Vielleicht die beiden? In einer Koalition? Markus Söder (CSU) und Ludwig Hartmann (Grüne) Foto: dpa

Mit ihren zwei Stimmen entscheiden die Bayern am Sonntag plötzlich auch über neuartige Koalitionen im Freistaat. Zudem dürfen sie die Parteilisten ordentlich aufmischen.

München - Dreizehn Millionen Einwohner hat Bayern; neuneinhalb Millionen sind an diesem Sonntag zur Wahl aufgerufen. Sie dürfen nach fünf Jahren ihren Landtag neu bestimmen – 599 000 Jungwähler dürfen das zu ihrem ersten Mal –, und sie dürfen ihre sieben Bezirksversammlungen neu zusammenpuzzeln. „Bezirke“ in diesem Sinne, nicht zu verwechseln mit „Regierungsbezirken“, gibt es nur in Bayern. Das sind überkommunale Körperschaften, in welche Landkreise und Städte vorwiegend den Krankenhausbetrieb ausgelagert haben.

Hauptsächlich geht es aber um das neue Landesparlament. Zur Wahl stehen 1923 Bewerber; sie treten für 18 Parteien an, von denen laut Umfragen derzeit bis zu sieben genügend Kraft haben, die Fünfprozenthürde zu überspringen. Das sind neben der (Fast-)Allzeit-Regierungspartei CSU mit Sicherheit die Grünen, die SPD und die Freien Wähler, die bisher schon im Landtag sitzen. Dazu kommt mit Sicherheit erstmals die AfD. Zittern müssen noch die FDP, die nach fünfjähriger Zwangspause auf ein Comeback hofft, und Die Linke, für die der Einzug ins Parlament eine bayerische Premiere wäre.

Vor dem Ende der Alleinregierung

Als sicher gilt nach den Umfragen seit geraumer Zeit – da hat auch der Wechsel von Horst Seehofer zu Markus Söder im Ministerpräsidentenamt nichts genützt – dass die CSU nicht allein weiterregieren kann. Rechnerisch bekäme sie derzeit mit den Grünen eine Mehrheit; das ist auch die Koalition, welche die Bayern am liebsten von allen sähen. Die Grünen wollen schon auch. Die CSU jedoch hält die programmatischen Mauern für viel zu hoch, um sie überspringen oder gar schleifen zu können. Wahrscheinlicher ist in diesem Sinne eine vergleichsweise langweilige, „bürgerliche“ Koalition der CSU mit den Freien Wählern (welche als „Graswurzelpartei“ unterwegs, inhaltlich aber ein Abbild der CSU sind) oder der FDP. Wenn das rechnerisch nicht reicht, dann halt mit beiden.

Sitz des Landtags ist das Münchner „Maximilianeum“, ein 150 Jahre alter Repräsentationsbau aus königlich-bayerischer Zeit. Da hat sich das Parlament aber nur eingemietet. Hausherr ist die von König Max II. gegründete Studienstiftung zur Förderung von hochbegabten Bayern und – bis heute! – Pfälzern.

Hinterbänkler auf dem Vormarsch

Bisher gehören dem Landtag 180 Abgeordnete an; demnächst können es durchaus 215 werden. Nach bayerischer Tradition nämlich könnte die CSU fast alle 91 Direktmandate im Freistaat holen. Weil aber ihre Gesamtprognose – derzeit nur 35 Prozent gegenüber den 47,7 Prozent von 2013 – so viele schwarze Abgeordnete nicht rechtfertigt, kriegen die anderen Parteien entsprechend viele Ausgleichsmandate. Wo die dazugehörigen Abgeordneten sitzen sollen, daran tüfteln im Maximilianeum derzeit die Handwerker herum. Das Wort „Hinterbänkler“ wird wohl mit neuem Leben erfüllt.

Wie bei der Bundestagswahl hat auch der Wahlbayer zwei Stimmen. Mit der ersten kann er seinen Lieblingskandidaten persönlich ankreuzen, mit der zweiten entweder die gewünschte Partei oder auf deren Liste einen weiteren persönlichen Favoriten aus dem jeweiligen Wahlkreis. So kann jemand, der zum Beispiel im Stimmkreis München-Land Nord antritt, in ganz Oberbayern Stimmen sammeln. Das heißt: Bayerische Wähler können die von den Parteien vorgegebene Reihenfolge der Kandidaten g’scheit durcheinanderwirbeln. Und so steht die endgültige Besetzung der Mandate teils erst drei Tage nach der Landtagswahl fest. Zur Berechnung des Gesamtergebnisses allerdings – ein weiterer Unterschied zur Bundestagswahl – werden Erst- und Zweitstimmen zusammengerechnet.