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Baden-Württemberg und Fukushima: Mappus und Schwarz-Gelb stürzen ab, sagt Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Es grünt so grün im Südwesten. Und das – auch in Rheinland-Pfalz – kräftiger und höher, als es die Öko-Partei (so wird man sie wohl weiter nennen dürfen und müssen) selbst in ihren kühnsten Träumen erhofft hatte. Prozentual mehr als verdoppelt, erstmalig und unerwartet viele Direktmandate: Das ist ein grüner Durchmarsch, den die Tatsache, dass die CDU trotz herber Verluste stärkste Partei bleibt, nicht im Geringsten zu entwerten vermag.

Die Wähler in Baden-Württemberg haben entschieden – auch wenn es nur eine hauchdünne Mehrheit ist, die weder einen schwarzen Dauer-Ministerpräsidenten noch ein schwarz-gelbes Bündnis will. Die hohe Wahlbeteiligung unterstreicht dennoch eher die schlechte Laune vieler über eine Landesregierung, die für die einen in der Frage des Atomausstiegs taktisch laviert und für die anderen ohnehin auf falschem Kurs ist. Der es nie gelang, ein starkes Signal zu setzen, sondern die seit dem Streit um Stuttgart 21 stets in der Defensive war – nicht zuletzt wegen des unter diffamierendem Dauerfeuer stehenden Ministerpräsidenten. Und für die es nur ein schwacher Trost ist, aus Baden-Württemberg ein überall derart anerkanntes Erfolgsmodell gemacht zu haben, dass eine knappe Mehrheit nun glaubt, die Zukunft auch mit Grün-Rot meistern zu können.

Spätestens seit der Katastrophe in Japan hatte die CDU ein Glaubwürdigkeitsproblem und Stefan Mappus kaum eine Chance, im Amt zu bleiben. Dem Misstrauen gegen ihn und Merkel hatten Mappus und seine paralysierten Freunde nichts entgegenzusetzen. Als sicher gilt aber: Der wetterwendisch wirkende Kurs der Kanzlerin hat innerhalb der CDU für Irritationen gesorgt, ohne viele verunsicherte Unions- und Wechselwähler zu halten oder für sich gewinnen zu können. Dass das Rennen trotz der grünen Sonnenblumen-Sonderkonjunktur so knapp ausgegangen ist, lässt aber auch eine weitere, wenngleich müßige Frage zu: Wie wäre es ohne Fukushima gelaufen?

Winfried Kretschmann wird aller Voraussicht nach der erste grüne Landesvater überhaupt. Die Atomdebatte hat viele Wähler fast wie von allein zu ihnen strömen lassen. Zwar war die Wahl allem Parkschützer-Jubel auf der selbstherrlichen, mit Gewalt endenden „Mappschiedsparty“ zum Trotz kein Volksentscheid gegen Stuttgart 21 (eine Zweidrittelmehrheit wählte CDU, SPD und FDP, die sich auch im Wahlkampf für das Bahnprojekt ausgesprochen haben); dennoch hat sich die Stimmung ausgerechnet in dem von seiner starken Wirtschaft gut lebenden Land gedreht, wenn es um ökonomische Perspektiven geht.

Die SPD darf mitfeiern. Nils Schmid hat aus einer Konkursmasse eine Regierungspartei gezimmert, wenn auch im Rekordtief. Wie er als Stellvertreter unter Kretschmann mit Grün ungewohnt zusammenarbeiten will und kann, bleibt vorerst sein Geheimnis. Wie er möglicherweise mit der mageren Koalitionsmehrheit von vier Stimmen den S-21-Graben zu den Grünen im Landesinteresse zuschütten will, auch. Die SPD freut sich ziemlich leise. Denn sie weiß: Sie ist auf bestem Weg, nicht wie schon jetzt im Osten hinter der Linkspartei, sondern nun auch im Westen hinter den Grünen auf dem dritten Platz zu landen.

Die Linke bleibt, gut so, geschlagen draußen. Sie wird nicht einmal für einen historischen Regierungswechsel gebraucht. Und die FDP? Sie darf drin bleiben, wenn auch leblos – ein Schock für die einst so stolzen Liberalen. Wenn nun Köpfe rollen müssten, dann wohl hier. Bloß: Wer sieht neue am Horizont?