehofer gegen Merkel quer- und hintertreibt, hat die CDU-Chefin längst verinnerlicht. Dass sich aber nun mit Klöckner und Wolf zwei CDU-Spitzenkandidaten in konzertierter Aktion von Merkels Position absetzen, kann die Parteivorsitzende nicht kaltlassen.

Bei Wolf und Klöckner liegen drei Wochen vor dem Tag der Entscheidung die Nerven blank. In Baden-Württemberg muss Wolf registrieren, dass das von der CDU propagierte „Wolfserwartungsland“ – in Anspielung auf die vom Nabu im Südwesten ausgerufene Heimkehr des Wolfes – zumindest gefährdet ist. Nach der jüngsten Umfrage liegen die Grünen in Baden-Württemberg mit 30,5 Prozent erstmals vor der CDU mit 30 Prozent. Und in Rheinland-Pfalz muss Plan-A2-Architektin Klöckner zusehen, wie ihr Vorsprung auf die SPD zunehmend schrumpft: CDU 35 Prozent, SPD 33 Prozent. Es wird eng. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf äußerte sich am Montag dennoch gelassen: „Wahlen werden auf der Zielgeraden gewonnen.“

Gabriel interveniert

Merkel allein zu Haus? Nicht ganz. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) betonte am Montag, er könne nur „allen“ raten, von Merkels eingeschlagenem Weg nicht abzuweichen. „Jeden Tag neue Vorschläge führt, glaube ich, nicht zum Ziel.“

Mit Blick auf den für Anfang März in Brüssel angesetzten Sondergipfel der EU mit der Türkei mahnte Kauder, es komme jetzt vor allem darauf an, „dass wir der Bundeskanzlerin für die noch ausstehenden Verhandlungen den Rücken stärken“.

Merkel steht unter Druck. Unterstützung erfährt die CDU-Vorsitzende von SPD-Chef Sigmar Gabriel, wenngleich auch er ein Wahlkämpfer ist. Dem Berliner „Tagesspiegel“ sagte Gabriel zur jüngsten Forderung Klöckners nach einem Tageskontingent für Flüchtlinge auch in Deutschland: „So untergräbt Frau Klöckner die deutsche Verhandlungsposition und schwächt die Autorität der deutschen Bundeskanzlerin.“ Und: „Es ist weder klug noch anständig, der deutschen Kanzlerin mitten in den europäischen Verhandlungen in den Rücken zu fallen“, hatte Gabriel zuvor noch gesagt.

Niederschmetterndes Umfrageergebnis

Auch die im Bund oppositionellen Grünen, die in Baden-Württemberg mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten stellen und in Rheinland-Pfalz an der Seite der SPD mitregieren, legen sich für Merkels Flüchtlingspolitik ins Zeug.

Für die Christdemokraten im Land ist das Umfrageergebnis niederschmetternd. Bei der Bundestagswahl 2013 hatte die Südwest-CDU mit 45,7 Prozent der Zweitstimmen noch das beste Ergebnis aller Unions-Landesverbände nach der CSU in Bayern eingefahren. Bei einer Umfrage von Infratest-Dimap Anfang Dezember 2015 war die Union im Südwesten noch auf 37 Prozent der Stimmen gekommen – und hatte seitdem Stück für Stück an Zustimmung verloren.

Nach der aktuellen Umfrage bekommt die AfD zehn, die FDP sieben und die Linke drei Prozent, wenn am Sonntag bereits gewählt worden wäre. Das Ergebnis würde eine Regierungsbildung nicht leichter machen. Eine Fortsetzung der Koalition der Grünen mit der SPD, die zusammen auf 46,5 Prozent kommen, wäre unter bestimmten Bedingungen möglich. Der Freiburger Politologe Michael Wehner sagte, eine grün-rote Mandatsmehrheit wäre möglich, wenn die Linke nicht in den Landtag kommt und die kleineren Parteien wie ÖDP und Piraten relativ gut abschneiden, aber nicht die Fünfprozent-hürde überspringen. SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid sagte: „Die erfolgreiche Arbeit von Grün-Rot im Land ist nur fortsetzbar, wenn die SPD stark genug ist.“

FDP erteilt Ampel eine Absage

Wolf ließ wissen, dass er nicht bereit wäre, Juniorpartner in einer grün-schwarzen Landesregierung zu sein: „Grün-Schwarz ist für uns keine Option.“ Außerdem werde die CDU am Wahlabend vor den Grünen liegen und sich somit die Frage erübrigen. Freiburgs grüner Oberbürgermeister Dieter Salomon warb hingegen für eine Regierung der Grünen mit der CDU: „Ich sage schon seit Jahren, dass man eine Koalition aus CDU und Grünen nicht zum Tabu erklären darf.“ Anders äußerten sich die Landesvorsitzenden der Grünen, Thekla Walker und Oliver Hildenbrand: „Wir setzen auf Grün-Rot.“

Eine sichere Koalition wäre eine Ampel mit Grünen, SPD und FDP. Am Wochenende hatte die FDP ein solches Bündnis allerdings als nicht vorstellbar bezeichnet. Bleibt die sogenannte Deutschland-Koalition von Schwarz, Rot und Gelb – dazu hatte sich SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid sehr skeptisch geäußert.