Niedersachsens SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil freute sich über die ersten Prognosem am Sonntgag. Foto: dpa

Die Landtagswahl in Niedersachsen hat einen fulminanten Sieg für die SPD und ihren Ministerpräsidenten Weil gebracht. Doch das rot-grüne Regierungsbündnis hat die Mehrheit verfehlt. SPD und CDU müssen sich nun zusammenraufen - in Ermangelung von machbaren Alternativen.

Hannover -

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist der Gewinner der Landtagswahl in Niedersachsen. Zum ersten Mal seit fast zwanzig Jahren sind die Sozialdemokraten wieder stärkste politische Kraft in dem Bundesland. Damit ist der SPD nach einer Serie von Niederlagen in diesem Wahljahr ein lang ersehnter Triumph gelungen. Doch für eine Fortsetzung von Weils rot-grüner Regierungskoalition reicht es nicht ganz. Und die Voraussetzungen für das Schmieden anderer Bündnisse sind nicht ganz einfach.

Rein rechnerisch gibt es drei Möglichkeiten für eine stabile Mehrheit im Landtag. Weil könnte entweder eine große Koalition mit der CDU als Juniorpartner eingehen oder ein Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP formieren. Gelingt beides nicht, wäre Wahlverlierer Bernd Althusmann von der CDU am Zuge: Er hätte die Option, ein Jamaika-Bündnis zu sondieren.

Lesen Sie hier unseren Kommentar zur Wahl: Die SPD kann noch gewinnen

Umfragen vor der Wahl hatten eine Fortführung von Rot-Grün noch viel unwahrscheinlicher erscheinen lassen, als es sich nun in dem knappen Wahlergebnis abzeichnet. Führende Vertreter in der niedersächsischen SPD hatten immer deutlich gemacht, dass sie eine Ampel-Koalition unter Beteiligung der FDP favorisieren. Dass der niedersächsische FDP-Chef Stefan Birkner dies vehement ablehnte, taten sie als wahlkampftaktisches Manöver ab. Doch Birkner blieb am Wahlabend bei seiner Haltung. Dabei wird eine Rolle gespielt haben, dass ein Zusammengehen der FDP mit SPD und Grünen als falsches Signal während der Jamaika-Verhandlungen in Berlin gewertet werden könnte.

Angespanntes Verhältnis

Somit bleibt Weil die Bildung einer großen Koalition mit der CDU. Vor der Wahl sagte er dazu im TV-Duell mit seinem Kontrahenten Althusmann: „Das ist nicht einfach, sehr unwahrscheinlich - aber nicht ausgeschlossen.“ Nun ist es ein ganzes Stück wahrscheinlicher geworden - aber nicht unbedingt einfacher. Denn das Verhältnis zwischen der CDU und der SPD in Niedersachsen ist angespannt, seit im August die grüne Abgeordnete Elke Twesten zur CDU wechselte und Weils rot-grüne Landesregierung um die Mehrheit brachte. Weil sprach von einer Intrige der CDU, mit der der Wählerwille umgekehrt worden sei - und nutzte dieses Argument sehr wirkungsvoll zur Mobilisierung seiner Anhänger im Wahlkampf.

Bis auf den Schlagabtausch im TV-Duell hatte CDU-Herausforderer Althusmann direkte Attacken gegen Weil vermieden. Sicher auch immer mit Blick auf eine mögliche große Koalition. Die CDU-Fraktion im Landtag dagegen holzte oft ländlich-derb gegen die SPD - ob innere Sicherheit, Schulpolitik oder Inklusion. Die stark abweichenden Positionen beider Parteien bei diesen Themen in Einklang zu bringen, wird von Weil viel Verhandlungsgeschick erfordern.

CDU-Landeschef Althusmann hat am Wahlabend widersprüchliche Signale gesendet. Einerseits kündigte er an, er wolle sich zum Fraktionschef wählen lassen - und gestand damit indirekt seine Niederlage ein. Andererseits sprach er von einem „klaren Gestaltungsauftrag“ für seine Partei. Was er damit genau meinte, ließ er offen.

Vergiftetes Klima

Sollten die Verhandlungen zwischen SPD und CDU über eine große Koalition scheitern, gäbe es für Althusmann noch die Option eine Jamaika-Bündnisses mit den Grünen und der FDP. Doch das Klima zwischen den Grünen und der CDU ist seit dem Twesten-Wechsel vergiftet. Und die Positionen der eher links orientierten niedersächsischen Grünen und der in konservativ-ländlichen Kreisen verankerten CDU klaffen so weit auseinander, dass ein Zusammengehen praktisch unmöglich ist, selbst wenn beide Seiten es nie völlig ausschließen wollten.

Somit wird am Ende voraussichtlich eine große Koalition doch der einzig gangbare Weg sein. Und SPD und CDU werden sich irgendwie zusammenraufen müssen.