Nicht jeder Schüler sitzt in seiner Wunschschule. Ehe zusätzliche Klassen gebildet werden, können Bewerber an andere Schulen geschickt werden. Foto: dpa

Es gibt keinen Anspruch auf die Wunschschule. Der Landtag sichert jetzt die Schülerlenkung aus Ressourcengründen gesetzlich ab. Die SPD sorgt sich um kleine Grundschulen.

Stuttgart - Mitte März werden Eltern von Viertklässlern ihre Kinder an weiterführenden Schulen anmelden. Auch in diesem Jahr werden Enttäuschungen nicht ausbleiben. Nicht jedes Kind wird an der Wunschschule unterkommen. Doch Streitfälle sollen vermieden werden. Der Landtag wird an diesem Mittwoch das Schulgesetz anpassen. Darin wird stehen, dass auch aus Gründen der „Ressourceneinsparung“ Schüler an eine andere als ihre Wunschschule „umgelenkt“ werden dürfen. Das empört vor allem die SPD.

Auslöser ist ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Mannheim vom Dezember 2017. Der hatte Eltern Recht gegeben, die sich dagegen gewehrt hatten, dass ihre Kinder nicht auf der Alemannenschule Wutöschingen aufgenommen wurden, sondern nach Klettgau geschickt wurden. Beides sind Gemeinschaftsschulen. So sollte in Wutöschingen eine Klasse eingespart werden. Die Eltern wollten aber den musikalischen Schwerpunkt in Wutöschingen nutzen. Zuvor hatten die Eltern schon vor dem Verwaltungsgericht Freiburg gewonnen. Das Kultusministerium hatte dagegen Beschwerde eingelegt. Die Schülerlenkung sei eine bundesweit gängige Praxis und aus Gründen wirtschaftlicher Haushaltsführung geboten.

Nun müsse die gesetzliche Basis angepasst, das Verfahren rechtlich präzisiert werden, sagt das Kultusministerium. Doch die SPD lässt die Beschwichtigung nicht gelten: „Es ist nicht weniger als eine Beschneidung der freien Schulwahl, wenn Schülerzuweisungen in Zukunft aus Sparzwecken vorgenommen werden“, klagt Daniel Born, der Bildungsexperte der SPD, gegenüber unserer Zeitung. Bisher konnten Schüler weiter verwiesen werden, wenn die Aufnahmekapazität einer Schule erschöpft war. Auch sollten an den Schulen annähernd gleich große Klassen gebildet werden. Künftig gilt ausdrücklich, dass Schüler auch dann „gelenkt“ werden können, um zu vermeiden, dass zusätzliche Klassen oder Lerngruppen gebildet werden. Schließlich sind Lehrer knapp.

Bei den weiterführenden Schulen ist Schülerlenkung zulässig, wenn es sich um denselben Schultyp handelt. Born dagegen erklärt, „es ist wichtig, dass nicht nur der Schultyp, sondern auch das Schulprofil berücksichtigt wird. Denn es macht einen gehörigen Unterschied, ob ich ein Sportgymnasium oder ein humanistisches Gymnasium besuche.“ Auch die FDP kritisiert die Einschränkung der Wahlfreiheit. Fraglos müssten Schulen die Möglichkeit haben, unterschiedliche Auslastungen auszugleichen. „Es muss aber auf das gewählte Fächerprofil möglichst Rücksicht genommen werden“, fordert ihr Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Er verweist auf den VGH, des es als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet hatte, dass die Wahl des Profilfachs „nicht als entscheidungserhebliches Kriterium angesehen“ werde. Hier sind laut Kultusministerium aber keine Änderungen vorgesehen.

Die Gesetzesänderung betrifft auch Grundschulen und das bereitet der SPD „Bauchschmerzen“. Besonders wegen der Grundschulen im ländlichen Raum. Auch hier können aus Gründen der Ressourceneinsparung Schüler an andere Schulen geschickt werden. Allerdings müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Daniel Born konstatiert: „Mit der geplanten Neureglung kann die Schulverwaltung hier ohne Probleme kräftig einsparen.“ Grüne und CDU werden das, so Born „mit Unschuldsmiene abstreiten. Aber im Gesetz steht es dann Schwarz auf Weiß.“ Eine Sprecherin von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) beschwichtigt. Wenn bei Grundschulen in Einzelfällen gelenkt werde, dann nicht in kleinen abgelegenen Schulen sondern eventuell, wenn es in einer Kommune mehrere Schulstandorte gebe. Aber immer im Gespräch mit den Eltern.

Brigitte Lösch (Grüne) erklärt, mit den neuen Regelungen werde eine Balance zwischen effizientem Ressourceneinsatz und einem guten Bildungsangebot in der Fläche geschaffen. „Die Schulwahlfreiheit bleibt oberste Prämisse“. Damit sind die Grünen ganz auf der Linie der Kultusministerin. Eisenmann betont Schülerlenkung sollte stets die Ausnahme sein. Aber sie lasse sich „nicht ganz vermeiden, da die Schulverwaltung sich um einen Ausgleich der Schulen und Klassen kümmern muss und auch die Ressourcen im Blick haben muss.“