Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, im Landtag vor dem Wappen Baden-Württembergs. Foto: dpa/Marijan Murat

Was in den Regierungsbezirken Freiburg und Karlsruhe liegt, war nicht immer alles badisch. Orte im heutigen Württemberg wiederum zählten einst zu Baden. Zig Zugezogene verwässern zudem. Doch sehen Badener ein Missverhältnis - und pochen zur Landtagswahl auf Gerechtigkeit.

Karlsruhe - Vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg pocht die Landesvereinigung Baden in Europa auf Gleichberechtigung der beiden Landesteile. Der zentralistische Kurs der Landespolitik mit Fokus auf die Metropolregion Stuttgart benachteilige Baden. Wobei unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) einiges besser geworden sei, räumte der Vereinsvorsitzende Robert Mürb ein. „Es ist ein zäher Weg“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe.

Oftmals gehe es bei den Verbesserungen um Nachholbedarf, sagte Mürb und nannte Finanzierungen von Krankenhausbauten und Museen als Beispiele. „Da wird nachgeholt, was in Württemberg längst geschehen ist.“ Erstaunt habe die Landesvereinigung festgestellt, dass mehr in den Breitbandausbau in Baden investiert worden sei. „Dann haben wir gesehen, dass der Grad der Versorgung in Württemberg höher ist.“ Auch beim Radwegeprogramm werde Württemberg wieder deutlich bevorzugt.

Der Rechnungshof soll objektiv überwachen

Im Schnitt würden 45 Prozent der Steuereinnahmen des Landes in Baden mit 5,1 Millionen Einwohnern erwirtschaftet. Weil aber die großen Konzerne in Stuttgart versteuerten, entstehe mitunter der Eindruck, württembergisches Geld müsse nach Baden gepumpt werden, sagte Mürb. Der Rechnungshof solle objektiv überwachen, ob Gelder gleichberechtigt fließen, forderte Mürb. „Das ist auf Dauer nicht machbar, dass eine Bürgerinitiative das verfolgt.“

Er verwies zudem auf eine Änderung der Landesverfassung im Jahr 2015. Nun heißt es in Artikel 3a: „Der Staat fördert gleichwertige Lebensverhältnisse, Infrastrukturen und Arbeitsbedingungen im gesamten Land.“ „Das fordern wir ein“, sagte Mürb. Bayern etwa sei in den vergangenen Jahren mit großem Erfolg dezentralisiert worden - weg von der Landeshauptstadt München in die Fläche. Ein Ministerium und Landesbehörden wurden in andere Städte verlegt. Weil daran Arbeitsplätze geknüpft sind, seien ganze Regionen gestärkt worden.

Die Landesvereinigung hat den Parteien vor der Wahl Fragen gestellt zu verschiedenen Themen. Neben der Verteilung von Steuereinnahmen geht es dabei unter anderem um eine Stärkung der trinationalen Metropolregion Oberrhein an den Grenzen zu Frankreich und zur Schweiz, historische Lernorte und Gedenkstätten oder die Finanzierung von Hochschulen und Universitäten. Hierzu betonten manche Parteien in den Antworten, dass in Baden fünf der neun Unis im Südwesten seien.

Regierungschef ist „Flüchtling“

Auch in der Regierung sieht Mürb Baden personell unterrepräsentiert. In dem Landesteil zu Hause sei nur rund ein Viertel der „Vertreter an den Schalthebeln“, wie der Vereinsvorsitzende es formuliert. Als Beispiele nannte er die Wahl-Freiburgerin und Finanzministerin Edith Sitzmann, Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (beide Grüne) aus dem Wahlkreis Heidelberg und die Karlsruher CDU-Politikerin Katrin Schütz, die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium ist.

Kretschmann selbst zählt mit seiner Wahlheimat Sigmaringen nicht dazu. Weil die Region aber im ehemaligen Hohenzollern-Gebiet liegt und historisch zuerst mit Württemberg zusammengefügt wurde und später dann - wie auch Baden - im Land Baden-Württemberg aufging, wertete Mürb den Regierungschef nicht als „Ureinwohner“, sondern als „Flüchtling“. Darauf führe er es auch zurück, dass Kretschmann sich der Anliegen der Badener widme, sagte Mürb. „Er versteht das.“