Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke stellt erste Weichen für den Wahlkampf. Foto: dpa/Marijan Murat

Die Südwest-FDP nennt schon jetzt die zentrale Bedingung für eine Koalition nach der nächsten Landtagswahl. Sie fordert nichts weniger als eine Kehrtwende in der Auto- und Klimapolitik.

Stuttgart - Nachdem CDU und Grüne mit der Benennung ihrer Spitzenkandidaten Susanne Eisenmann und Winfried Kretschmann die ersten Weichen für die Landtagswahl 2021 gestellt haben, zieht die FDP jetzt nach. Zwar haben die Südwest-Liberalen noch keine Personalentscheidung getroffen. Aber Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat jetzt schon einmal eine zentrale Bedingung für die Koalitionsbildung festgeklopft.

Die FDP, so hat er bei einer Pressekonferenz angekündigt, ist zur Beteiligung an einer Regierung nur bereit, wenn der künftige Partner in der Auto- und Klimapolitik radikal umsteuert: Rülke und die Liberalen fordern eine Abkehr von der in ihren Augen unsinnigen Fixierung der politischen Konkurrenz auf die Elektromobilität. Stattdessen propagiert die Landtagsfraktion, die Rülkes Strategiepapier einstimmig abgesegnet hat, die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle als ebenso klimaschonende wie arbeitsplatzerhaltende Mobilitätstechnologie der Zukunft.

Die FDP setzt auf Brennstoffzelle und Wasserstoff für klimaneutrale Mobilität

Wie es mit dem Autostandort weitergeht, erklärt Rülke zum Dreh- und Angelpunkt der Landespolitik. „Wie bewältigen wir den Umstieg auf klimaneutrale Mobilität beim Verlust möglichst weniger Arbeitsplätze?“ – für den FDP-Fraktionschef ist das die Masterfrage des nächsten Wahlkampfs. Elektromobilität fällt aus seiner Sicht komplett durch: weil die für die Batterien notwendige Lithium- und Kobaltgewinnung umweltschädlich ist, weil die Batterieentsorgung aufwendig ist, weil eine Rohstoffabhängigkeit von China entsteht und die hiesigen Autobauer ihre bisherige, auf dem Verbrennungsmotor beruhende Technologieführerschaft verlieren könnten. Rülke rechnet vor, dass ein Umstieg auf E-Autos bis zu neunzig Prozent der Arbeitsplätze in der Autoindustrie vernichten könnte, während die Brennstoffzelle bis zu 80 Prozent der Stellen erhalten würde. Er bescheinigt der versammelten, politischen Konkurrenz einen umwelt- und arbeitsplatzschädlichen „Batteriefetischismus der derzeitigen Mobilitätspolitik im Land, im Bund und in Europa“.

Was wollen die Liberalen mit dieser Positionierung erreichen?

Damit offenbart der Fraktionschef aber auch ein Dilemma der FDP. Weil Union, SPD und Grüne E-Autos auf dem Weg zum klimaneutralen Verkehr für notwendig halten, wirkt die FDP mit ihrem Gegenkonzept, als versuche der Schwanz mit dem Hund zu wackeln.

Wie attraktiv die Südwest-FDP mit dieser Positionierung als Koalitionspartner sei? Die Braut sei „so schön geschmückt, dass jeder sie haben wollen müsste“, urteilt Hans-Ulrich Rülke selbst. Seit die FDP die Jamaika-Verhandlungen auf Bundesebene hat platzen lassen, stellt sich bei Lockrufen der Liberalen aber auch die Frage, ob die Partei im Ernstfall wirklich koalieren würde, wenn sie die Chance dazu hätte. Ob Rülkes Offerte ein echtes Angebot ist? Oder markiert er schon jetzt den Notausgang aus Koalitionsgesprächen für eine Braut, die sich nicht traut? Klären wird sich das wohl erst im Wahlkampf.