Einer Lehrerin unterrichtet am Dienstag an einer Gesamtschule in Köln in einer 11. Klasse türkischstämmige Schüler in ihrer Muttersprache. Foto: dpa

„Die müssen erstmal richtig Deutsch lernen“, sagt der Stammtisch. Migrantenkinder sollten an den Schulen im Land aber auch die Sprache ihrer Eltern lernen, fordert die SPD-Fraktion.

Stuttgart - Zuwandererkinder in Baden-Württemberg sollten aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion in staatlichen Schulen auch in ihrer Herkunftssprache unterrichtet werden. Wenn Kinder die Sprache ihrer Eltern richtig beherrschten, falle ihnen auch das Deutschlernen leichter, sagte Fraktionschef Andreas Stoch unter Hinweis auf Erkenntnisse der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Der Ausbau des herkunftssprachlichen Unterrichts sei „nicht das Gebot der Stunde“, hieß es im Kultusministerium von Susanne Eisenmann (CDU).

Auch aus Sicht der Lehrergewerkschaft GEW werden die Potenziale der jeweiligen Herkunftssprache der Kinder bisher nicht genutzt, sagte Landeschefin Doro Moritz. Schließlich könne die Herkunftssprache ein wichtiger Baustein für erfolgreiche Integration sein. 44,3 Prozent der Viertklässler hätten eine Zuwanderergeschichte. Die Pflege der Sprache ihrer Eltern helfe den Kinder auch beim Deutschlernen, ist Moritz überzeugt.

Dass sich dies auch wissenschaftlich belegen lasse, berichtete am Montag Professorin Havva Engin vom Heidelberger Zentrum für Migrationsforschung und Transkulturelle Pädagogik (Hei-MaT): „Wir brauchen daher feste Strukturen, die auf eine koordinierte Zweisprachigkeit der Kinder setzen, statt eine doppelte Sprachlosigkeit zu provozieren.“

Unterricht in Sprachen wie Türkisch, Russisch oder Arabisch sei auch eine Form von Wertschätzung, „wo die Märkte der Welt nicht nur Englisch sprechen“, ergänzte SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei. Die SPD-Fraktion wolle, dass die Effekte des herkunftssprachlichen Unterrichts zunächst in Form eines fünfjährigen Schulversuchs an 90 Schulen getestet werden. Und zwar überall dort, wo Bedarf bestehe. Die Kosten bezifferte Fulst-Blei auf zwei Millionen Euro.

Das Kultusministerium aber hält die Wirkung des herkunftssprachlichen Unterrichts für umstritten. So halte die TU Dortmund die Konzentration auf die Förderung der deutschen Sprache für wirksamer. Was die Herkunftssprache angehe, wolle die Landesregierung am sogenannten Konsulatsmodell festhalten. Aktuell profitieren 38 500 Kinder im Land vom Sprachunterricht an Konsulaten. Laut SPD betrug die Landesförderung für das Schuljahr 2016/17 insgesamt 1,1 Millionen Euro, wovon 847 Kurse in 14 Sprachen bezuschusst werden konnten.

Ziel der SPD-Fraktion wäre es, diesen Unterricht letztlich in staatliche Verantwortung zu übernehmen, so Stoch. Vergleichbare Modelle gebe es in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Verglichen mit Rheinland-Pfalz sollte ein landesweites Angebot laut Stoch rund 15 Millionen Euro kosten. „Sprachförderung muss zur Kernkompetenz unseres Bildungssystems werden“, forderte Stoch, der bis 2016 selbst Kultusminister war.